Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Jungs Wort zum Dreifaltigkeitssonntag 2020

Datum:
Sa. 6. Juni 2020
Von:
Pfarrer Ulrich Jung

Liebe Mitglieder und Freunde der Gemeinde St. Marien,

ich schicke Ihnen hiermit mein Wort zum Dreifaltigkeitssonntag.
"Dreifaltigkeit" ist ein schwieriges, anscheinend sehr abstraktes Thema, das im durchschnittlichen Glaubensleben der allermeisten Christen
kaum eine Rolle spielt. Ein Thema für theologische Spezialisten und etwas abgehobene Denker und Theoretiker...

Und doch geht es hier um das Fundament, die Grundlage unseres christlichen Glaubens.
Es ist nicht egal, sondern entscheidend wichtig, an welchen Gott ich glaube.
Ich habe versucht, es möglichst einfach und klar auszudrücken und hoffe, dass mir das einigermaßen gelungen ist. Wenn nicht, verzeihen Sie mir....
Immer mal wieder ein "Danke" an alle in unserer Gemeinde, die vielleicht nicht über den dreifaltigen Gott theologisch nachdenken, aber in seinem  Sinne handeln und wirken:
die Gemeinschaft fördern und ermöglichen,  andere Menschen ernst nehmen und Ihnen Zeit schenken, die einen weiten Horizont haben und für die mit dem Tod nicht alles zu Ende ist.
Danke für alles,  was im weitesten Sinne aus Liebe getan wird...
Noch ein Hinweis zu den Gottesdiensten:
Zu Fronleichnam laden wir zu zwei Eucharistiefeiern ein, zur Vorabendmesse am Mittwoch, 10. Juni um 18.00 und zur Festmesse  am Donnerstag, 11. Juni  um 10.30, beidesmal in St. Franziskus. Die gewohnte Prozession und das beliebte Pfarrfest in Drais können ja leider dieses Jahr nicht stattfinden.
Bitte melden Sie sich zu Fronleichnam wie zu den Sonntagsmessen an (Tel. 71519 zu den Sprechzeiten des Pfarrbüros oder auch 33 75 56).

Liebe Sonntagsgrüße!

Ihr Pfarrer Ulrich Jung

 

Wort zum Dreifaltigkeitssonntag, 07.06.2020

Liebe Mitchristen,

„Gott ist dreifaltig“ – diesen Satz werden Sie nicht in der Bibel finden. Der Begriff „Dreifaltigkeit“ oder „Dreieinigkeit“ (lateinisch „trinitas“) wurde erst viel später nach langem Nachdenken und theologischer und philosophischer Reflexion in der frühen Christenheit geprägt.

Aber in der Bibel steht der Satz: „Gott ist die Liebe“ und weiter: „und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm“ (1 Johannesbrief 4, 16b). Damit hat der biblische Autor m.E. das Wesen Gottes sehr tief erfasst: sein Wesen ist Liebe; Gott ist die Quelle aller Liebe, allen Lebens, aller Lebendigkeit.

 Gott ist nicht einsam und allein, sondern lebt und wirkt in dreifacher Beziehung: Als „Vater“ ist er – symbolisch gesprochen – „über uns“; er ist größer als wir und größer als alles. Er ist aber auch (als „Sohn“) „in uns“: er ist in Jesus Christus allen Menschen gleich geworden, er hat das ganze menschliche Schicksal auf sich genommen, die ganze Not und Erniedrigung. Und er ist (als „Heiliger Geist“) „zwischen uns“: er verbindet, er inspiriert, er schafft Gemeinschaft und Kommunikation im weitesten Sinne.

Diese dreifache Beziehung, in der Gott lebt, lässt sich gut im Kreuzzeichen ausdrücken. Wenn ich das Kreuzzeichen über mich mache, stelle ich mich als glaubender Mensch sozusagen „in Gott hinein“. Wenn ich meine Stirn mit der Hand berühre, verweist das auf Gott den Vater, der „oben“,  „über mir“ ist: „Im Namen des Vaters“. Wenn ich meine Brust mit der Hand berühre, dann weist das auf Gott den Sohn, der „in mir“ ist, der mir gleich geworden ist als Mensch: „und des Sohnes“. Und wenn ich meine linke und rechte Schulter berühre, weist das auf Gott den Heiligen Geist, der „links“ und „rechts“ von mir ist, der mich also mit meinen Mitmenschen und der ganzen Schöpfung verbindet: „und des Heiligen Geistes“.

 Das bewusst gesprochene und vollzogene Kreuzzeichen ist ein sehr einfaches und dabei sehr tiefgehendes Bekenntnis zum dreieinigen, liebenden Gott – und das Zeichen der Liebe Gottes für uns  ist eben das Kreuz Jesu: Er geht den Weg der Liebe bis zum Äußersten, bis zum Tod am Kreuz.

Ich kann zwar Gott nicht begreifen, ich kann aber zum Ausdruck bringen, dass er mir dreifach nahe ist; Paulus, der größte urchristliche Missionar, drückt es bei seiner Rede auf dem Marktplatz in Athen so aus: „Keinem von uns ist er(Gott) fern. Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir.“ (Apostelgeschichte 17, 27b.28a)

Es ist nicht so wichtig, die Dreifaltigkeit „erklären“ oder tiefsinnig deuten zu können. Bei diesem Versuch kommen auch die größten Theologen schnell an ihre Grenzen.

Es ist aber sehr wichtig, in der Dreifaltigkeit zu „bleiben“ (was dasselbe ist, wie in der Liebe zu bleiben, denn wie schon gesagt: Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott!). Und das tun die ganz schlichten und einfachen, glaubenden, vertrauenden, betenden und hoffenden Christenmenschen, die trotz aller Schwierigkeiten und ungelösten Fragen „in der Liebe bleiben“.

Wir glauben als Christen nicht an einen mathematischen Unsinn (als wäre 1+1+1=1), sondern an die unendliche Liebe, aus der wir kommen, die uns im Leben trägt und begleitet und die unser Ziel und unsere letzte Erfüllung ist.

Wie schön ist es, nicht an einen einsamen, entrückten, fernen und im Grunde belanglosen Gott glauben zu müssen, sondern an den Gott, der sprühendes Leben, Freude und Beziehung ist. Es ist schön – aber auch sehr anspruchsvoll!

Es ist die große Herausforderung für Christen, inmitten von Hass, Gleichgültigkeit, Gewalt und Angst an die Liebe zu glauben, die wie ein armseliges Flämmchen erscheint, das am Verlöschen ist – und die doch in Wirklichkeit heller und stärker als die Sonne strahlt!

Ich wünsche mir und Ihnen allen, dass dieser Glaube in uns wachse und sich vertiefe: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, im Namen des Gottes, der Liebe ist!

Ihr Pfarrer Ulrich Jung