Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 2. Sonntag der Osterzeit

Datum:
So. 11. Apr. 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum 2. Sonntag der Osterzeit

Liebe Schwestern und Brüder,

Sie wissen, warum dieser Sonntag „Weißer Sonntag“ heißt? In der Frühen Kirche wurde bevorzugt in der Osternacht getauft (wir haben ab dem 3. Jh. historische Zeugnisse über die damalige Taufpraxis). Die Täuflinge (damals nur Erwachsene! Das Christentum ist eine Bekenntnis-Religion, deswegen beten / singen wir jeden Sonntag das Credo: Man kann nicht als Christ geboren werden, sondern muss sich dazu bekennen und wird durch die Taufe in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen) hatten sich drei Jahre darauf vorbereitet. Zur Taufe entkleideten sie sich, stiegen in den Taufbrunnen (zunächst keine Taufbecken) hinab, in dem schon der Bischof / Presbyter im Wasser stand, wurden dreimal untergetaucht (oder übergossen) im Namen des dreifaltigen Gottes, und stiegen dann – wenn möglich – auf der anderen Seite aus dem Taufbad wieder hinauf. Sofort bekamen sie weiße Gewänder an als Zeichen ihrer unverlierbaren göttlichen Würde und Reinheit, welche sie eine Woche lang anbehielten. Am Sonntag nach Ostern zogen sie sie wieder aus, deshalb „Weißer Sonntag“.

Außerdem hat Papst Johannes Paul II. (1978-2005) zum und seit dem Heiligen Jahr 2000 den zweiten Sonntag der Osterzeit zum „Sonntag der Barmherzigkeit“ ausgerufen, d.h. zum Gebetstag um die göttliche Barmherzigkeit und Hilfe besonders für den Frieden. Im Jahre 2000 wurde auch die polnischen Ordensschwester Maria Faustyna Kowalska (1905-1938) heiliggesprochen, die in ihren Visionen gesehen habe, dass sich die Menschheit durch Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Hass immer mehr verstricke und nur (das Gebet an) die barmherzige Liebe Gottes Rettung und Heilung bringen können.

Zur 1. Lesung (Apg 4, 32-35)

Die Apostelgeschichte wird vom Evangelisten Lukas um das Jahr 90 n. Chr. verfasst, d.h. seit dem Tod und der Auferstehung Jesu im Jahre 30 sind 60 Jahre vergangen. Das erste Kapitel berichtet – relativ kurz – von dem Sendungsauftrag des Auferstandenen an die Apostel sowie die Wahl des Matthias zum zwölften Apostel als Ersatz für Judas Iskariot. Das zweite Kapitel beginnt mit der Geistsendung an Pfingsten und beschreibt den Beginn der ersten christlichen Gemeinde (= „Urgemeinde“) in Jerusalem anhand bestimmter Besonderheiten, von denen wir in der ersten Lesung heute hören: Die Gemeinde „war ein Herz und eine Seele“ und „sie hatten alles gemeinsam“ (Vers 32)! Diese urchristlicheGütergemeinschaft“ wird mit denselben Worten auch in Apg 2, 44 beschrieben, also das konkrete Teilen der materiellen Güter zum Wohle aller (vgl. „Die wundersame Brotvermehrung“ bzw. „Die Speisung der 5000“, Mk 6, 35-44)!

Lesung aus der Apostelgeschichte:

„Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam. Mit großer Kraft legten die Apostel Zeugnis ab von der Auferstehung Jesu, des Herrn, und reiche Gnade ruhte auf ihnen allen. Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt. Denn alle, die Grundstücke oder Häuser besaßen, verkauften ihren Besitz, brachten den Erlös und legten ihn den Aposteln zu Füßen. Jedem wurde davon so viel zugeteilt, wie er nötig hatte.“

Zweite Lesung aus dem 1. Johannesbrief (1 Joh 5, 1-6):

Liebe Schwestern und Brüder,

„jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus ist, stammt von Gott und jeder, der den Vater liebt, liebt auch den, der von ihm stammt. Wir erkennen, dass wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote erfüllen. Denn die Liebe zu Gott besteht darin, dass wir seine Gebote halten. Seine Gebote sind nicht schwer. Denn alles, was von Gott stammt, besiegt die Welt. Und das ist der Sieg, der die Welt besiegt hat: unser Glaube. Wer sonst besiegt die Welt, außer dem, der glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist? Dieser ist es, der durch Wasser und Blut gekommen ist: Jesus Christus. Er ist nicht nur im Wasser gekommen, sondern im Wasser und im Blut. Und der Geist ist es, der Zeugnis ablegt; denn der Geist ist die Wahrheit.“

