Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 20. Sonntag im Jahreskreis 2021

Datum:
So. 15. Aug. 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum 20. Sonntag im Jahreskreis 2021

Lesung aus der Offenbarung (Offb 11, 19a; 12, 1-6a.10ab)

Der Tempel Gottes im Himmel wurde geöffnet und in seinem Tempel wurde die Lade seines Bundes sichtbar. Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt. Sie war schwanger und schrie vor Schmerz in ihren Geburtswehen. Ein anderes Zeichen erschien am Himmel: ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen auf seinen Köpfen. Sein Schwanz fegte ein Drittel der Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde herab. Der Drache stand vor der Frau, die gebären sollte; er wollte ihr Kind verschlingen, sobald es geboren war. Und sie gebar ein Kind, einen Sohn, der über alle Völker mit eisernem Zepter herrschen wird. Und ihr Kind wurde zu Gott und zu seinem Thron entrückt. Die Frau aber floh in die Wüste, wo Gott ihr einen Zufluchtsort geschaffen hatte. Da hörte ich eine laute Stimme im Himmel rufen: Jetzt ist er da, der rettende Sieg, die Macht und die Herrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten.

Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther (1 Kor 15, 20-27a)

Liebe Brüder und Schwestern!

„Christus ist von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen. Da nämlich durch einen Menschen der Tod gekommen ist, kommt durch einen Menschen auch die Auferstehung der Toten. Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden. Es gibt aber eine bestimmte Reihenfolge: Erster ist Christus; dann folgen, wenn Christus kommt, alle, die zu ihm gehören. Danach kommt das Ende, wenn er jede Macht, Gewalt und Kraft vernichtet hat und seine Herrschaft Gott, dem Vater, übergibt. Denn er muss herrschen, bis Gott ihm alle Feinde unter die Füße gelegt hat. Der letzte Feind, der entmachtet wird, ist der Tod. Sonst hätte er ihm nicht alles zu Füßen gelegt.“

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas (Lk 1, 39-56)

In jenen Tagen „machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet. Als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? In dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ. Da sagte Maria: Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. Denn der Mächtige hat Großes an mir getan und sein Name ist heilig. Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten. Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen. Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen, das er unsern Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig. Und Maria blieb etwa drei Monate bei ihr; dann kehrte sie nach Hause zurück.“

Liebe Schwestern und Brüder, was wir gerade gehört haben, ist das sogenannte Magnificat, das die Kirche in jeder Vesper singt, es ist der Höhepunkt ihres abendlichen Gotteslobes. Nach den Mühen, Sorgen und Kämpfen des Tages stimmt sie dieses Lied an, weil es erfüllt ist von Leidenschaft und Hoffnung für unsere Welt. „Vorgesungen“ hat uns dieses Lied Maria, eine ganz einfache Frau, noch ein Mädchen, als sie den Ruf Gottes in sich spürt und zutiefst das sagt, was ihr Leben und das der Welt so sehr verändern wird: Sie sagt Ja! Ja zum dem, wovon ihr Herz erfüllt ist, auch wenn sie es rational nicht versteht, sie sagt Ja zu ihrer Berufung und damit zu dem, was Gott wohl mit ihr vorhat, egal, was es ist! Deshalb sagt Elisabeth über sie: „Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ“ (Vers 45). Denn das macht den Glauben Mariens aus: Sie stellt sich ganz zur Verfügung, ohne Wenn und Aber, damit die Kraft Gottes in ihr und durch sie wirken kann. Phänomenal ist dabei nicht nur, dass Maria so gelebt hat, sondern auch, dass wir an einen solchen Gott glauben, an einen, der sich nicht nur den Menschen zuwendet, sich offenbart, sondern durch uns Heil wirken will. Gilt das für jeden Menschen? Das muss es! Ist auch jeder Mensch dafür empfänglich? Kaum! Nach der „Botschaft“ Mariens sind es v.a. die Niedrigen (wie sie selbst), die „Einfachen“, die, die Gott fürchten, d.h. ehren (!), und die Hungernden (nach Gott?!), die „Leisen“, wie meine Schwester sagen würde, die ständig auf der Suche sind nach den guten Impulsen und Gedanken und Perspektiven, um danach zu handeln. Die Hochmütigen, die Reichen und Mächtigen sind natürlich ebenso Gottes geliebte Kinder, und sein Ruf, seine Liebe anderen Menschen erfahrbar zu machen, gilt für alle, aber sie sind besonders in Gefahr, dass sie selbst bestimmen wollen, wie das Leben (v.a. der anderen) zu laufen hat, die von sich aus festlegen, was richtig und was falsch ist. Genau das vermittelt uns die Sündenfallerzählung der Schöpfungsgeschichte (vgl. Gen 3), und wir brauchen nur die Zeitung aufzuschlagen oder Nachrichten zu schauen und es wird uns gezeigt, dass das stimmt: Sobald der Mensch das Leben antastet oder selber festlegt, was Gut und Böse ist, geht´s schief: Krieg, Mord, Todesstrafe, Ausbeutung, Umweltkatastrophen, Missbrauch – die Liste ist endlos. – In Maria wird uns ein Mensch vor Augen gestellt, der immer nur auf Gott gehört und vertraut hat – wie dann auch Jesus! Was heißt das konkret? Wie hat sie ihn gefunden? Sie hat ihn vor allem in ihrem Herzen gespürt, in ihrem Gewissen, und in allem erkannt, was „gut“ ist und daher zu Leben, Entfaltung und Frieden führt! Und sie hat diesen „Lebens“-Zugang ihr Leben lang kultiviert / gepflegt. Das passiert nämlich nicht einfach so, nach dem Motto: Man hat es oder nicht – eben nicht! Auch wenn „Glauben“ immer schon göttliche Gnade und Geschenk ist, unsere (eigentliche!) Aufgabe ist doch, immer mehr ein Gespür für das Gute zu bekommen, immer wieder gegen egoistische Impulse und all das, was nicht zu Gemeinschaft, Verständigung und Würdigung führt, zu überwinden! Was uns dabei am meisten helfen kann, sind entsprechende religiöse Erfahrungen in der Bibel, speziell die Botschaft Jesu, es ist die Suche nach den Impulsen des Heiligen Geistes in unserem Herzen“ (= wonach wir uns wirklich sehnen, was uns in Liebe berührt und dadurch wirklich glücklich macht!) und in unserem Gewissen, es ist das Bewusstsein über all das, was wir erleben (auch durch die Medien), wie Leben gut und wie Leben eben nicht gut geht, und es ist besonders auch der Austausch mit Menschen, denen wir vertrauen und die uns kennen, mit denen wir unser Leben besprechen – und dabei eben nicht über andere reden, sondern über uns (wie Maria das mit Elisabeth getan hat!)! Damit pflegen wir den Kontakt zu einem Gott, der v.a. durch uns andere Menschen erreichen / heilen will, damit diese dann ebenso ihre eigentliche Berufung erkennen: Für das Gute zu kämpfen, damit alle Menschen „das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10, 10b) – was dann der Auftrag Jesu ist! Durch das Ja eines Menschen wurde das möglich und uns gezeigt, dass und wie das geht!