Beziehungsstatus: kompliziert
In einigen Tagen feiern wir in Heusenstamm und Rembrücken Kerb, Kirchweih. Wir erinnern an die Weihe unserer Gotteshäuser. Und an die Kirche als große Gemeinschaft aus „lebendigen Steinen“. So wie Menschen nicht allein leben können, so brauchen auch Christen die Gemeinschaft.
Es bedrückt mich sehr, dass diese Gemeinschaft immer kleiner wird. Ein Grund sind die anhaltend hohen Kirchenaustrittszahlen. Jeder einzelne Austritt schmerzt und schwächt unsere Gemeinschaft.
Allerdings gilt da: Beziehungsstatus: kompliziert. Das hängt mit den Besonderheiten des deutschen Religionsverfassungsrechts zusammen. Die Kirchen sind bei uns Körperschaften des öffentlichen Rechts und erheben Kirchensteuer, die vom Staat eingezogen werden. Immer noch der Hauptgrund, die Kirche zu verlassen.
Eigentlich gibt es nach katholischem Verständnis keinen Kirchenaustritt in diesem Sinn. Denn durch die Taufe wird man unverlierbar Gotteskind, Christ und Teil des Leibes Christi, der die Kirche ist. Soweit die Theorie.
De facto hat die Kirche in Deutschland rechtliche Sanktionen im Zusammenhang mit dem staatlichen Kirchenaustritt verhängt, die auf eine Art „Exkommunikation“ hinauslaufen. Das ist allerdings gesamtkirchlich höchst fraglich.
Wie dem auch sei, die Gemengelage ist differenziert und der Beziehungsstatus kompliziert. Wenn ich Kirchweih feiere – oder Taufen, Erstkommunion, Trauerfeiern usw.- tue ich das mit den Anwesenden und versuche zugleich „die anderen“ mitzudenken und miteinzubeziehen. Die, die weiter „zu uns gehören“, aber sich aus welchen Gründen auch immer von der konkreten Gemeinschaft entfernt haben.
Es gibt keinen Plan B, wie es weitergehen kann. Die Kirche braucht – wie jede andere Gemeinschaft – Geld, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Diese Aufgaben betreffen bisher die ganze Gesellschaft. Gerade im sozialen Bereich übernimmt die Kirche – im Sinne des Gemeinwohls – vielfältige Aufgaben. Dann gilt es die Kirchen zu erhalten und vor allem Seelsorge in ihrer vielfältigen Form zu ermöglichen.
Ob eine Art „Kultursteuer“ nach italienischem oder ungarischem Vorbild eine Alternative wäre? Dort bezahlen alle eine Steuer, die man der Kirche zuwenden kann.
In manchen Staaten gibt es eine Kirchenfinanzierung, die auf Spendenbasis funktioniert. Weniger gut etwa in Frankreich, sehr gut in den USA.
Vieles wandelt sich in atemberaubender Geschwindigkeit. Gerade da ist Gemeinschaft unglaublich wichtig. Die Kichweih-feste erinnern daran. Aber letztlich muss uns diese Gemeinschaft etwas wert sein.
Martin Weber, Pfr.