Eine Bistumsgruppe mit 135 Pilger/innen und zahlreiche andere Gruppen aus Pfarreien und Verbänden aus dem Bistum Mainz machten sich Ende Juli auf nach Krakau. Papst Franziskus hat die Stadt Johannes Pauls II. passend zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit als Ort für den diesjährigen Weltjugendtag ausgewählt. Während der Tage der Begegnung in den Diözesen Polens und der internationalen Tagen in Krakau erlebten die Pilger*innen ein eindrucksvolles Fest des Glaubens und der Begegnung.
Für die Bistumsgruppe ging es am frühen Morgen des 20. Juli in drei Reisebussen auf Pilgerfahrt. Ziel war nicht direkt Krakau, sondern vier Ortschaften in der Region Tychy im Erzbistum Kattowitz. Diese hatten uns - wie es Tradition geworden ist - im Vorfeld des internationalen Weltjugendtages zu sich zu Tagen der Begegnung eingeladen.
Schon die Begrüßung durch die Gemeinden ließ die Gastfreundschaft aufblitzen, die uns in den folgenden Tagen immer wieder begegnen sollte. Sie war der rote Faden der Tage der Begegnung und beeindruckte alle Mitfahrenden. „Wahnsinn, wie die uns begrüßt haben und was die immer aufgetischt haben - obwohl wir uns überhaupt nicht kennen" sagte zum Beispiel eine Teilnehmerin.
Auch das inhaltliche Programm der Tage war umrahmt von der Gastfreundschaft der Polen, die sich neben den kulinarischen Genüssen auch in einer bunten Programmgestaltung zeigte. Neben einer Museumsführung im Schloss Pless, das als ehemaliges deutsches Hauptquartier des deutschen Kaisers während des Ersten Weltkrieges die enge Verwobenheit Schlesien auch mit der deutschen Geschichte aufzeigte, standen viele interaktive Programmpunkte auf dem Plan. So besuchte eine Gruppe eine Einrichtung der Caritas, gestaltete mit Menschen mit geistiger Behinderung ein großes Banner und legte flotte Tänze aufs Parkett. Tänze waren auch gern gesehen bei den Gemeinschaftstagen in den Pfarreien, wo sich polnische und deutsche Jugendliche sowie auch Jugendliche aus anderen Ländern gegenseitig zum Tanzen aufforderten oder in lockerer Atmosphäre gemeinsam Lieder sangen. Spätestens da waren die stereotypen Bilder (und auch Vorurteile), die vor der Begegnung bei vielen Beteiligten vielleicht noch im Kopf waren, wie weggeblasen. Statt die Unterschiede zu betonen, wurde gemeinsam gesungen, gelacht und getanzt.
Ein besonderer Höhepunkt war das große Bistums-Event in Kattowitz selbst. Nach einem Pilgerweg zum Wallfahrtsort Piekary Śląskie waren alle Gäste des Erzbistums eingeladen, einem aufwendig gestalteten Musical zu Elija lauschen, mit Erzbischof Victor Skworc einen Gottesdienst zu feiern und im Anschluss daran den Abend inmitten zahlreicher Nationen bei Tanz und Polonaise ausklingen zu lassen. Hier wurde schon spürbar, was alle Pilgerinnen und Pilger dann in Krakau erwarten würde. Doch zunächst stand noch der Abschied in den Gastgemeinden an.
Auch wenn es nur sechs Tage in den Gemeinden waren und trotz der manchmal etwas schwierigen Kommunikationsmöglichkeiten mit den Gastfamilien, sind durch das gemeinsame Programm und die Unterbringung in den Gastfamilien persönliche Beziehungen entstanden, die sicherlich über den Weltjugendtag andauern werden. Die Erfahrungen der Gastfreundschaft und der entstandenen Vertrautheit machten den Abschied nicht leicht - vielleicht auch, weil noch unklar war, was die Pilgerinnen und Pilger in Krakau erwartet.
