Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 26. Sonntag im Jahreskreis 2021

Datum:
Sa. 25. Sept. 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum 26. Sonntag im Jahreskreis 2021

Zur 1. Lesung (Num 11, 25-29)

Das Buch Númeri ist das vierte der „Fünf Bücher Mose“ und erzählt die Erfahrungen und Überzeugungen des Volkes Israel vom Auszug aus Ägypten bis zur Siedlung in Kanaan. Wie immer ist die erste Lesung als alttestamentliche Parallele bzw. „Vorlage“ zum Evangelium ausgesucht. Der heutige Abschnitt aus Númeri fokussiert auf eine religiöse Überzeugung, die endgültig bei der Geistsendung an Pfingsten eine Grundlage des christlichen Menschenbildes wird: Jeder Mensch ist nicht nur von Gott (gleich) geliebt, sondern auch (gleich) befähigt, durch Gottes Geist inspiriert zu werden und so in unmittelbaren Kontakt zu Gott zu treten (vgl. u.a. Mk 1, 8; Joh 3, 8; 4, 24; Apg 2, 4; Röm 2, 29; 5, 5b; 1 Kor 6, 19).

Wir hören gleich vom sogenannten „Offenbarungszelt“ (der „Mischkan“, auch „Stiftshütte“), das ist ein transportables (Zelt)Heiligtum, das die Israeliten gemäß Ex 25, 8 – 27, 21 anfertigten und es während der Wüstenwanderung außerhalb ihrer Lagerstätten aufstellten (vgl. Ex 33, 7), als Garant der Anwesenheit und des Schutzes Jahwes und als Ort der Gottesbegegnung (vgl. u.a. Num 12, 4-9): Mose und die siebzig Ältesten werden durch ihren Kontakt zum Offenbarungszeit vom Geist Gottes in „prophetische Verzückung“ (Vers 25) versetzt, aber auch zwei Männer, die nicht in der Nähe des Zeltes sind, werden ebenso inspiriert!

Das verdeutlicht, was Jesus im heutigen Evangelium verkündet: Der Hl. Geist ist nicht bestimmten Menschen oder Gruppen oder Gläubigen vorbehalten, sondern möchte jeden Menschen ergreifen. Der „Beweis“ für das Wirken des Geistes Gottes sind die dementsprechenden Taten der Menschen: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Mt 7, 16a)! Je mehr wir einüben, auf die Botschaft Jesu zu hören, sein Leben zum Vorbild zu nehmen und damit uns immer wieder einzustimmen auf die „Frequenz“ des Hl. Geistes, desto mehr werden wir die unzähligen Momente und Begegnungen unseres Alltags in diesem „Licht“ deuten und verändern. Dann werden / sind v.a. Achtung, Barmherzigkeit, Dankbarkeit, Hilfe, Respekt, Versöhnung, Wertschätzung und alles, was zu Frieden und Freiheit führt, das Ziel und die Erfüllung unseres Lebens!

Lesung aus dem Buch Númeri:

In jenen Tagen „kam der Herr in der Wolke herab und redete mit Mose. Er nahm etwas von dem Geist, der auf ihm ruhte, und legte ihn auf die siebzig Ältesten. Sobald der Geist auf ihnen ruhte, gerieten sie in prophetische Verzückung, die kein Ende nahm. Zwei Männer aber waren im Lager geblieben; der eine hieß Eldad, der andere Medad. Auch über sie war der Geist gekommen. Sie standen in der Liste, waren aber nicht zum Offenbarungszelt hinausgegangen. Sie gerieten im Lager in prophetische Verzückung. Ein junger Mann lief zu Mose und berichtete ihm: Eldad und Medad sind im Lager in prophetische Verzückung geraten. Da ergriff Josua, der Sohn Nuns, der von Jugend an der Diener des Mose gewesen war, das Wort und sagte: Mose, mein Herr, hindere sie daran! Doch Mose sagte zu ihm: Willst du dich für mich ereifern? Wenn nur das ganze Volk des Herrn zu Propheten würde, wenn nur der Herr seinen Geist auf sie alle legte!“

