Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 8. Sonntag im Jahreskreis 2022

Datum:
So. 27. Feb. 2022
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum 8. Sonntag im Jahreskreis

Zur 1. Lesung (Sir 27, 4-7)

Aus dem Buch Jesus Sirach, eines der Spätschriften des Alten Testaments (etwa 180 v. Chr. geschrieben), ist ein Abschnitt – wie immer passend zum Evangelium – ausgewählt, den man m. E. auch falsch verstehen / leben kann: Nach der Botschaft Jesu dürfen wir andere Menschen nicht beurteilen oder gar über sie richten, das haben wir im Evangelium vom letzten Sonntag gehört: „Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden. …, denn nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird auch euch zugeteilt werden“ (Lk 6, 37ab.38c). Der folgende Text hört sich zunächst anders an, und doch entspricht er eigentlich dem, was wir gleich aus dem Lukas-Evangelium hören: An dem Handeln der Menschen erkennt man, wer sie in Wahrheit sind – deswegen ist es ja auch so kostbar, dass Jesus in Garten Getsemani nicht „abhaut“ und sich in der judäischen Wüste, die damals direkt hinter dem Ölberg begann, versteckt, sondern seinem Auftrag, seiner Botschaft und damit seinem Leben bis zuletzt treu bleibt!

Lesung aus dem Buch ersten Buch Jesus Sirach:

„Im Sieb bleibt, wenn man es schüttelt, der Abfall zurück; so entdeckt man die Fehler eines Menschen, wenn man über ihn nachdenkt. Töpferware wird nach der Brennhitze des Ofens eingeschätzt, ebenso der Mensch nach dem Urteil, das man über ihn fällt. Der Art des Baumes entspricht seine Frucht; so wird ein jeder nach seiner Gesinnung beurteilt. Lobe keinen Menschen, ehe du ihn beurteilt hast; denn das ist die Prüfung für jeden.“

Zur 2. Lesung (1 Kor 15, 54-58)

Durch die Auferstehung Jesu Christi ist die Angst vor dem Tod (der „Stachel“, vgl. Vers 55) – für die, die daran glauben – und somit die Bedrängnis der Vergänglichkeit durch die Hoffnung auf das ewige Leben bei Gott überwunden.

Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther:

Liebe Schwestern und Brüder! „Wenn sich dieses Vergängliche mit Unvergänglichkeit bekleidet und dieses Sterbliche mit Unsterblichkeit, dann erfüllt sich das Wort der Schrift: Verschlungen ist der Tod vom Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel? Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde ist das Gesetz. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg geschenkt hat durch Jesus Christus, unseren Herrn. Daher, geliebte Schwestern und Brüder, seid standhaft und unerschütterlich, nehmt immer eifriger am Werk des Herrn teil und denkt daran, dass im Herrn eure Mühe nicht vergeblich ist.“

Zum Evangelium (Lk 6, 39-46)

Es ist wohl tatsächlich einfacher, sich mit den Problemen anderer zu beschäftigen, als erst einmal „vor der eigenen Haustür zu kehren“, wie der Volksmund so treffend weiß. Auch mögen die Ratschläge und die Unterstützung, die ich anderen geben möchte, noch so gut gemeint sein, sie sind „ungedeckte Schecks“, wenn ich nicht selbst in persönlichen Situationen mein Denken, Fühlen und Handeln erlebt und verstanden habe. Das heißt nicht, dass ich nur helfen kann, wenn ich Ähnliches erlebt habe, aber um mich wirklich einfühlen und mitdenken zu können, brauche ich mein Repertoire, nicht Lösungen für den anderen, sondern mit dem anderen, die auf Erkenntnissen meiner Auseinandersetzungen und Bewältigungen basieren. – Und (wie schon zur ersten Lesung erwähnt): „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Mt 7, 16), d.h. was wir im Innern sind, zählt nicht – was wir tun zeigt, wer wir sind!

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas:

In jener Zeitsprach Jesus zu seinen Jüngern: „Kann ein Blinder einen Blinden führen? Werden nicht beide in eine Grube fallen? Der Jünger steht nicht über seinem Meister; jeder aber, der alles gelernt hat, wird wie sein Meister sein. Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht? Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen!, während du den Balken in deinem eigenen Auge nicht siehst? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen. Es gibt keinen guten Baum, der schlechte Früchte hervorbringt, noch einen schlechten Baum, der gute Früchte hervorbringt. Jeden Baum erkennt man an seinen Früchten: Von den Disteln pflückt man keine Feigen und vom Dornstrauch erntet man keine Trauben. Ein guter Mensch bringt Gutes hervor, weil in seinem Herzen Gutes ist; und ein böser Mensch bringt Böses hervor, weil in seinem Herzen Böses ist. Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund.

Was sagt ihr zu mir: Herr! Herr!, und tut nicht, was ich sage?“