Das seit 2015 bestehende Darmstädter Netzwerk für politische Bildung – ein gemeinsamer Zusammenschluss von Volkshochschule Darmstadt, Wissenschaftsstadt Darmstadt, Katholischer Erwachsenenbildung nr30 und Evang. Erwachsenenbildung Darmstadt und dem ASTA der HDA, neuerdings auch der Evang. Studierendengemeinde (ESG), der Katholischen Hochschulgemeinde (KSG) und der Katholischen Akademie Bistum Mainz, Außenstelle Darmstadt – startet seine neue Frühjahrsreihe 2025: „Weltmacht mit Widersprüchen: Indien. Zwischen Hindu-Nationalismus und Demokratie, Armut und High Tech, Tradition und Moderne“.
„Indien gilt nicht umsonst als größte Demokratie der Welt, aber auch als Weltmacht voller Widersprüche“, so der Tenor der sieben Veranstalter. Und weiter: „Das Darmstädter Netzwerk für politische Bildung hat sich in den zehn Jahren seines Bestehens seit 2015 zur Erfolgsgeschichte entwickelt. Was mit der Reihe Turbokapitalismus / Beschleunigte Gesellschaft“ („Zwischen Turbokapitalismus und Überfluss. Alternativen zu Beschleunigung und Wachstum“) begann, weist längst einen ganzen Reigen prominenter Referent:innen vor, der sich sehen lassen kann – von Oskar Negt, Ahmad Mansour, Christoph Butterwegge, Gerhard Trabert und Antje Boetius, Lamya Kaddor, Oliver Nachtwey, Richard Saage über Natalie Amiri, Adrian Geiges, Wolfgang Merkel und Nico Paech bis Wolfgang Thierse. Wir feiern unser zehnjähriges Jubiläum mit einem Indischen Fest.“
Schon Mark Twain, der Indien 1896 bereiste, wusste: „Indien ist die Wiege der Menschheit, der Geburtsort der menschlichen Sprache, die Mutter der Geschichte, die Großmutter der Legende und die Urgroßmutter der Tradition. Unsere wertvollsten und künstlerischsten Materialien in der Geschichte der Menschheit werden nur in Indien aufbewahrt.“
Auch das literarische Schaffen Hermann Hesses („Siddhartha“) wäre ohne die Kultur Indiens gar nicht denkbar. Die Faszination für Indien erfasste auch Darmstadt und Hessen, sorgte damals für großes Aufsehen: Im Juni 1921 besuchte Indiens Literatur-Nobelpreisträger Rabindranath Tagore (1861-1941) die Hauptstadt des Volksstaats Hessen, war Ehrengast des Großherzogs im Neuen Palais, sprach in Darmstadt vor Studierenden und Schüler:innen im Palais-Garten, aber auch bei Wilhelm Leuschner vor Arbeiter:innen und Gewerkschafter:innen im Darmstädter Gewerkschaftshaus - und gab dem Hessischen Volksfreund ein Interview. Indien fasziniert uns mit seiner facettenreichen Geschichte und Hochkultur seit jeher im Westen: Indien – das ist auch 5.000 Jahre alte Geschichte und Hochkultur, aber eben auch 200 Jahre britische, oft brutal ausgeübte Kolonialherrschaft, die mit der Gründung der Britischen Ostindien-Kompagnie begann. Längst ist die größte Demokratie der Welt, die sich 1947 vom britischen Empire befreite, die eigene Unabhängigkeit erkämpfte, heute über 1,4 Milliarden Einwohner:innen zählt, jedoch im 21. Jahrhundert angekommen. Zugleich bildet Bhārat Gaṇarājya, wie Indien auf Hindu genannt wird, eine Weltmacht mit Widersprüchen: Hie Tradition, dort Moderne, einerseits schreiende Armut und Slums, andererseits Wohlstand der neuen Superreichen von Mumbai, zum einen High Tech-Fortschritt, zum anderen das Kastensystem, das Verletzen von Frauenrechten, religiöse Konflikte zwischen Hindus und Muslimen.
