Schmuckband Kreuzgang

Jesusfigur / Schmerzensmann

An der mittleren Pfeilervorlage der Südwand steht die Holzskulptur eines „Schmerzensmannes". Die Passionsmystik des Mittelalters ist die geistliche Wurzel solcher Bildwerke. Sie bezieht sich auf das Buch Jesaia 53,2-8 „Keine Gestalt besaß er ... ein Mann von Schmerzen, leiderfahren..« sowie auf das Pilatuswort „,Ecce homo", „Seht diesen Menschen!".

Der aufrechte, durch die Bewegung von Stand- und Spielbein leichte gedrehte Körper des gegeißelten Christus ist vom Schnitzer gut durchmodelliert. Durch die gefesselten Handgelenke werden die Arme nach vorne gebracht; in den Ellenbogen sind sie leicht angewinkelt. Das Haupt Christi, von einer Dornenkrone umgeben, neigt sich etwas nach rechts. Der Ausdruck des Gesichtes ist vom Leiden und von Schmerzen geprägt; zugleich spricht es die Bereitschaft zur letzten Hingabe aus. Jede Anklage, jede Abweisung des Geforderten, jeder Protest gegen das von ihm Verlangte fehlen. Der letzte Weg ist ja noch nicht gegangen.

Der nackte Körper ist nur von einem Lendentuch bedeckt. Von den Schultern herab hängt der Purpurmantel, den die römischen Soldaten ihm umhängten. Durch ihn und die Dornenkrone haben sie ja ihr spöttisches Spiel mit ihm als „König der Juden" getrieben. Die glücklich erhaltene alte Fassung überhöht mit ihren Farben alles, was der Künstler in dieses Bildwerk hineingelegt hat. Die Blutspuren der Dornenkrönung und der Gesichtsschläge bedecken Gesicht und Hals. Die Haut des ganzen Körpers lässt die blutigen Spuren der Geißelung erkennen. Wie beim hl. Sebastian am Hochaltar ist der Fesselstrick der Hände vergoldet. Ja, selbst der Purpurmantel, der in Wirklichkeit doch wohl nur ein zerschlissener roter Mantel eines römischen Legionärs gewesen ist, wird von goldenen Querstreifen durchschossen. Eine kleine schmucklose Schließe hält den Mantel vor der Brust zusammen. Inmitten der Erniedrigung und des Leidens lässt der Künstler mit dem symbolischen Gold das endgültige Ziel des Erlösungswerkes aufleuchten, nämlich der gefallenen Menschheit den Weg zur herrlichen Liebe des jetzt Vater genannten Gottes zu erschließen. Das Reich des Lammes im neuen Jerusalem ist aus reinem Gold (Geh. Offenb. 21,18). Das Stehen auf einer grün gefassten Plinthe (Fußsockel) weist den Schmerzensmann als Herrn und Erlöser der gesamten Schöpfung aus.

Das Bildwerk wurde in der Schweiz erworben und kam 1964 nach Pfungstadt. Es soll spanischer Herkunft sein. Mehr ist nicht bekannt. Als seine Entstehungszeit darf man wohl die Mitte des 18. Jahrhunderts annehmen. Die Behandlung der Einzelheiten wie Haarlocken, die Körpermuskulatur, die Verknotung des Lendentuches und das Faltenspiel des Mantels sprechen für das Zeitalter des Barocks.