Schmuckband Kreuzgang

Chinas Selbstverständnis erklärt bekommen

2022-05-18 Vortrag Prof Jäger (5) (c) KHG Darmstadt
Datum:
Mi. 18. Mai 2022
Von:
Tobias Sattler

"Man kann einer Großmacht keine Befehle geben", stellte unser Referent Prof. Dr. Thomas Jäger von der Uni Köln klar. Und China befinde sich auf dem Weg zur Weltmacht Nummer 1 bis zum Jahr 2047.

2022-05-18 Vortrag Prof Jäger (4) (c) KHG Darmstadt

Dann nämlich wolle man den 100. Geburtstag der Volksrepublik gebührend feiern und den Einfluss auf schutzbefohlene Staaten und den Welthandel bis dahin maximieren.

Jäger legte - ohne Skript und Folien - in seinem lebendigen freien Vortrag seine Sicht der derzeitigen weltpolitischen Situation dar und wie es dazu kommen konnte. Demnach kam China erst seit den 90er bzw. 00er Jahren allmählich dazu, sich zur Weltmacht auf Augenhöhe zu den USA aufzuschwingen; Gründe dafür sah er in politischen Fehlentscheidungen der USA (Irakkrieg, Wandel-durch-Handel-Hoffnung des Westens) und in der Globalisierung, durch die China als "Werkbank der Welt" finanzstark wurde und dadurch in der Lage, Einfluss auf andere Staaten und Institutionen zu nehmen bzw. von sich abhängig zu machen.

Innenpolitisch laute der chinesische Gesellschaftsvertrag "Wachstum und Wohlstand gegen Gehorsam".

Auch zum Ukrainekrieg vertrat Prof. Jäger eine klare Überzeugung: Die chinesische Führung müsse Russlands Einschätzung der militärischen Lage und der allgemeinen westlichen Haltung mindestens geteilt haben, was sich offenbar gegenwärtig  als Fehlkalkulation herausstelle. China sei nun in einer Lage des "Sowohl als auch" - man verurteile  den Angriffskrieg nicht,  spreche sich jedoch für eine baldige Beendigung des Konflikts aus.

Zum Ende hin nannte Prof. Jäger die zwei großen Fragen derzeit: der Systemkonflikt "Demokratien vs. Autokratien", den er als nicht zielführend erachtet, es gelte eher auf Netzwerke zu setzen, und die Taiwan-Frage, die in den nächsten Jahren möglicherweise noch mehr zum Konfliktherd werde.

2022-05-18 Vortrag Prof Jäger (3) (c) KHG Darmstadt

Die anwesenden rund 35 Studierenden erlebten einen sehr kurzweiligen, spannenden und teils auch mit humorvollen Spitzen gespickten Vortrag, konnten ihre Fragen stellen und auch im Anschluss noch ins direkte Gespräch gehen.