„Der hört einfach nicht!“

Predigt lesen (c) PG Heusenstamm
Predigt lesen
Datum:
So. 16. Juli 2023
Von:
Oliver Schäfer

Liebe Schwestern und Brüder,

„Der hört einfach nicht!“, das ist ein Satz, den man immer wieder einmal dann mitbekommt, wenn jemand nicht das tut, was man ihm gesagt hat. Ein Kind, das nicht gut hört, das war zumindest in meiner Kindheit eine Bezeichnung – nicht für jemand der schwerhörig war, sondern für jemanden, der das, was man ihm sagte, nicht umsetzte. Auch ich hörte öfter dieses „Du hörst einfach nicht“.

Hören und doch nicht hören, das ist ein Thema, dass den meisten von uns bekannt ist.

Aber nicht nur bei Kindern gibt es dieses Phänomen.

„Du hörst mir ja gar nicht richtig zu“, sagt so manch ein Ehepartner zum anderen, wenn dieser den Eindruck hat, dass der oder die andere zwar akustisch die Worte hört, die man sagt, mit den Gedanken aber ganz woanders ist. Auch hier liegt ja keine Schwerhörigkeit der Organe vor – vielleicht aber eine Schwerhörigkeit des Herzens, wenn man so will.

Es ist schon schwer für uns, wenn wir das Gefühl haben, dass das, was uns wichtig ist und was wir den anderen sagen und vermitteln wollen, zwar als Wort bei ihnen ankommt, aber nicht tiefer dringt, nicht ins Herz geht – ja, wenn wir das Gefühl haben, dass wir nicht verstanden werden.

Ich denke, genau das ist die Grundproblematik, in die hinein Jesus seinen Jüngern – und damit natürlich auch uns - das Gleichnis vom Sämann erzählt. Zum Schluss seines Gleichnisses heißt es ja sinngemäß: „Hören werdet ihr, hören aber nicht verstehen. Euer Herz ist hart geworden, weil ihr hört und doch nicht hört und nichts versteht. (vgl. Mt 13, 13-15)“

Jesus sagt ziemlich zu Beginn des Lukasevangeliums, dass er gekommen ist, um den Armen die Frohe Botschaft zu bringen, den Gefangenen die Befreiung, den Zerschlagenen die Freiheit und eben auch den Blinden das Augenlicht (Lk 4, 18-19). Das war sein Selbstverständnis. Und immer wieder stieß er damit auf taube Ohren, oder wie wir es besser ausdrücken: auf taube und verschlossene Herzen.

Wie ist das bei uns? Woche für Woche hören wir das, was wir „das Evangelium“, also DIE Frohe Botschaft nennen. Hören wir es wirklich also frohmachende, das Leben unterstützende Botschaft, oder trifft auf uns das zu, was Jesus im Gleichnis sagt: dass das, was uns die Botschaft sagen möchte, keine Wurzeln in uns schlagen kann, oder dass das Wort wie ein Strohfeuer schnell verbrennt, weil unser Glaube, oder heute könnten wir auch sagen, unser kirchliches Leben von außen bedrängt und in Frage gestellt wird? Vielleicht ist es aber auch so, dass das Befreiende und das Frohe der Botschaft bei all den Fehlern und Missständen auch in der Kirche erstickt und bedrängt wird. Sehr oft, so erfahre ich in Gesprächen mit Menschen, sind es aber gerade auch die Sorgen des Alltags, die Jesus im Gleichnis benennt, die etwas Frohes und Positives kaum noch in uns wachsen lassen.

„Wer Ohren hat, der höre“ (Mt 13,9) fordert uns Jesus auf. Auf zwei zentrale Sätze in der Frohen Botschaft, in unseren Evangelien, möchte ich Sie heute gerne aufmerksam machen: Bei den Taufen, die wir in unserem Pastoralraum immer wieder gerne feiern, hören wir oft das Evangelium von der Taufe Jesu und dort den Satz aus dem Himmel „Du bist mein geliebter Sohn!“ (Mk 1,11). Wie schön, wäre es, wenn diese Zusage, dass auch wir als Getaufte Gottes geliebtes Kind sind, in unser Herz dringen und dort aufgehen würde, egal, ob es nun 100, 60 oder wenigstens 30 % sind, die ankommen, wenn das Frucht tragen würde.