In der Stadt an der Weichsel herrschte Ausnahmezustand - im positiven Sinne. Der Weltjugendtag, die vielen Pilger/innen aus über 180 Nationen, der Papst und die Barmherzigkeit als Thema der Tage bestimmten die Tage in Krakau. Man konnte die betenden, singenden und tanzenden Pilgerströme nicht übersehen und überhören. Angefacht durch Papst Franziskus, der die Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufrief, Lärm und Wirbel zu machen, verwandelte sich die ehrwürdige Stadt in eine große Feiermeile. Auf dieser waren die Vielfalt und die Lebendigkeit der katholischen Kirche als weltweite Institution spürbar. Dies beeindruckte viele der Pilger/innen. „Dass so viele junge Leute zusammen waren, gibt mir Kraft", sagt zum Beispiel Alena Bell. Es werde spürbar, dass die Kirche nicht nur aus älteren Menschen besteht, sondern auch von vielen jungen Menschen getragen wird.
Neben diesen lebhaften, weltkirchlichen Eindrücken, bot der Weltjugendtag aber auch die Gelegenheit zur Ruhe zu kommen und persönliche Impulse für das eigene Leben aufzugreifen. Eine solche Gelegenheit waren die drei Katechesen mit verschiedenen Bischöfen in einer kleineren Kirche nördlich der Stadt Krakau. Der Mainzer Weibischof Bentz, der Erfurter Bischof Neymeyr und der Schweizer Jugendbischof Eleganti sprachen an den verschiedenen Tagen über verschiedene Aspekte der Barmherzigkeit und was das für jeden einzelnen heißen kann - welcher Zuspruch und welcher Anspruch dahinter steht. Im Nachgang dazu gab es Gelegenheit den Bischof dazu Fragen zu stellen. Für Daniela Hottenbacher waren das die „Highlights des Weltjugendtages. Da habe ich hilfreiche Impulse erhalten, wie ich im Alltag Barmherzigkeit üben kann."
Impulse setzten auch die Veranstaltungen mit Papst Franziskus. Wie kaum ein anderer versteht er es die jungen Menschen anzusprechen - egal ob bei seiner Ansprache bei der Begrüßungsfeier, dem gemeinsam gebeteten Kreuzweg, bei der Vigil oder beim Abschlussgottesdienst. „Er hat eine Art zu sprechen, da kannst du eine Stecknadel fallen hören - trotz Millionen von Menschen, die versammelt sind" ist auch Diözesanjugendseelsorger Mathias Berger von den Ansprachen des Papstes angetan. Aber nicht nur wie er es sagt - auch der Inhalt seiner Botschaft sei sehr beeindruckend: „Der Papst hat sehr deutlich seine Vision von Kirche und Gesellschaft vermittelt. Dabei hat er deutlich rübergebracht, dass er besonders auf die Jugend zählt." Statt es sich auf der Couch bequem zu machen, hat der Papst alle Jugendlichen und junge Erwachsene aufgerufen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, wichtige Entscheidungen selbst zu treffen und nicht immer nur andere die Entscheidungen treffen zu lassen.
Den Aufruf, die Couch zu verlassen, hatten die über eine Millionen Menschen, wörtlich genommen. Sie machten sich mit Isomatte und Schlafsack auf den Weg, um mit Papst Franziskus auf dem „Feld der Barmherzigkeit" außerhalb von Krakau die abendliche Vigilfeier zu feiern, unter freiem Himmel zu nächtigen und den abschließenden Gottesdienst mit allen anderen Pilgern feiern zu können. Viele empfanden diesen Abschluss auch als Höhepunkt der Tage in Polen: „Die Vigil hat bei mir Gänsehaut verursacht. Die Erfahrungen werden weiterschwingen" sagte zum Beispiel Alena Bell.
Alle die diese Erfahrungen auch mal machen möchten, können sich für den Sommer 2019 „Panama" notieren - dorthin hat Papst Franziskus jetzt schon eingeladen. Wer will denn da auf der Couch bleiben?