Gerade das vierte Evangelium fasziniert immer wieder durch seine Sprachgewalt und seinen spirituellen Reichtum. Gleichzeitig scheint es sich dem festen Zugriff aber auch eben dadurch zu entziehen.
Ausgehend von der Beobachtung, dass das Johannesevangelium überwiegend aus Dialogen besteht, hat Prof. Dr. Ludger Schenke die These entwickelt, es handle sich evtl. um eine Art Drama. Jedenfalls ein Text der gehört – und nicht zuerst gelesen werden will. Ein Text der Kommunikation abbildet. Aber: Diese Kommunikation im Geschehen zwischen Jesus und den verschiedensten Personen (Jüngern, Frauen und Männer, Juden, anderen Gegner) wirkt häufig gestört, ja im „Aneinander-vorbei-reden“ und „Sich-nicht-verstehen“ liegt oft gerade die Pointe eines Textes.
Als Leserinnen und Leser des Evangeliums haben wir hier eindeutig die bessere Position. Uns wird Verstehen – Erkennen zugetraut. „Durch die Vermittlung des Erzählers fangen die Hörer/Leser an, die Sprache Jesu zu verstehen, durchschauen sie die Missverständnisse und erfassen die tiefere Bedeutung. Durch ihn sind sie besser gestellt als die Jünger innerhalb der Handlung. Der Erzähler regt ständig die Aufmerksamkeit der Hörer/Leser an und versorgt sie mit Informationen, die die Personen der Handlung nicht haben.“ (Schenke, Das Johannesevangelium, S. 101)
Der Kurs lädt ein, sich von diesen Leseanregungen im gemeinsamen Lesen und Deuten lenken und beschenken zu lassen. Gleichzeitig werden wir versuchen, das Evangelium in Gruppen so einzuüben, dass wir es als Ganzes auch hören können.
Literatur:
Ludger Schenke, Das Johannesevangelium. Einführung – Text – dramatische Gestalt, 1992.
Ders., Das Buch Johannes, Roman des vierten Evangeliums, Düsseldorf 1997.
Ders., Johannes, Kommentar, Düsseldorf 1998.