Zum Auftakt der gemeinsamen, facettenreichen Indien-Reihe des Darmstädter Netzwerks für politische Bildung kommt die Indien-Historikerin und -Kennerin Dr. Maria Framke von der Universität Erfurt nach Darmstadt. Im Blickpunkt ihres Abendvortrags beim Darmstädter Netzwerk: „Neueste Geschichte Indiens: Von der britischen Kolonialzeit bis zur Demokratie 2.0 - Zwischen British Empire, Gandhi, Nehru und Modi“ am kommenden Mittwoch, 26. März 2025, um 19:00 Uhr, im Offenen Haus, Rheinstr.31.
Zwischen British Empire, Gandhi, Nehru und Modi - der Vortrag beim Darmstädter Netzwerk widmet sich im Kern der Frage: Wie wurde Indien, was es heute ist? Dies soll durch einen Blick auf die jüngere indische Geschichte vom späten 18. bis ins frühe 21. Jahrhundert geschehen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf zwei eng miteinander verbundenen Blickwinkeln: Den internationalen Begleitumständen, aber auch dem Entstehen und Verfestigen des indischen Nationalstaats. Diese zwei Dimensionen prägen die neueste Geschichte Indiens – von der Kolonialherrschaft des Britischen Empire, über die Unabhängigkeits- Bewegung um Mahatma Gandhi und die Dekolonisierung in der Ära Jawaharlal Nehrus bis hin zum postkolonialen Nationalstaat und der hindu-nationalistischen Ägide Narendra Modis. Ein Vortrag über eine junge Demokratie und die aufsteigende Weltmacht Indien mit ihren vielfältigen Problemen und Widersprüchen: Ein bis heute umkämpftes Projekt.
Zur Person: Privatdozentin Dr. habil. Maria Framke arbeitet als Historikerin für das moderne Südasien an der Universität Erfurt. Ihre Schwerpunkte liegen auf der Geschichte internationaler Organisationen, imperialer und nationaler Politik, Humanitarismus sowie Gender und Ideologien im 20. Jahrhundert. Aktuell erforscht sie nicht zuletzt die Geschichte indischer Frauen in ländlichen Entwicklungsprojekten von etwa 1920 bis in die 1970er Jahre (Projekt „Hidden Histories“). Im Wintersemester 2024/25 übernahm sie zudem eine Vertretungsprofessur an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg am dortigen renommierten Südasien-Institut. 2011 absolvierte Framke ihre Promotion an der Jacobs University Bremen. Ihre Doktorarbeit erschien 2013 in der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft (WBG) Darmstadt: „Delhi-Rom-Berlin: Die Indische Wahrnehmung von Faschismus und Nationalsozialismus 1922–1939“. Das Buch befasst sich mit dem Transfer faschistischer Ideen und Konzepte von Europa nach Südasien, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf den kolonialen Begleitumständen des Subkontinents liegt.
Es folgen vier weitere spannende Darmstädter Netzwerk-Vorträge in der gemeinsamen Indien-Reihe des Frühjahr 2025 und ein Jubiläumsfest zum Zehnjährigen des Darmstädter Netzwerks: So spricht der Berliner Politikwissenschaftler Dr. Christian Wagner von der Stiftung Politik und Wissenschaft nach der Osterferien-Pause am Mittwoch, 28. April 2025, um 19:00 Uhr in nr30 (Niederramstädter Str.30) zum Thema "Das neue Indien": Einheit vor Vielfalt“. Er nimmt das politische System in der Ära des Premierministers Narendra Modi in den Blick – befindet sich das Land unter seiner Regentschaft auf dem Weg zur Hindu-Nation?
Sein zehnjähriges Bestehen feiert das Darmstädter Netzwerk für politische Bildung (2015-2025) im Rahmen der Indien-Reihe mit einem Indischen Fest am Freitag, 9. Mai 2025: „Zehn Jahre Darmstädter Netzwerk für politische Bildung – Incredible India“ - Indischer Jubiläums-, Begegnungs- und Kulturabend der besonderen Art. Ort: Evangelische Studierendengemeinde (ESG), Alexanderstr.35, 19:00 Uhr Beginn. Das Darmstädter Netzwerk für politische Bildung feiert an diesem Abend sein zehnjähriges Jubiläum (gegründet im Frühjahr 2015) - gemeinsam mit der Dalit Solidarität in Deutschland und der Community Development Society (CDS) aus Anand, Gujarat, gibt es einen Abend der besonderen Art, voller Begegnungen, Berichte, Tänze und Bilder.