Zum Evangelium (Joh 20, 19-31)

Der Abschnitt aus dem Johannes-Evangelium beschreibt die Erfahrungen der Apostel mit dem Auferstandenen am Abend des Ostertages, d.h. den ganzen Tag über haben unterschiedliche Jüngerinnen und Jünger von ihren Begegnungen mit Jesus Christus erzählt. Trotzdem sind die meisten Jünger immer noch voller Furcht – hier passt der Ausdruck tatsächlich besser als Angst, denn Furcht bezieht sich auf eine konkrete Gefahr, wogegen Angst eigentlich ein eher unbestimmtes Gefühl der Bedrohung ausdrückt. Und die Furcht der Jünger war berechtigt, fürchteten sie doch, nach der Hinrichtung Jesu jetzt auch (zu Tode) verfolgt zu werden. In diese Stimmung und Situation hinein geschieht – Ostern! In die Furcht / Angst, in die Orientierungslosigkeit, Haltlosigkeit und scheinbare Ausweglosigkeit bricht Gott – durch Jesus Christus – ein! Und er tut es mit dem, was die Jünger jetzt am meisten brauchen: Erlebte Gemeinschaft und den Zuspruch von Heil = „Friede sei mit euch!“ Genauso was dem Kind, das sich verletzt hat und weint, am meisten hilft: Auf den Arm genommen und getröstet zu werden mit dem „Es wird alles wieder gut!“ – und durch diese Gemeinschaft und diesen Zuspruch stimmt es!!

Dieser Zuspruch ist das Fazit des Lebens und der Botschaft Jesu!! Dafür hat er gelebt, das er gezeigt und das wollte er erreichen: Dass die Menschen in ihrem Herzen heil werden und eben keine / weniger Angst haben, dass Zuversicht, Kraft und Gemeinschaft stärker sind als Zweifel, Bedrohung und Resignation – und das kann jeder erreichen und erleben, in dem er jeden Anderen als Gottes geliebtes Kind sieht und sein Leben auf gemeinsames Teilen und Helfen ausrichtet – dann lernt er die „Sprache Gottes“, die Liebe, mit der er die Welt verändern kann und soll. Das ist der Heilige Geist, den Jesus seinen Jüngern zuspricht, nachdem (!) sie seinen Friedens-Zuspruch vernommen haben: Wenn wir uns für das Gute öffnen, d.h. darauf wirklich vertrauen und es dadurch an-nehmen, dann wird es uns zuteil, dann wird es Teil unseres Lebens – und kann wirken!

Drei Mal wird Jesus in diesem Abschnitt seine Heilszusage: „Friede sei mit euch!“ zusprechen und durch seine Gemeinschaft zeigen – das Gegenteil zu dem, was Petrus drei Tage zuvor getan hat (vgl. Mk 14, 30). Auch da können wir an das Gleichnis vom Barmherzigen Vater denken (vgl. Lk 15, 11-32): Egal, was wir Menschen tun, wir können aus der göttliche Liebe nicht herausfallen, und sie wird in uns fruchtbar und heilsam, wenn wir uns ihr zuwenden! So geschieht es auch am Oster-Abend. – Thomas ist allerdings zunächst nicht dabei und braucht konkrete Beweise für seinen Glauben. Ich wünsche uns, dass wir immer wieder (!) konkret überlegen / zurückschauen, was tatsächlich positive Einstellungen, Güte, Barmherzigkeit und Vergebung bewirkt haben, wenn wir uns davon leiten ließen. Und wenn wir erlebt haben, wie sehr sich dadurch Welt zum Guten verändern kann – sollten wir dann nicht mehr darauf vertrauen? Dann „haben wir durch den Glauben das Leben in Jesu Namen“ (vgl. Joh 20, 31b) und dann wird der Name Jesu (aramäischGott ist die Rettung / der Herr hilft“) Lebenszuversicht und –programm!

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes:

„Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.

Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.

Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Noch viele andere Zeichen, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind, hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.“