Das seit 2015 bestehende Darmstädter Netzwerk für politische Bildung – ein gemeinsamer Zusammenschluss von Volkshochschule Darmstadt, Wissenschaftsstadt Darmstadt, Katholischer Erwachsenenbildung nr30 und Evang. Erwachsenenbildung Darmstadt und dem ASTA der HDA, neuerdings auch der Evang. Studierendengemeinde (ESG), der Katholischen Hochschulgemeinde (KSG) und der Katholischen Akademie Bistum Mainz, Außenstelle Darmstadt – startet seine neue Herbstreihe 2024: „Künstliche Intelligenz und die Folgen: Mensch – Macht - Maschine“.
„Die neue Technik der KI ermöglicht nie dagewesene Quantensprünge in allen Lebensbereichen, braucht gerade deswegen dringend ein menschliches Regelwerk, um nicht außer Kontrolle zu geraten, Technikfolgeabschätzung tut not“, so der Tenor der sieben Veranstalter.
Nie war das Thema Künstliche Intelligenz derart in aller Munde, wie in unserer Zeit. Klar scheint: Die KI-Zukunft hat längst begonnen. Geoffrey Hinton, britischer Informatiker, legendärer Geburtshelfer der KI, sagt, er habe Grund zu der Annahme, dass KI außer Kontrolle geraten könnte. Wörtlich: „Wir haben Grund ängstlich zu sein.“ (SPIEGEL Online Sept.2024). Die bundesweit bekannte Informatik-Professorin Katharina Zweig formuliert es so: „Ein Algorithmus hat kein Taktgefühl.“ Zweigs Kernthese: „Wir sollten wissen, worauf wir achten müssen, damit Algorithmen nach unseren Regeln spielen und nicht nach ihren eigenen.“
Künstliche Intelligenz (KI) gilt als die neue Zauberformel des digitalen Kapitalismus. Sie bringt eine Zeitenwende, tiefgreifende Veränderungen in allen Lebensbereichen: in Medizin, Militär und bei Klimaberechnungen, aber auch in den Natur- und Geisteswissenschaften und bei der Verbrechensbekämpfung, in Politik, Wirtschaft und unserem Alltag. Wie aber funktioniert KI? Bedroht sie uns, macht sie uns gar überflüssig oder wirkt sie als innovative Bereicherung? Welche Folgen hat KI für unsere Demokratie? Genügt das neue KI-Regelwerk der EU? Welche Rolle spielt KI bereits jetzt bei autonomen Waffensystemen und in Zukunft in (Cyber-)Kriegen? Brauchen wir im digitalen Zeitalter eine neue Ethik, einen neuen „digitalen Humanismus“ (Julian Nidda-Rümelin), also geeignete Leitplanken für ein gelingendes Leben im KI-Zeitalter? Diese Facetten möchte die Vortragsreihe des Darmstädter Netzwerks für politische Bildung aus verschiedenen Blickwinkeln ausleuchten.
Mit KI in die Hölle? Der israelische Historiker Yuval Noah Harari erzählt seine Geschichte der Informationsnetzwerke, hinterfragt in seinem neuesten Werk „Nexus“ ein zügelloses KI-Zeitalter: Um die Gefahren der Künstlichen Intelligenz in den Griff zu bekommen, fordert er dringend vorbeugende Selbstkorrekturmechanismen. Und fragt: Bedeutet KI sonst das Ende der Menschheitsgeschichte? Harari plädiert infolgedessen für eine Verlangsamung des KI-Wettrüstens. Mit dem Beherrschen von Sprache habe die Künstliche Intelligenz das „Betriebssystem der menschlichen Zivilisation gehackt“, so seine These in seinem Buch „Nexus“. Harari wörtlich: „Wenn wir das KI-Wettrüsten nicht verlangsamen, werden wir keine Zeit haben, zu verstehen, was passiert.“ Er vergleicht Künstliche Intelligenz warnend mit außerirdischer Intelligenz – nicht im Weltall, sondern hier auf der Erde. „Wir wissen nicht viel über diese außerirdische Intelligenz – außer dass sie unsere Zivilisation zerstören könnte.“ Hararis Schlussfolgerung: „Deshalb müssen wir dem unverantwortlichen Einsatz dieser außerirdischen Intelligenz in unserer Gesellschaft ein Ende setzen und die KI regulieren, bevor sie uns reguliert.“ Auch fünf international renommierte IT-Wissenschaftler stoßen ins gleiche Horn, warnen eindringlich in der angesehenen Fachzeitschrift „Science“: KI könnte aus der Kontrolle geraten, so ihre These (April 2024, FAZ). »Ohne ausreichende Vorsicht könnten wir unwiederbringlich die Kontrolle über autonome KI-Systeme verlieren«, so der Tenor der Forscher. Mögliche KI-Risiken seien demzufolge Cyberattacken in großem Maßstab, gesellschaftliche Manipulation, allgegenwärtige Überwachung, ja, sogar die »Auslöschung der Menschheit«. Unter den Autoren sind renommierte Wissenschaftler wie Geoffrey Hinton, Andrew Yao und Dawn Song, die zu den führenden Köpfen der KI-Forschung gehören.
