Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum Dreifaltigkeitssonntag 2021

Datum:
So. 30. Mai 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum Dreifaltigkeitssonntag 2021

Nach Pfingsten, dem dritten Hochfest unseres Glaubens, feiern wir das Geheimnis unseres Gottes selbst: die Dreifaltigkeit! Ich persönlich finde das tatsächlich gar nicht so kompliziert. Selbstverständlich müssen wir uns, besonders Theologen, stets bewusst sein, dass man über Gott eigentlich nur aussagen kann, was er nicht ist, denn alles, was wir erkennen und verstehen, bedeutet, dass wir „darüber stehen“, und nur, was wir nicht verstehen, ist offensichtlich „größer“ als wir. Doch es gehört zur Natur des Menschen, über sein Leben, seinen Ursprung, seine Gegenwart und Zukunft zu reflektieren und dadurch Schlüsse über den Sinn / das Ziel / die Erfüllung des Lebens zu ziehen. Es gilt, auf Grund von Erfahrungen und Erkenntnissen Lebenskonzepte zu entwerfen und zu verbessern, die ein – für alle Menschen! – gutes Leben ermöglichen und die Widrigkeiten und Unzulänglichkeiten des Daseins miteinbeziehen. Daher macht es Sinn, auch in Bezug auf Gott von der menschlichen Konstitution und Konzeption auszugehen (wie denn sonst?!).

Es gehört zu den grundlegenden Dimensionen des Menschen, dass er – mit zunehmenden Entwicklungsphasen – zunehmende Rollen im Leben und in der Gesellschaft einnimmt. Wir Menschen sind zunächst Sohn oder Tochter, vielleicht Geschwister, wir werden dann Spielkamerad/in, Freund/in, Mitschüler/in, irgendwann sind wir volljährig und sind Wahlberechtigte/r, dann vielleicht Partner/in, Arbeitskollege/in usw. All das sind – teilweise sehr unterschiedliche – Rollen, die wie – mehr oder weniger – als Mensch haben. Und diese Rollen hängen manchmal mehr, manchmal aber sehr wenig miteinander zusammen: Wenn ich z.B. Richter bin, werde ich in meiner Familie diese Rolle des Richters als Ehemann oder Vater hoffentlich nicht ausüben. Eine Ärztin wird sich sicherlich auch besonders um die Gesundheit ihrer Familie kümmern, aber trotzdem hat sie in ihrem „weißen Kittel“ eine ganz andere Aufgabe, als was ihre Familie von ihr sonst noch erwartet.

Es ist sinnvoll, genau das auch für einen Gott zu glauben: Wenn wir alle unterschiedliche Rollen haben, die teilweise aufeinander aufbauen, sich auf jeden Fall ergänzen müssen (widersprechen wäre tatsächlich höchst problematisch!), dann ist es ja nur folgerichtig, auch Gott so zu sehen: Da gibt es nach unserem Verständnis eine Rolle Gottes, die alles ins Leben ruft (Schöpfer / Vater), eine andere Rolle zeigt, wie dieses Leben gelingen kann und soll (Erlöser / Sohn) und eine dritte Rolle Gottes verbindet beides miteinander und gibt dafür die Kraft und Ideen (Liebe / Hl. Geist).

Zur 1. Lesung (Dtn 4, 32-34.39-40)

Vorsicht mit dem letzten Satz aus dem heutigen Abschnitt aus dem Buch Deuteronomium: „ ... in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt für alle Zeit“ (Vers 40c) – Menschen haben die Bücher der Bibel geschrieben, auch wenn in einem Bewusstsein göttlicher Führung und Inspiration. Nur in der Gesamtschau können wir Umrisse göttlicher Offenbarung erkennen! Da Gott alle Menschen gleich liebt, muss seine Gnade ebenfalls für alle Menschen gleich gelten – aber Gott teilt kein Land zu!!

Lesung aus dem Buch Deuteronomium:

Mose sprach zum Volk; er sagte: „Forsche einmal in früheren Zeiten nach, die vor dir gewesen sind, seit dem Tag, als Gott den Menschen auf der Erde schuf; forsche nach vom einen Ende des Himmels bis zum andern Ende: Hat sich je etwas so Großes ereignet wie dieses und hat man je solche Worte gehört? Hat je ein Volk einen Gott mitten aus dem Feuer im Donner sprechen hören, wie du ihn gehört hast, und ist am Leben geblieben? Oder hat je ein Gott es ebenso versucht, zu einer Nation zu kommen und sie mitten aus einer anderen herauszuholen unter Prüfungen, unter Zeichen, Wundern und Krieg, mit starker Hand und hoch erhobenem Arm und unter großen Schrecken, wie es der Herr, euer Gott, in Ägypten mit euch getan hat, vor deinen Augen? – Heute sollst du erkennen und dir zu Herzen nehmen: Jahwe ist der Gott im Himmel droben und auf der Erde unten, keiner sonst. Daher sollst du auf seine Gesetze und seine Gebote, auf die ich dich heute verpflichte, achten, damit es dir und später deinen Nachkommen gut geht und du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt für alle Zeit.“

Zur 2. Lesung (Röm 8, 14-17)

Das aramäische Wort „Abba“ bedeutet „Papa“. Als Anrede für Gott, d.h. als Ausdruck der liebenden Nähe zwischen Vater und Kind kommt es in dieser Bedeutung nur dreimal in der Bibel, und zwar nur im Neuen Testament vor: In Mk 14, 36: „Jesus sprach: Abba, Vater, alles ist dir möglich“, in Gal 4, 6: „Weil ihr aber Kinder seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unser Herz, den Geist, der ruft: Abba, Vater“, und – in derselben Bedeutung – im heutigen Abschnitt aus dem Römerbrief (Vers 15).

Stellen Sie sich vor, wir würden Gott mit „Papa“ ansprechen – genau das will er!! Damit wir uns auch wirklich als seine geliebten Kinder fühlen – und dann so leben!

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer:

Liebe Schwestern und Brüder, „alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes. Denn ihr habt nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht, so dass ihr euch immer noch fürchten müsstet, sondern ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Kindern macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater! So bezeugt der Geist selber unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.

Sind wir aber Kinder, dann auch Erben; wir sind Erben Gottes und sind Miterben Christi, wenn wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden.“

Zum Evangelium (Mt 28, 16-20)

Der heutige Abschnitt aus Matthäus ist der Schluss seines Evangeliums (entstanden um 80 n. Chr.). Es spannt in seinen letzten Worten (Jesu) den Bogen zu den ersten Versen: In Mt 1, 23 wird Josef der Messias als „Immanuel = Gott ist mit uns“ prophezeit. Mit dieser Zusage der ewigen und wirksamen Nähe Gottes schließt Jesus seine Botschaft: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“

Interessant und wichtig ist auch die Reihenfolge, wie christliche Glaubensweitergabe funktioniert: Erst zu den Menschen gehen und sie durch den Umgang mit ihnen und der Botschaft Jesu zu seinen Anhängern machen, dann erst taufen, und sie dann weiterhin unterrichten, wie christlichen Leben geht!

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus:

„In jener Zeit gingen die elf Jünger nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte. Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder. Einige aber hatten Zweifel. Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“