Eine Orgel kann - wie jede Anschaffung - nur dann dauerhaft Freude bereiten, wenn erstens die Materialien von einwandfreier Qualität sind, sie zweitens solide konstruiert ist, und sie drittens attraktive äußere und innere Werte besitzt. Betrachten wir unsere künftige neue Orgel diesbezüglich näher und nehmen wir heute exemplarisch ihr "Gehirn" und ihre "Fingernägel" unter die Lupe.
Das Spiel eines Organisten erreicht über Tasten, Pedale und die Traktur die Schaltzentrale, das Gehirn der Orgel. In der Marienkirche werden das vier ziemlich komplexe und hochpräzise Kastenkonstruktionen sein, die sogenannten Laden. In diesen Laden stecken die Pfeifen. Die Laden müssen als Gehirn der Orgel nun wissen, wann und in welcher Tonhöhe und Klangfarbe die entsprechenden Pfeifen mit Luft versorgt werden sollen. Das muss in einem heißen und schwülen Sommer ebenso reibungslos funktionieren wie in einem eiskalten und sehr trockenen Winter. Denn im Idealfall soll sich jahraus, jahrein neben dem Orgelbauer niemand für die Laden interessieren. Und damit fängt es an.
Wer sich definitiv nie für die Laden interessieren sollte, sind Holzwürmer und andere Schädlinge. Daher ist nicht jedes Holz geeignet, ganz besonders gut jedoch Eichenholz. Es muss zum richtigen Zeitpunkt geschnitten werden und mindestens neun Monate langsam trocknen. Das Eichenholz für unsere neue Orgel ist von ausgesuchter Qualität und zollt dem Umstand Rechnung, dass wir seit 2019 bis zur finalen Genehmigung durch das BO in Mainz nicht gerade überhastet unterwegs waren. Deshalb lagert es bereits seit etwa fünf Jahren in Kilian Gottwalds Werkstatt, wo es auf Stapellatten aufgeschnitten, langsam und vollständig austrocknen konnte. So wird vermieden, dass sich die Laden verziehen oder Risse bilden. Bei schwankender Temperatur und Luftfeuchtigkeit soll sich so wenig Spannung wie möglich im Holz entwickeln können.
Warum nun Eichenholz? Es enthält unter den heimischen Holzarten mit Abstand die meiste Gerbsäure. Gerbsäure hat einen herben Geschmack und wird daher von Tieren eher vermieden. Die Eiche schützt so ihre Rinde vor Wildverbiss und die Holzwürmer suchen sich andere, schmackhaftere Holzarten. Wegen ihrer antibakteriellen und antiviralen Wirkung wurde Gerbsäure aus Eichenrinde früher auch beim Gerben von Leder verwendet.
Allerdings hat Gerbsäure auch einen problematischen Aspekt beim Orgelbau: Sie greift Metalle an. Das ist ein Problem bei den Pfeifen, die sich an den Auflageflächen mit den Eichenholzladen langsam zersetzen würden. Zum Glück ist guter Rat hier nicht teuer, nur heiß.
Gerbsäure zerfällt bei hohen Temperaturen. Daher werden die Kessel, also die Trichter, in denen die Pfeifen stehen, mit einem heißen, kegelförmigen Eisen vorsichtig ausgebrannt. Die dünne Asche- und gerbsäurefreie Holzschicht wird damit zu einem glatten, luftdichten und anpassungsfähigen Schutzmantel für die empfindlichen Metallpfeifen.
Komplexität und Intelligenz können durchaus Attraktivität entfalten. Unmittelbar ansprechender sind oft Äußerlichkeiten wie die schönen Fingernägel - sprich die Registerwippen - unserer neuen Orgel. Anbei sehen Sie drei Beispiele in klein, in groß und in schön.
Die edel gestalteten Registerwippen unserer Orgel werden mit handbemalten Keramikschildern verziert. Diese werden in Gold gefasst und farblich zugeordnet zu Hauptwerk, Schwellwerk, zum Pedal oder zu den "Spielhilfen und klanglichen Erweiterungen".
Was sich hinter dieser letzten Kategorie verbirgt, erfahren Sie in einer der nächsten Folgen dieser Serie.
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Informationen zum Klang der einzelnen Register dort im "Flyer Pfeifenpatenschaften" zum Download.