Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Jungs Wort zum 11. Sonntag im Jahreskreis / Abschied des Kirchenchores

Datum:
So. 14. Juni 2020
Von:
Pfarrer Ulrich Jung

Liebe Mitchristen,

nach 39 Jahren geht ein wichtiges Kapitel unserer Gemeindegeschichte zu Ende: unser Kirchenchor beendet seine Tätigkeit. Erst unter dem unvergessenen Kirchenmusikdirektor Gert Augst und dann seit 22 Jahren unter Joachim Schneider  hat der Chor an vielen Sonntagen und Festen unsere Liturgie mitgestaltet, mitgeprägt und bereichert.

Jeden Dienstagabend haben sich die Chormitglieder zum Üben getroffen und es gibt bestimmt einige ganz, ganz Treue, die nie oder fast nie eine Chorprobe versäumt haben. Die Hauptaufgabe eines Chores ist natürlich die Pflege der Musik. Aber daneben war er immer auch ein Ort der Geselligkeit und Gemeinschaft, wo man gerne hingegangen ist, mit anderen plaudern und sich austauschen konnte, miteinander Ausflüge unternommen und Feste gefeiert hat.

Es tut zwar weh, jetzt nach fast 40 Jahren sagen zu müssen: Wir hören auf, es geht einfach nicht mehr, der Altersdurchschnitt wird immer höher, wir haben fast keinen Nachwuchs… Es ist aber ein Akt der Einsicht und der Vernunft, jetzt zu sagen:  „Alles hat seine Zeit“ -  und unsere gemeinsame Zeit als Chor ist nun zu Ende. Ich habe für den Entschluss der Chormitglieder großen Respekt!

Es zeugt von Weisheit und  Gelassenheit, die Realität zu akzeptieren und nicht sozusagen „mit dem Kopf durch die Wand zu wollen“.

Die musikalische Arbeit wird – auch durch die Initiative von Joachim Schneider – auf eine andere Weise weitergeführt werden. Der Abschied des Chores fällt „zufällig“ in die Zeit der Corona-Krise, die auch auf vielen anderen Gebieten Abschiede von liebgewordenen Formen und Gewohnheiten mit sich bringt…

Ich möchte noch ein paar grundsätzliche Gedanken zum „Singen zur Ehre Gottes“ anschließen. Man sagt das so: „Wir singen zur Ehre Gottes“ (und natürlich zur Freude der Gemeinde). Aber was bedeutet das eigentlich?

Inwiefern wird Gott durch Singen geehrt? M.E. ist da nicht die Virtuosität, die Perfektion ausschlaggebend, obwohl es natürlich das Ziel jedes Chorleiters sein muss, das Bestmögliche aus seinem Chor herauszuholen.Herr Schneider hat das mit seinen hervorragenden musikalischen, pädagogischen und menschlichen Fähigkeiten geschafft, obwohl er natürlich bei seinem eigenen hohen Anspruch nicht immer hundertprozentig zufrieden war.

Aber noch einmal: Was ist es beim Singen, das Gott ehrt? Und zwar genauso z.B. beim Mainzer Domchor und einer bescheidenen Kinderschola? Es ist die Lebendigkeit, das Aus-sich-Herausgehen; es ist die Freude, etwas Eigenes im Rahmen einer gemeinschaftlichen Aktion beitragen und ausdrücken zu können. Ich mit meiner Stimme, mit meiner Freude an der Musik bringe in der Gemeinschaft mit anderen zusammen etwas zum Klingen…Singen öffnet Mund und Herz, Singen überwindet Depression und Traurigkeit, Singen (auch auf ganz bescheidenem Niveau, meinetwegen zuhause in der Badewanne) vertreibt die „Dämonen“ der Schwermut und Lethargie. Insofern ist Singen wirklich etwas, das Gott ehrt, das die Freude am von Gott geschenkten Leben, am göttlichen Funken in allem Leben ausdrückt. Ein Aspekt des unendlich reichen Gottes ist die Freude. Und Singen macht Freude und bringt Freude. Der Sänger, die Sängerin ehrt Gott mit einem von ihm selbst erdachten Instrument, der menschlichen Stimme. Die „vox humana“ ist bei aller Vielfalt und Klangschönheit der verschiedenen Musikinstrumente doch wohl tatsächlich das schönste Instrument, gerade, wenn viele unterschiedliche Stimmen in einem Chor zusammenklingen.

Gott wird – ich sage es noch einmal – nicht durch Perfektion, sondern durch Lebendigkeit geehrt. Der Kirchenvater Irenäus schrieb: „Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch“. Von Anfang an wurde im christlichen Gottesdienst gesungen, aus der jüdischen Tradition wurden z. B. die Psalmengesänge übernommen; im Kolosserbrief des Neuen Testamentes heißt es: „Seid dankbar…Singt Gott Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder in Dankbarkeit in eurem Herzen!“ (Kol 3, 15/16): Ich bin erlöst – also kann ich dankbar (wenn auch vielleicht manchmal unter Tränen)- singen. Natürlich ist das einem Chormitglied nicht immer so bewusst und präsent. Viele würden wahrscheinlich einfach sagen: „ich singe, weil’s mir Spaß macht“. Singen bedeutet, dass trotz aller schlimmen Dinge letztlich doch die Schöpfung gut ist und deshalb auch der Schöpfer gelobt, bestaunt und besungen werden darf und soll.

Es ist eine schwere Einschränkung und eine bittere Erfahrung, dass wir zur Zeit wegen „Corona“ fast gar nicht mehr singen dürfen. Wie gerne hätte der Chor bei diesem Gottesdienst noch einmal mit voller Begeisterung gesungen! Wir alle hoffen, dass diese Beschränkungen nicht mehr allzu lange dauern und dass wir dann wieder besonders dankbar singen dürfen.

Für jetzt sage ich aber schon mal ein ganz großes DANKE für fast 40 Jahre Kirchenchor St. Franziskus. DANKE für eine gute Zeit und einen großen und schönen Beitrag zu dieser Gemeinde!

Einen frohen Sonntag!

Ihr Pfarrer Ulrich Jung