Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 4. Sonntag im Jahreskreis 2021

Datum:
So. 31. Jan. 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zu den Lesungen und zum Evangelium des 4. Sonntags im Jahreskreis 2021:

Zur 1. Lesung (Dtn 18, 15-20)

Mose ist ja der Prophet des Alten Testaments. Propheten – und sie gibt es (hoffentlich) auch heute noch – sind Menschen, die in besonderem Maße von einer Mission erfüllt sind, die sich aber nicht nur auf sie selbst bezieht, sondern eben auch auf ihre Gesellschaft. Sie sind somit Mahner / Rufer, die meistens auf Missstände hinweisen, die – wenn ihre Mission einen religiösen Ursprung hat – „vor Gott“ falsch und daher zu beheben sind. Biblische Propheten fühlten sich natürlich explizit von Gott für ihre Mission berufen, das macht ihre (Überzeugungs-)Kraft und „Wahrheit“ aus.

In folgendem Abschnitt aus dem Buch Deuteronomium hören wir mahnende Worte, die sich auf die Propheten selbst beziehen: Sie müssen in besonderem Maße Sorge tragen und stetig überprüfen, ob sie tatsächlich „Gottes Wort und Willen“ verkünden oder doch ihre eigene Überzeugung.

Wie kann man da grundsätzlich „sicherer“ sein, ob es sich um Gottes oder menschlichen Geist handelt? Auch wenn das schon mal erwähnt wurde, es kann nicht oft genug beachtet werden: Der Hl. Geist Gottes verstößt nie gegen die Liebe, schenkt Ruhe / Kraft / Sicherheit, lässt reifen und wachsen, gibt Anstöße zum Tätig-Werden, macht sensibel für Unrecht, führt zu Vergebung / Versöhnung / Gemeinschaft (letztlich mit allen Menschen!), führt zum Wesentlichen hin, und muss – für Christenzu Jesus Christus führen!

Lesung aus dem Buch Deuteronomium:

Mose sprach zum Volk: „Einen Propheten wie mich wird dir der Herr, dein Gott, aus deiner Mitte, unter deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören. Der Herr wird ihn als Erfüllung von allem erstehen lassen, worum du am Horeb, am Tag der Versammlung, den Herrn, deinen Gott, gebeten hast, als du sagtest: Ich kann die donnernde Stimme des Herrn, meines Gottes, nicht noch einmal hören und dieses große Feuer nicht noch einmal sehen, ohne dass ich sterbe. Damals sagte der Herr zu mir: Was sie von dir verlangen, ist recht. Einen Propheten wie dich will ich ihnen mitten unter ihren Brüdern erstehen lassen. Ich will ihm meine Worte in den Mund legen und er wird ihnen alles sagen, was ich ihm auftrage. Einen Mann aber, der nicht auf meine Worte hört, die der Prophet in meinem Namen verkünden wird, ziehe ich selbst zur Rechenschaft. Doch ein Prophet, der sich anmaßt, in meinem Namen ein Wort zu verkünden, dessen Verkündigung ich ihm nicht aufgetragen habe, oder der im Namen anderer Götter spricht, ein solcher Prophet soll sterben.“

Zur 2. Lesung (1 Kor 7, 32-35)

Nach wie vor müssen wir beim ersten Korintherbrief die Parusieerwartung Pauli / der jungen Kirche miteinbeziehen, wie letzte Woche schon dargelegt. Das ist meines Erachtens wesentlich, um die(se) folgenden Aussagen Pauli nicht fälschlicherweise zu verallgemeinern.

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Korinther:

Liebe Schwestern und Brüder,

„Ich wünschte aber, ihr wäret ohne Sorgen. Der Unverheiratete sorgt sich um die Sache des Herrn; er will dem Herrn gefallen. Der Verheiratete sorgt sich um die Dinge der Welt; er will seiner Frau gefallen. So ist er geteilt. Die unverheiratete Frau aber und die Jungfrau sorgen sich um die Sache des Herrn, um heilig zu sein an Leib und Geist. Die Verheiratete sorgt sich um die Dinge der Welt; sie will ihrem Mann gefallen. Das sage ich zu eurem Nutzen: nicht um euch eine Fessel anzulegen, vielmehr, damit ihr in rechter Weise und ungestört immer dem Herrn dienen könnt.“

Zum Evangelium (Mk 1, 21-28):

