Liebe Schwestern und Brüder,
wie geht es ihnen nach dieser Woche, in der die ersten Lockerungen in der Corona-Krise umgesetzt wurden?
War es für Sie eine Erleichterung, ein Aufbruch, ein Hoffnungsschimmer?
Die kommende Zeit wird für uns alle ein Balanceakt, zwischen Lockerung auf der einen und Vorsicht auf der anderen Seite.
Wie heißt es doch in diesen Tagen immer wieder: „Wir fahren auf Sicht.“
Es ist wie bei einem dichten Nebel, der eine vorsichtige und vorausschauende Fahrweise erfordert, selbst wenn die Straßen weitgehend frei sind.
Der Nebel, winzige Wassertröpfchen, millionenfach verteilt, mahnt zur Vorsicht und Umsicht und verbietet jede Form von Leichtsinn.
Liebe Schwestern und Brüder, haben wir noch Geduld und nehmen wir diese Einschränkungen weiter auf uns, denn auch dieser Corona-Nebel wird von der Sonne, von der Sehnsucht nach Leben in die Schranken verwiesen und im wahrsten Sinne des Wortes „in Luft aufgelöst“.
Darauf dürfen wir als österliche Menschen hoffen und vertrauen.
Lassen wir noch einmal das Evangelium von der Erscheinung des Auferstandenen am See von Tiberias auf uns wirken.
Wenn Jesus im Johannes-Evangelium etwas Außergewöhnliches tut, dann heißt es oft am Ende: Jesus tat dieses Zeichen und offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn. Das ist das eigentliche Ziel der Zeichen und Wunder Jesu: Nicht beim Staunen stehen zu bleiben, sondern durch das Staunen zum Glauben kommen. Das zeigen die folgenden Beispiele:
Bei der Hochzeit zu Kana verwandelt Jesus Wasser zu Wein – und seine Jünger staunten und glaubten an ihn.
Bei der Auferweckung des Lazarus, sehen die Menschen Lazarus aus dem Grab kommen – und sie staunten und kamen zum Glauben an Jesus Christus.
Nach seinem Tod sticht ein Soldat in die Seite Jesu und es fließen Blut und Wasser heraus. „Und er, der das gesehen hat, hat es bezeugt, damit auch ihr glaubt.
So auch beim Fischfang am See von Tiberias: Im Evangelium steht:
Die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.
Nachdem sie auf das Wort Jesu hin, ihre Netze noch einmal ausgeworfen hatten und erfolgreich waren heißt es:
Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen: Wer bist du?
Denn sie wussten, dass es der Herr war (und kamen zum Glauben an ihn).
Es geht immer um das Zeichen, das Jesus tut, damit die Menschen sehen und sich überzeugen können und dann durch dieses Zeichen zum Glauben kommen. Das Zeichen sehen und glauben.
Was für eine schöne und kurze Formel für die Ausbreitung des Evangeliums.
Aber - wenn das alles so einfach wäre.
Jesus selbst musste die bittere Erfahrung machen, dass diese Formel zur Evangelisierung ein Ideal ist, das oft an der Wirklichkeit scheitert, wie ein Tonkrug, der auf dem Betonboden in tausend Scherben zerbricht.
Hat nicht der Apostel Thomas, einer der 12, gesagt: Wenn ich nicht die Wunden Jesu sehen und fühlen kann, glaube ich nicht?
Haben nicht viele Jünger am Ende der Rede vom Himmelsbrot gesagt: Was Jesus sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören? Viele haben den Worten Jesu nicht geglaubt und sind gegangen.
Wie soll es also weitergehen? Was gibt uns Jesus mit auf den Weg?
Das Wort an Thomas: Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
Das heißt für mich, der Glaube ist ein Geschenk Gottes an uns, das wir annehmen und auspacken können oder ablehnen und zurückweisen.
Das heißt auch, der Glaube ist immer auch ein Geheimnis und als solches rätselhaft, unbegreiflich, zerbrechlich.
Der Glaube ist immer eine Einladung, die unser JA-Wort erfordert.
Glaube, der uns übergestülpt wird, den wir ablehnen, der wird sich nie als befreiende Hilfe zum Leben weiterentwickeln.
Liebe Schwestern und Brüder,
unser Glaube kommt vom Hören. Das Gehörte muss dann ins Leben hinein umgesetzt werden. Der Glaube muss sichtbar, erfahrbar werden in Taten der Liebe. Erleben wir das nicht gerade in diesen Tagen?
Wie Menschen in sogenannten systemrelevanten Berufen anderen helfen?
Wie sich Menschen für andere einsetzen?
Im Grunde sind das die modernen Wunder der Gegenwart:
Taten der Liebe, die überzeugen.
Es lohnt sich mit den Augen des Glaubens genauer hinzuschauen,
und vielleicht mit den Worten des Apostels Thomas zu bekennen:
Mein Herr und mein Gott, ich glaube an Dich. Amen.