Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Jungs Wort zum 4. Sonntag der Osterzeit

Datum:
Sa. 2. Mai 2020
Von:
Pfarrer Ulrich Jung

Liebe Mitchristen,

für Christen hat Jesus Christus eine ganz zentrale Bedeutung. Im Johannesevangelium wird das u.a. in den sogenannten „Ich bin- Worten“ ausgedrückt:

Ich bin das Licht der Welt, ich bin das Brot des Lebens, ich bin der wahre Weinstock, ich bin der gute Hirt, ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Jedes dieser Worte drückt einen Aspekt der universalen Bedeutung von Jesus aus. Er ist eben nicht nur ein Mensch unter vielen anderen, sondern der Mensch, der entscheidende Mensch. Er ist nicht nur ein Religionsstifter unter anderen wie Buddha, Zarathustra oder Mohammed, sondern er ist der Mittler zwischen Gott und den Menschen.  Er ist nicht nur einer, der nach der Wahrheit sucht oder über die Wahrheit nachdenkt, sondern er ist in seiner Person die lebendige Wahrheit.

Am heutigen Sonntag steht ein „Ich bin – Wort“ im Mittelpunkt des Evangeliums, das nicht so bekannt ist wie die anderen Worte:

Ich bin die Tür (Johannes 10, 9).

Ich finde, das ist ein wunderbares Wort. Jesus sagt eben nicht: Ich bin die Mauer (die wohl schützt, aber auch  abgrenzt), er sagt nicht: ich bin der Herrscher (der das Sagen hat und den Untergebenen Befehle erteilen kann), er sagt auch  nicht: ich bin das Ziel (denn er führt zum Ziel, das wir in Gott, dem Vater finden). Er sagt ganz schlicht und einfach: Ich bin die Tür.

Gemeint ist eine offene Tür, im Bild des Evangelisten Johannes die „Tür zu den Schafen“ (Joh 10,7). Jesus ist der, der den Zugang öffnet zu den Menschen, Jesus ist der, der nicht abschließt, sondern aufschließt; Jesus ist der, der einlädt… Jesus ist der,  der nicht im Weg steht und blockiert, sondern Begegnung und Gemeinschaft  ermöglicht.

Stellen wir uns doch mal eine offene Tür vor: wohin könnte sie führen? In ein einladendes Haus, wo man freundlich aufgenommen wird… Es könnte eine Gartenpforte  sein, die zu einem bunten, blühenden,  duftenden Garten führt. Oder eine Kellertür, die aus einem dunklen, dumpfen Raum ins Licht, ins Freie führt. Eine Tür steht für einen Übergang von einem Bereich in einen anderen Bereich. Eine Tür ist immer „dazwischen“.

Jesus ist gern „dazwischen“: Zwischen Alten und Jungen, zwischen Eltern und Kindern, zwischen Männern und Frauen, zwischen Konservativen und Progressiven, zwischen Begeisterten und Skeptikern, zwischen Fröhlichen und Depressiven, zwischen Mutigen und Ängstlichen, zwischen Schwarzen und Weißen…. Man könnte noch viele andere Beispiele nennen. Jesus hat sich anscheinend diesen Platz „dazwischen“ ausgesucht, das ist sein Platz.

Sein Platz, seine Aufgabe ist Kommunikation im weitesten Sinne. Nicht umsonst klingt „Kommunikation“ fast genauso wie „Kommunion“; beide Worte haben dieselbe lateinische Wurzel, die Verbindung, Beziehung und Gemeinschaft bedeutet. Jesus interessiert sich sehr dafür, dass Gemeinschaft entsteht, in den verschiedensten Bereichen des menschlichen Lebens: von den guten Kumpels, die miteinander Fußball spielen über das Miteinander von Kindern und Jugendlichen im Zeltlager bis hin zur innigsten Gemeinschaft eines Ehepaares in Liebe und Treue ein ganzes Leben lang.

Das Schöne ist: die Tür ist immer offen. Sie wird nicht geschlossen und wird nie geschlossen werden. Die Tür sagt : Komm rein, du bist eingeladen, du wirst erwartet, du bist willkommen. Du musst kein Eintrittsgeld bezahlen, du brauchst keinen Ausweis vorzulegen,  du brauchst keine unangenehmen Testfragen zu beantworten, du bist frei…

Letztlich ist Jesus ja die Tür zu Gott: zu Gott, von dem wir leider oft immer noch ganz schiefe Vorstellungen haben, zu Gott, der uns fern und unverständlich erscheint, zu Gott, vor dem auch viele Christen Angst haben.

Jesus sagt uns: die Tür zu Gott ist offen!

Es ist erstaunlich, dass in der schwierigen, belastenden Corona – Zeit, wo viele Türen verschlossen sind, sich an ganz verschiedenen Stellen auch neue Türen öffnen; wie Menschen Kreativität und Phantasie entwickeln, um einander trotzdem nahe zu sein. Ich danke allen, die auch bei uns in der Gemeinde „Türen öffnen“…

Noch ein Hinweis: Ab Mitte des Monats  (16./17.Mai) werden voraussichtlich bei uns auch wieder öffentliche Gottesdienste möglich sein (allerdings noch unter sehr strengen Auflagen und Einschränkungen). Im nächsten „Wort zum Sonntag“ werde ich näher darauf eingehen.

Ihnen allen einen herzlichen Gruß und Gottes Segen, der uns Jesus gesandt hat, die „offene Tür“.

 

Ihr Pfarrer Ulrich Jung