Gottfried Benn, dessen 50er Todestag im Jahr 2006 sich jährte, gehört unbestritten zu den größten Lyrikern in der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. In allen drei großen Phasen seines Schaffens hat er Bahnbrechendes im Bereich der Poesie und Poetologie geleistet: in der Phase des Expressionismus vor und nach dem ersten Weltkrieg, in der Phase seiner "inneren Emigration" in den 30er Jahren und im Jahrzent von 1945 bis 1955, in dem die Alterslyrik Benns, die "Statischen Gedichte" entstehen. Pastorensohn von Hause aus, setzt sich Benn während seines Medizinstudiums unter dem Einfluss von Darwin, Nietzsche und Spengler schon früh in radikaler Konfrontation mit der traditionellen Gläubigkeit bürgerlichen Christentums auseinander und artikuliert zugleich in zahlreichen seiner Texte exemplarisch das Lebensgefühl eines existentialistischen Ästhetizismus. Dennoch weisen zahlreiche seiner Texte Sprachfiguren und Motive aus der Welt der Religion auf, denen sich nachzugehen lohnt. Eine sensible, die Texte abhorchende Lektüre drängt sich auch schon deshalb auf, weil man den Denker Benn nicht ohne den Formkünstler Benn verstehen kann.
Das Seminar schließt in Form einer Exkursion den Ort mit ein, an dem Benn am 2. Mai 1886 in einem protestantischen Pfarrhaus zur Welt kam, Mansfeld/Brandenburg.