Pfarrer Göttles Worte zu den Lesungen und zum Evangelium des 18. Sonntags im Jahreskreis:
Der Prophet Jesaja (wirkte 740-701 v. Chr. im Südreich Juda) hat nach heutigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand wohl nur Kapitel 1-39 geschrieben, der zweite Teil (Jes 40-55 = Deuterojesaja) ist während und nach dem Babylonischen Exil (597-539 v. Chr.) hinzugefügt worden, und es gibt sogar einen dritten Teil (Kapitel 55-66 = Tritojesaja).
So erklärt sich auch, was wir heute von „Jesaja“ hören: Mit dem Brot, „was euch nicht nährt“ (Jes 55, 2a), ist wohl das Essen gemeint, dass die Israeliten während ihrer 60jährigen Gefangenschaft in Babylon bekommen haben: Zu Essen und Trinken hatten sie da genug, aber sie waren weit weg von dem, was ihnen wirkliche Stärkung für ihr Leben gibt: Gott. Der ist immer da, und der „kostet“ nichts (vgl. Jes 55, 1b) – aber wie empfängt man ihn? Indem man auf ihn „hört“ (Jes 55, 2b). Wenn wir auf Gott „hören“ (durch unser Herz, unser Gewissen, durch die Botschaft Jesu und die Menschen guten Willens), dann werden wir gesättigt mit dem, was wir wirklich zum Leben brauchen!
Es ist wichtig, dabei auch wahrzunehmen, wie sehr der Gott-Glaube der Israeliten in ihrer Vorstellung v.a. an einen Ort (seit dem es einen Tempel gibt: in Jerusalem) gebunden ist! Erst Jesus grenzt sich eindeutig und vehement gegen diese Vorstellung ab, dass Gott an bestimmten „heiligen“ Orten (besser) zu finden sei (vgl. Joh 2, 19: „Reißt diesen Tempel nieder, und in drei Tagen werde ich wieder aufrichten“).
Lesung aus dem ersten Buch Jesaja:
So spricht der Herr:
„Auf, ihr Durstigen, kommt alle zum Wasser! Auch wer kein Geld hat, soll kommen. Kauft Getreide und esst, kommt und kauft ohne Geld, kauft Wein und Milch ohne Bezahlung!
Warum bezahlt ihr mit Geld, was euch nicht nährt, und mit dem Lohn eurer Mühen, was euch nicht satt macht?
Hört auf mich, dann bekommt ihr das Beste zu essen und könnt euch laben an fetten Speisen.
Neigt euer Ohr mir zu und kommt zu mir, hört, dann werdet ihr leben.
Ich will einen ewigen Bund mit euch schließen gemäß der beständigen Huld, die ich David erwies.“
Der folgende Abschnitt aus dem Römerbrief ist so wunderbar und ein so umfassender, heilsamer und einzigartiger Zuspruch, der braucht keine Erklärung:
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer:
Liebe Schwestern und Brüder!
„Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? All das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat.
Denn ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“
Die „wundersame Brotvermehrung“ ist eines der wenigen „Wunder“ Jesu, die in allen vier Evangelien berichtet wird. Aber war es (nur) ein Wunder?
Gerade in der Bibel, v.a. im (Verständnis des) Alten Testament, haben Zahlen eine wichtige Bedeutung und Symbolik. Auch unser heutiges Leben ist selbstverständlich durch Zahlen, aber auch durch deren Be-Deutung geprägt, und das schlägt sich z.B. auch in Redewendungen nieder: „Gegensätze ziehen sich an“ (2), „aller guten Dinge sind 3“, „jemand kann nicht bis 3 zählen“, „jetzt schlägt’s 12“, usw.
Ich habe mal die Symbolik für ein paar wichtige Zahlen zusammengestellt:
Licht und Dunkelheit, schwarz und weiß, Theorie und Praxis, …
Wenn man diese Zahlen-Symbolik also ernst nimmt, dann bedeutet das folgende „Wunder“ der Brotvermehrung:
Es gibt 5 Brote und 2 Fische, danach sind 12 Körbe voll übrig, es sind > 5000 Menschen.
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus:
In jener Zeit,
„als Jesus hörte, dass Johannes enthauptet worden war, fuhr er mit dem Boot in eine einsame Gegend, um allein zu sein. Aber die Leute in den Städten hörten davon und gingen ihm zu Fuß nach.
Als er ausstieg und die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen und heilte die Kranken, die bei ihnen waren. Als es Abend wurde, kamen die Jünger zu ihm und sagten: Der Ort ist abgelegen und es ist schon spät geworden. Schick doch die Menschen weg, damit sie in die Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen können. Jesus antwortete: Sie brauchen nicht wegzugehen. Gebt ihr ihnen zu essen!
Sie sagten zu ihm: Wir haben nur fünf Brote und zwei Fische bei uns.
Darauf antwortete er: Bringt sie her! Dann ordnete er an, die Leute sollten sich ins Gras setzen. Und er nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie den Jüngern; die Jünger aber gaben sie den Leuten, und alle aßen und wurden satt. Als die Jünger die übrig gebliebenen Brotstücke einsammelten, wurden zwölf Körbe voll.
Es waren etwa fünftausend Männer, die an dem Mahl teilnahmen, dazu noch Frauen und Kinder.“