Zur 2. Lesung (Jak 5, 1-6)

Bitte Vorsicht bei dem, was wir gleich hören: Wenn wir uns allzu schnell von „den Reichen“ distanzieren, verfehlen wir, dass (auch) jeder von uns damit gemeint ist (vgl. auch Lk 18, 9-14!). „Reichtum“ ist relativ und meint eben nicht nur materiellen Überfluss! Welchen „Reichtum“ haben wir denn noch? Was könnten wir denn nicht alles mit anderen teilen, die davon weniger haben?! – Jemand hat einmal gesagt, wir können in den Himmel nur das mitnehmen, was wir auf Erden verschenkt haben – was heißt das für mich konkret?

Lesung aus dem Jakobusbrief:

„Ihr Reichen, weint nur und klagt über das Elend, das euch treffen wird. Euer Reichtum verfault und eure Kleider werden von Motten zerfressen. Euer Gold und Silber verrostet; ihr Rost wird als Zeuge gegen euch auftreten und euer Fleisch verzehren wie Feuer. Noch in den letzten Tagen sammelt ihr Schätze. Aber der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abgemäht haben, der Lohn, den ihr ihnen vorenthalten habt, schreit zum Himmel; die Klagerufe derer, die eure Ernte eingebracht haben, dringen zu den Ohren des Herrn der himmlischen Heere. Ihr habt auf Erden ein üppiges und ausschweifendes Leben geführt und noch am Schlachttag habt ihr euer Herz gemästet. Ihr habt den Gerechten verurteilt und umgebracht, er aber leistete euch keinen Widerstand.“

Zum Evangelium (Mk 9, 38-43.45.47-48)

Es sind zwei unterschiedliche Botschaften, die wir heute hören: Auf Bischof Cyprian von Karthago (200/210 – 258 n. Chr.) geht ein Grundsatz zurück, den unsere Kirche [leider, Anm. d. Verf.] in ihre dogmatische Überzeugungen (auf dem Konzil von Florenz, 1441) aufgenommen hat: „Außerhalb der Kirche kein Heil“. Der erste Abschnitt aus dem heutigen Evangelium ist meines Erachtens ein Widerspruch dazu, es sei denn, man fast „Kirche“ so weit, dass damit nicht nur alle Christen, sondern alle Menschen gemeint sind, die „guten Willens“ sind (vgl. Lk 2, 14). Das II. Vatikanische Konzil äußert sich (dementsprechend) in seiner Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen „Nostra Aetate“ u.a. so: „Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene Vorschriften und Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selber für wahr hält und lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet. Unablässig aber verkündet sie und muss sie verkündigen Christus, der ist „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6), in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat“ (NA, 2).

Im zweiten Abschnitt geht es natürlich nicht um Verstümmelungen, sondern um Entschiedenheit, das Reich Gottes zu leben, d.h. seine Liebe durch uns Menschen erfahrbar zu machen! Wie steht es um meine Entschiedenheit?

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus:

In jener Zeit „sagte Johannes, einer der Zwölf, zu Jesus: Meister, wir haben gesehen, wie jemand in deinem Namen Dämonen austrieb; und wir versuchten, ihn daran zu hindern, weil er uns nicht nachfolgt. Jesus erwiderte: Hindert ihn nicht! Keiner, der in meinem Namen Wunder tut, kann so leicht schlecht von mir reden. Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört – amen, ich sage euch: er wird nicht um seinen Lohn kommen.

Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde. Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Händen in die Hölle zu kommen, in das nie erlöschende Feuer. Und wenn dich dein Fuß zum Bösen verführt, dann hau ihn ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden. Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus; es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes zu kommen, als mit zwei Augen in die Hölle geworfen zu werden, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.“