Wir erwarteten Gastarbeiter, aber es kamen Menschen……“

KB-Kommentar (c) PG Heusenstamm
KB-Kommentar
Datum:
Do. 4. Mai 2023
Von:
Martin Weber

Dieser Satz stammt aus den sechziger Jahren, als die ersten „Gastarbeiter“ zu uns kamen. Die Pfingstaktion des Hilfswerkes Renovabis knüpft daran an und lenkt unseren Blick in diesem Jahr besonders auf die Menschen, die aus Osteuropa zu uns kommen. Das ist uns sehr nahe:

  • Viele Frauen – auch einige Männer - aus Osteuropa arbeiten in der häuslichen Pflege. Unser ganzes System würde kollabieren, wenn sich nicht Hunderttausende um alte und pflegebedürftige Menschen bei uns kümmern würden. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie segensreich diese Arbeit ist. Ohne sie könnten unzählige ältere Menschen nicht mehr zu Hause bleiben. Manchmal gehören sie fast schon zur Familie. Und sie bringen nicht nur ihre Kraft, sondern auch ihre Herzlichkeit ein. Familie, auch der Respekt vor dem Alter sind ihnen meist viel präsenter als es bei uns der Fall ist. Aber es ist ein Knochenjob: Monatelang von der eigenen Familie getrennt, in unklaren Verhältnissen arbeitend, zuweilen den Launen der unterschiedlichen Arbeitgeber ausgesetzt. Natürlich: Sie bekommen „gutes Geld“, aber das beantwortet nicht alle Fragen.

Um Geld ging es in den vergangenen Wochen auch den streikenden Lastwagenfahrern aus Osteuropa. Vordergründig. Denn natürlich wurden sie massiv ausgebeutet. Es ging ihnen deshalb auch um Rechte und Würde. Sie stehen stellvertretend für so viele billige Arbeitskräfte, die leicht „ersetzbar“ sind. Gerne machen wir davor die Augen zu, solange uns das nützt. Dazu zählt für mein Empfinden auch die Abwerbung „billiger“ Pflegekräfte.

Das Hilfswerk Renovabis schaut in diesem Jahr auf diese Menschen. Natürlich: Wir sind ein freizügiges Europa. Menschen dürfen ihr Glück dort suchen, wo sie es für sich als sinnvoll erachten. Immer gab es diese Wanderungsbewegungen, oft von der Not erzwungen. „Wir“ sind die Nutznießer dieser Not. Das muss man so klar sagen. Man kann das nicht so einfach ändern, so funktioniert die Welt nun einmal. Aber das entbindet uns nicht von Moral und Verantwortung: Diesen Menschen, die als Arbeitsmigranten zu uns kommen, Wertschätzung und Gerechtigkeit entgegenzubringen. Das verpflichtet uns als Einzelne, wie auch den Staat.

Eine letzte Anmerkung: Die Menschen, die aus Osteuropa zu uns kommen, sind überwiegend Christen. Wir können von ihnen in der Regel viel lernen. Von ihrem Familiensinn, ihrer Frömmigkeit, ihrem Glauben, den sie in der Regel auch nicht verbergen.