Es folgt am Mittwoch, 14. Mai 2025 um 19:00 Uhr ein Vortrags- und Gesprächsabend zum Thema Frauen in Indien – weiter widerständig. Es spricht Sina Rauch von der Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt e. v., Berlin im Offenen Haus, Rheinstr.31. Zudem live zugeschaltet aus Indien: Bishakha Bhanja, Indische National Alliance of Women (NAWO) und Rukmini Rao, Centre for World Solidarity (CWS) mit Berichten aus erster Hand.
Der Heidelberger Indologe Dr. Anand Mishra hält am Donnerstag, 22.Mai 2025, 19 Uhr, in nr30 (Niederramstädter Str.30) den Vortrag „Wenn sich Unveränderliches verändert“ - Einblicke in die heutige Kultur und Religion (Nord-)Indiens. Der Indien-Forscher widmet sich dem offenkundig tiefgreifenden Umbruch seines Landes, erörtert aber auch die Art der Veränderungswege.
Zum Finale der der Indien-Reihe des Darmstädter Netzwerks spricht Heinrich Rübeling von der Deutsch-Indischen Gesellschaft Darmstadt-Frankfurt über Zeitgenössische indische Literatur am Mittwoch, 11.Juni 2025, 19:00 Uhr, im Literaturhaus Darmstadt, Kasinostr.3. Der Referent stellt an diesem Abend einige literarische Werke kurz vor, beschäftigt sich vor allem mit den Romanen von Sanjeev (Mujhe Pehchano), Chitra Mudgal (Aawan), beides Werke auf Hindi, und Anuradha Roy (Ton für die Götter), auf Englisch verfasst.
Der Eintritt für alle fünf Darmstädter Netzwerk-Vorträge der gemeinsamen „Weltmacht mit Widersprüchen: Indien“-Frühjahrsreihe vom 26. März 2025 bis zum 11. Juni 2025 ist - wie auch fürs Indische Jubiläumsfest zum Zehnjährigen des Darmstädter Netzwerks – frei. Um Beiträge zur Unterstützung der Arbeit des Darmstädter Netzwerks für politische Bildung wird aber gebeten.
Mehr Infos: www.darmstadt.de / www.darmstadt-vhs.de; www.nr30.de; www.dekanat-darmstadt.de; www.asta-hochschule-darmstadt.de; www.esg-darmstadt.de; www.ksg-darmstadt.de, www.ebh-mainz.de. Oder via E-Post: martin.frenzel@darmstadt.de und winfried.kaendler@ekhn.de.
Ergänzt wird die Indien-Reihe des Darmstädter Netzwerks für politische Bildung wieder durch ein Film-Begleitprogramm des AlleWeltKinos – diesmal rund ums Thema Indien.
So laufen im Programmkino Rex jeweils montags folgende Filme: 31.03.2025, 20.15 Uhr: All we imagine as light, gefolgt von 05.05.2025, 20.15 Uhr: Schirkoa: In lies we trust, 12.05.2025, 20.15 Uhr: Don't worry about India, OmU, Dokumentation und zu guter Letzt: 19.05.2025, 20.15 Uhr: Once Upon A Time In Calcutta. Eintritt Kino: 6,50€; ermäßigt: 5,50 €.
