Pfarrer Timo Haas (c) Pfarrgruppe Oppenheim

Mitten in dem Meer von Finsternis, das in mir war, spürte ich plötzlich Seine Gegenwart.

Pfarrer Timo Haas
Datum:
Fr. 10. Apr. 2020
Von:
Pfarrer Johannes Kleene

Impuls zu Karfreitag von Pfarrer Timo Haas

„… hat sich auf meinen langen Wanderungen niemals eine Begegnung ereignet, die so unerwartet war wie diese eine.

Nach langem Kampf und schweren Strapazen kam ich auf einen schwierigen, abschüssigen Weg. Alles um mich herum wurde öde, jeder Schritt tat weh, und in mir wuchs der Wunsch, einfach liegenzubleiben und zu sterben. Der Himmel war finster, keine Sonne, kein Stern, nichts, was Licht in meine Seele hätte zaubern können. Rechts und links von mir waren steile Felswände, die mich anstarrten und sich über mich beugten wie die Wände eines Grabes. Die Dunkelheit war um mich – und sie war in mir. Da war nichts mehr, was noch Hoffnung verheißen hätte, nichts mehr, was noch ein Ziel war außer dem einen, das wir immer vermeiden. Nur der Weg, die Dunkelheit und der Tod waren da. Ich hatte kein Gefühl für die Zeit mehr, ich hatte keine Kraft in mir umzukehren, ich hatte nur noch den Gedanken an den nächsten Schritt auf diesem Weg in die tiefere Dunkelheit.

Schließlich hatte ich den Eindruck, dass der Weg ebener wurde. Anscheinend erreichte ich die Sohle dieses schwarzen Tales, aber es machte keinen Unterschied. Es gab nur die Finsternis, den Weg und am Ende den Tod.

Doch da war noch etwas.

Nein, nicht etwas, jemand. Mitten in dem Meer von Finsternis, das in mir war, spürte ich plötzlich Seine Gegenwart. Es war nicht so, als wäre Er jetzt plötzlich da. Es fühlte sich so an, als sei ich gerade aufgeschreckt und hätte Ihn jetzt erst bemerkt, obwohl Er schon lange zugegen war. Er brachte mir kein Licht, Er verscheuchte nicht die Dunkelheit, Er trug mich nicht aus der Schlucht heraus. Aber Er war da, und Seine Gegenwart war größer noch als die Finsternis. Diese Gegenwart kam aus Seinem Leiden. Er trug es mit sich, an sich. Seine Gegenwart war gefüllt davon – und sie war gefüllt von Seinem Sieg. Mitten in der Finsternis spürte ich in Ihm Seinen Sieg. Und da wusste ich, dass keine Dunkelheit dieser Welt und dieses Lebens mich von Ihm trennen können. Er ist der Sieger, selbst im Letzten noch. Es gibt keinen Ort, an den Er mich nicht begleiten kann. Es gibt keinen Weg, auf dem Er mich nicht ins Leben führen kann. Er hat tatsächlich alles mit uns geteilt – und alles erfüllt mit Seinem Sieg.

Ich ging meinen Weg weiter, und irgendwann stieg der Weg wieder an. Es dauerte, doch schließlich lag die Schlucht hinter mir. Ich war müde und zerschlagen, ich war erschöpft, Füße und Herz schmerzten. Doch seit dieser Begegnung bin ich nie wieder wirklich verzweifelt. Er teilt alles mit mir und noch im Letzten bin ich mit Ihm vereint.“

(Pfarrer Timo Haas)