Auch darüber haben wir schon gesprochen, doch ist es immer wieder wichtig, sich die Tragweite und Konsequenzen zu vergegenwärtigen, die der folgende Abschnitt aus dem Anfang des Markus-Evangeliums und somit wahrscheinlich auch von den Anfängen des öffentlichen Wirkens Jesu für ihn gehabt haben: Heilungen am Sabbat waren als „Werk“ grundsätzlich verboten, auch wenn sie nur durch Worte erfolgten! Am Sabbat war es (als „Arbeit“) lediglich gestattet, sich oder andere aus Lebensgefahr zu retten, das schließt auch die Rettung von Tieren und den Kampf gegen Feinde mit ein (vgl. 1 Makk 2, 41). D.h. eine Heilung wäre nach dem Gesetz nur erlaubt, wenn die Person in Todesgefahr wäre. Da dies auch in der folgenden Perikope nicht der Fall ist, zog das die Empörung und radikale Ablehnung Jesu von Seiten der „Gesetzestreuen“, v.a. der Pharisäer, nach sich, und wird dadurch zu einem der vier Hauptanklagepunkte gegen Jesus, die dann zu seinem Prozess und seiner Verurteilung führen:

  • Gesetzesbrecher“ = Heilungen am Sabbat, Kontakt zu Sündern,

Jesus: „Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat!“ (Mk 2, 27).

  • Gotteslästerer“ = Jesus vergibt Sünden (z.B. Mk 2, 5).

Jesus spricht über sich (immer nur in 3. Person!) als „Menschensohn“, z.B. „So ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat“ (Mk 2, 28). Damit begründet er seine Vollmacht, Gebote der Thora nach seiner Überzeugung und göttlichen Weisung auszulegen.

  • Jesus stellt den Tempel(kult) in Frage, z.B. nach der Tempelreinigung: „Reißt diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten“ (Joh 2, 19).
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  • Jesus stellt die besondere Erwählung des Volkes Israels in Frage, z.B. „die Letzten werden die Ersten sein“ (vgl. Lk 13, 30), Gleichnis vom Hochzeitsmahl (vgl. Lk 14, 15-24).

Weil alle diese Vorwürfe für eine römische Verurteilung nicht relevant sind, wird Jesus von den jüdischen Führern bei der römischen Besatzung letztlich als „König der Juden“ denunziert, um ihn durch die damit belegte Todesstrafe zu beseitigen: „Und eine Aufschrift gab seine Schuld an: Der König der Juden“ (Mk 15, 26, vgl. auch Mt 27, 11 und Joh 18, 33).

 

Ein kleiner Überblick über die jüdischen Bibel- und Gesetzestexte:

  • Tanach = die hebräische Bibel, sie besteht aus drei Teilen:
  • Erster und wichtigster Teil: Die Thora = die fünf Bücher Mose.
  • Zweiter Teil: Propheten.
  • Dritter Teil: Schriften.
  • Das Christentum hat alle drei Teile in seine Bibel übernommen = das „Alte Testament“.
  • Der Talmud ist das Buch, das die biblischen Gesetze auslegt und die entsprechenden Erörterungen und Interpretationen der Schriftgelehrten verbindlich dokumentiert, wenn man so will: dogmatisiert. Er besteht aus zwei Teilen:
  • Die Mischna = Sammlung jüdischer Vorschriften und Gesetze.
  • Die Gemara = Disputationen über diese Gesetze (wenn sie aus der Zeit des Babylonischen Exils stammen (597-539 v. Chr.) = Babylonischer Talmud, im Unterschied zum kleineren Jerusalemer oder Palästinischen Talmud.

Grundlegend für die Sabbatruhe ist die Vorschrift in Ex 20, 8-10. Der Babylonische Talmud listet 39 Aktivitäten auf, die am Sabbat verboten sind. Ein „Werk“ oder eine „Arbeit“ im Sinne eines Sabbat-Gebotsbruchs besteht grundsätzlich dann, wenn durch sie eine neue Situation geschaffen wird, die vorher noch nicht bestand!

Das wird Jesus – wie oben schon angegeben – durch sein „Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat“ (Mk 2, 27) annullieren!

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus:

„In Kafarnaum ging Jesus am Sabbat in die Synagoge und lehrte. Und die Menschen waren sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der (göttliche) Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten. In ihrer Synagoge saß ein Mann, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien: Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazareth? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes. Da befahl ihm Jesus: Schweig und verlass ihn! Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. Da erschraken alle und einer fragte den andern: Was hat das zu bedeuten? Hier wird mit Vollmacht eine ganz neue Lehre verkündet. Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl. Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.“

  • Wie bedacht sind wir auf die Wirkung unserer Worte?
  • (Wie) Überprüfen wir, ob wir verletzt haben?