Grund genug, das ebenso brandaktuelle wie brisante Thema Künstliche Intelligenz und ihre Folgen von allen Seiten zu beleuchten. Zum Auftakt der gemeinsamen, facettenreichen KI und die Folgen-Reihe des Darmstädter Netzwerks für politische Bildung kommt die bundesweit renommierte Publizistin, Sachbuchautorin und KI-Expertin Dr. Manuela Lenzen (Lemgo) nach Darmstadt. Im Blickpunkt ihres Abendvortrags beim Darmstädter Netzwerk: „Künstliche Intelligenz – Was sie kann und was uns erwartet?“ am kommenden Mittwoch, 9. Oktober 2024, um 19.00 Uhr, in nr30, Nieder-Ramstädter Str.30. Künstliche Intelligenz gilt nicht mehr als ein ferner Zukunftstraum. Sie ist längst im Alltag angekommen, in der Arbeitswelt, in der Kommunikation und im Handel, aber auch in der Wissenschaft und in der Politik. Begleitet wird sie zugleich von großen Versprechungen und lauten Warnungen. Aber womit haben wir es eigentlich genau zu tun?
„Künstliche Intelligenz“ steht nicht für eine bestimmte Technik, sondern für ein ganzes Forschungsfeld, mit ganz unterschiedlichen Ansätzen. Derzeit macht vor allem die generative KI von sich reden, die Bilder und Texte erstellen, übersetzen und Dialoge führen kann (Stichwort: ChatGPT). Der Vortrag präsentiert die wichtigsten Ansätze der KI-Forschung, zeigt aktuelle Anwendungsfelder, fragt aber auch nach den gesellschaftspolitischen Folgen des Einsatzes der „klugen“ Technik. Ein gemeinsamer Abend des Darmstädter Netzwerks für politische Bildung (Volkshochschule Darmstadt, Wissenschaftsstadt Darmstadt, Ev. Erwachsenenbildung DA, Katholisches Bildungszentrum nr30, ASTA der HDA (Hochschule Darmstadt), ESG Darmstadt und KSG, Katholische Akademie Bistum Mainz, Außenstelle Darmstadt).
Zur Person: Die Philosophin Dr. Manuela Lenzen hat an der Universität Bielefeld im Fach Philosophie promoviert, lebt im Lipperland, schreibt als freie Wissenschaftsjournalistin und erfolgreiche Sachbuchautorin über Kognitionsforschung und Künstliche Intelligenz. Sie ist zudem in Teilzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld, wo sie für Wissenschaftskommunikation zuständig ist. Zahlreiche Buchveröffentlichungen und Beiträge u. a. für die „Frankfurter Allgemeine“ und die „Süddeutsche Zeitung“, für die „Frankfurter Rundschau“ und „Die Zeit“ zum Thema KI. 2018 erschien ihr vielbeachtetes Buch „Künstliche Intelligenz. Was sie kann und was uns erwartet“ (C.H. Beck Verlag).
Es folgen drei weitere spannende Darmstädter Netzwerk-Vorträge in der gemeinsamen KI und die Folgen-Reihe des Herbstes 2024: So spricht der Politik- und Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Thorsten Thiel (Univ. Erfurt) sodann am Montag, 4. November 2024, um 19.00 Uhr im Offenen Haus (Rheinstr.31) übers Thema „Künstliche Intelligenz: Eine Gefahr für unsere Demokratie?“
Danach nimmt der Dortmunder Physiker und Rüstungsexperte Dr. Jürgen Altmann am Mittwoch, 27. November 2024, 19.00 Uhr, die Frage in den Blick, welche Rolle die KI im Militärbereich und bei jetzigen und künftigen Kriegen spielt. Titel seines Darmstädter Netzwerks-Vortrags im Offenen Haus, Rheinstr.31: „Künstliche Intelligenz im Militär: Krieg durch Computer?“
Zum Finale der gemeinsamen KI und die Folgen-Reihe des Darmstädter Netzwerks für politische Bildung spricht sodann die Tübinger Philosophin Dr. Jessica Heesen am Mittwoch, 4. Dezember 2024, 19.00 Uhr, in nr30 zum Thema: „Warum KI eine gemeinwohlorientierte Ethik braucht. Wie wir die Herausforderungen der Welt der lernenden Maschinen meistern“. Ort der Veranstaltung ist nr30 (Katholisches Bildungszentrum, Nieder-Ramstädter Str.30).
Der Eintritt für alle vier Darmstädter Netzwerk-Vorträge der gemeinsamen „KI und die Folgen“-Herbstreihe vom 9. Oktober bis zum 4. Dezember 2024 ist frei, um Spenden zur Unterstützung der Arbeit des Darmstädter Netzwerks für politische Bildung wird aber gebeten.
Mehr Infos: www.darmstadt.de / www.darmstadt-vhs.de; www.nr30.de; www.dekanat-darmstadt.de; www.asta-hochschule-darmstadt.de; www.esg-darmstadt.de; www.ksg-darmstadt.de, www.ebh-mainz.de. Oder via E-Post: martin.frenzel@darmstadt.de und winfried.kaendler@ekhn.de