Seelsorge in der JVA Weiterstadt

Seelsorge in der JVA Weiterstadt

Datum:
Sa. 1. Jan. 2005
Von:
Karl Hinsberger

In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Weiterstadt sind meistens mehr als 1000 Gefangene untergebracht. Es sind Menschen aus 70 Nationen, die dort auf ihren Strafprozess warten, oder ihre bereits verhängte Strafe antreten müssen.

Diese Menschen sind verheiratet, haben Kinder und Familien, Verwandte und Freunde, mit denen sie sich verbunden wissen, zu denen sich aber die Kontaktaufnahme und Gestaltung der Beziehung nur unter erschwerten Bedingungen gestalten lässt.

So haben sie im Monat nur zwei Stunden Gelegenheit zum Besuch und nur den Strafgefangenen ist es möglich jeden zweiten Monat ein Telefonat mit ihren Familien zu führen. Wie soll sich unter diesen Bedingungen jemand mit der Tat, die er begangen hat, mit der Schuld, die er auf sich geladen hat und mit den daraus resultierenden Konsequenzen auseinandersetzen können, wenn ihm das Gegenüber, der zuverlässige Partner, der vertraute Begleiter fehlt?

Selbstverständlich bemühen sich die Bediensteten, der Sozial- und Psychologische Dienst, um eine qualifizierte Betreuung der Inhaftierten, wobei die Aufgaben der Sicherung und Versorgung, der Verwaltung und Organisation sie oft schon über die Maßen in Beschlag nehmen.

In dieser Situation sind die Gefängnisseelsorger als Begleiter und Gesprächspartner sehr gefragt.

Die Seelsorger besuchen dort die Inhaftierten führen viele Einzelgespräche, begleiten den Menschen durch die extreme Lebenssituation des Gefangenseins, in der gerade auch die Frage nach Gott und seinem Willen sehr häufig gestellt wird, halten regelmäßige Gottesdienste und bieten Gruppen an (z. B. eine Musik- und eine Meditationsgruppe). Dabei ist das ganze Spektrum menschlicher Existenz, in den verschiedensten Facetten (z. B. Geburt eines Kindes oder Tod des Vaters; Schuld und Versöhnung) immer wieder Inhalt der Gespräche.

Allein in diesen wenigen Stichpunkten wird spürbar wie interessant und spannend, aber auch wie aufregend und belastend diese Tätigkeit im Gefängnis ist. Eine der größten Belastungen in diesem Dienst an den Menschen ist die Erfahrung, dass sehr viele, die darum bitten, trotz des großen Engagements der Dienste und der Seelsorger keinen Gesprächspartner oder Begleiter finden, weil die personellen Ressourcen nicht ausreichen, um auch nur annähernd die Nachfrage danach zu erfüllen.

Deshalb werden ständig Menschen gesucht, die bereit sind als ehrenamtliche Vollzughelfer in die JVA zu gehen, um dort Menschen zu besuchen und damit auch den Willen Gottes:
„Ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen"
(Mt 25,36) zu erfüllen.

Karl Hinsberger