WEITERE INFOS ZUR GEMEINSAMEN NEUEN INDIEN-REIHE DES DARMSTÄDTER NETZWERKS FÜR POLITISCHE BILDUNG IM FRÜHJAHR 2025:
Der Name Indien ist abgeleitet von Indus, dem längsten Fluss auf dem indischen Subkontinent, der in Indien entspringt und durch das heutige Pakistan fließt. Von 2500 v. Chr. an erblühte hier die erste Hochkultur der Indus, eine der ältesten Zivilisationen der Welt. Das moderne Indien weist viele Gesichter auf: Zwischen Hindu-Nationalismus und Demokratie, Armut und High Tech, Tradition und Moderne. Indien zählt heute 1,438 Milliarden Einwohner:innen – Tendenz steigend, ist ein großes Land in Südasien, dessen Vielfalt sich in seiner Landschaft widerspiegelt – von den Gipfeln des Himalayas bis zur Küste des Indischen Ozeans, ein Land mit fünftausendjähriger Geschichte. Indiens Hauptstadt Neu-Dehli ist als Großraum Dehli mit rund 32,9 Millionen Einwohner:innen die bevölkerungsreichste Stadt Indiens, die zweitgrößte Metropole des Landes, Mumbai, bringt es auf etwa 20,96 Millionen Einwohner:innen. 230 Millionen Inder leben in absoluter Armut. 15 Prozent der Bevölkerung gelten als chronisch unterernährt, die Kindersterblichkeit ist noch immer hoch, ebenso wie die Quote der Analphabeten. Sie liegt – trotz allen Fortschritts - bei 30 Prozent (350 Millionen Menschen). Zugleich verfügt Indien, das Land der vielen Gesichter und Gegensätze, über zahlreiche gut ausgebildete junge Fachkräfte. Indien im 20. Jahrhundert – das sind Mahatma Gandhi, Jawaharlal Nehru (Wegbereiter der indischen Verfassung) und Indira Gandhi. Heute, unter der autoritären Ägide Narendra Modis und seiner Bharatiya Janata Partei, fährt das Land einen zusehends (wieder) hindu-nationalistischen Kurs. Das multikulturelle und multireligiöse Indien entpuppt sich trotz krasser innerer gesellschaftlicher Gegensätze als kommende Supermacht des 21. Jahrhunderts neben China und den USA, als Zentrum der IT- und Nanotechnik, der Pharmazie, Medizin-, Nuklear- und Raumfahrttechnik, als Land, in dem die Zukunft schon begonnen hat. Indien heute – das ist auch der kulturelle Erfolg der blinden deutschen Hindu-Sängerin Cassandra Mae Spittmann, die in indischer Sprache singt – und in Indien auf Anhieb zum Social-Media-Star avancierte.
Grund genug, Indien, die neue Weltmacht mit Widersprüchen, von verschiedenen Seiten her in der neuen Frühjahrsreihe 2025 des Darmstädter Netzwerks für politische Bildung „Weltmacht mit Widersprüchen: Indien – Zwischen Hindu-Nationalismus und Demokratie, Armut und High Tech“ genauer auszuleuchten: Mit Vorträgen zur facettenreichen jüngeren Geschichte des Landes, aber auch zu Politik, Gesellschaft, Kultur und Literatur, Religions-Vielfalt, zum Hindunationalismus ebenso wie zu den Frauenrechten.
Das Darmstädter Netzwerk für politische Bildung feiert 2025 sein zehnjähriges Bestehen, gegründet im Frühjahr 2015 auf Initiative von Martin Frenzel. Alles begann mit der ersten Themen-Vortragsreihe „Zwischen Turbokapitalismus und Überfluss. Alternativen zu Beschleunigung und Wachstum“ im Herbstsemester 2015. Aktive Mitglieder im Darmstädter Netzwerks sind heute die Wissenschaftsstadt Darmstadt, die Volkshochschule Darmstadt, das Amt für Kommunikation, die Ev. Erwachsenenbildung Darmstadt, das Kath. Bildungszentrum nr30, der AStA der Hochschule Darmstadt HDA, die Evang. Stud.gemeinde (ESG), die Kath. Hochschulgemeinde (KHG) und die Kath. Akademie Bistum Mainz Abt. Darmstadt. Voranmeldung und Infos: martin.frenzel@darmstadt.de,www.darmstadt.de, winfried.kaendler@ekhn.de,www.dekanat-darmstadt.de; nr30@bistum-mainz.de, www.nr30.de, annette.wiesheu@bistum-mainz.de / www.bistummainz.de/bildung/akademie/;benn@esg-darmstadt.de (www.esg-darmstadt.de), tobias.sattler@bistum-mainz.de/ www.khg-darmstadt.de; www.asta-hochschule-darmstadt.de ; www.darmstadt-vhs.de.
Text: Martin Frenzel, Redakteur Öffentlichkeitsarbeit, Erinnerungskultur, Reden und Projekte, Amt für Kommunikation / Wissenschaftsstadt Darmstadt / Dezernat I