Am 16. März 2019 war es endlich soweit: Beim Betreten des Mainzer Doms begrüßten lebensgroße Porträts mit den Abbildungen von 11 Frauen die mehr als hundert Besucherinnen und Besucher. Offiziell eröffnet wurde die Vernissage von den Veranstalterinnen: isela Franzel von der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland-Diözesanverband Mainz, Hiltrud Lennert vom Katholischen Deutschen Frauenbund-Diözesanverband Mainz, Dr. Elisabeth Eicher vom Katholischen Bildungswerk im Bistum Mainz und Barbara Wolf vom Bischöflichen Ordinariat Mainz–Referat Erwachsenenseelsorge. In ihren kurzen Ansprachen lenkten die Organisatorinnen zunächst ihren Blick zurück auf die Geschichte des Frauenwahlrechts, das sich 2019 zum 100. Male jährte, den Equal Pay Day am 18. März und den Internationalen Frauentag am 8. März. Diese Ereignisse hatten sie zusammen mit dem beginnenden Bistumsprozess „Pastoraler Weg“ veranlasst, aktuell wirkende Frauen aus dem Bistum Mainz genauer in den Blick zu nehmen, was sie persönlich erreicht, erkämpft, bewirkt haben und wofür sie sich auch weiterhin einsetzen werden.
Elf plus ein leeres Porträt, das heißt insgesamt zwölf wurden ausgewählt, weil diese Zahl als magisch, mythisch, vollkommen, gerecht, erlöst und heilig gilt. Das zwölfte Plakat war leer geblieben, symbolisch für viele ungenannte Frauen, die in Kirche und Gesellschaft wirken, jedoch nicht sichtbar werden sowie für die vielen immer noch ungelösten kirchlichen und gesellschaftlichen Fragen der Gegenwart.
In vier Fragerunden stellte die sympathische Moderatorin Susanne Conrad, vielfach bekannt aus dem Fernsehen, sehr einfühlsam und sensibel Fragen nach dem persönlichen Glück, den Kraftquellen und Visionen der einzelnen Frauen.
Mit dabei waren Frauen aus klassischen Frauenberufen (Leiterin eines Caritas-Altenheims), Frauen in früheren Männerdomänen wie Bürgermeisterin, Verkehrsingenieurin , Betriebsratsvorsitzende in einem großen Pharmakonzern, Standesbeamtin; Frauen, die konsequent ihre Ziele verfolgen konnten, andere, die diese eher auf Umwegen erreicht haben; Frauen, die ihre Ziele auf Grund von gegebenen Strukturen besonders in der Kirche nicht erreichen konnten, eine junge Frau, die sich stark dafür einsetzt, in ihrem Leben für eine gerechte Behandlung von Frauen in der Kirche zu arbeiten und zu kämpfen; Frauen, die im familiären Betrieb erfolgreich sind und nebenbei noch ehrenamtlich in der Kirche wirken; Frauen, die sich eine geschlechtergerechte Bezahlung oder mehr Frauen in Führungspositionen in der Kirche wünschen.
Ihre Kraft schöpfen sie nach eigenen Angaben vor allem in ihren Familien, bei Freunden, aus ihrem Humor, gemeinsamen Unternehmungen religiöser und sozialer Art, im Garten und in der Natur, bei liebevollen Begegnungen, in der erfolgreichen Arbeit oder beim Besuch der Heimat , im Gott- und Urvertrauen.
Glück bedeutet für sie alle Gesundheit, Erfolg im Beruf, Rückhalt in der Familie, Zeit zu haben für die schönen kleinen Dinge des Lebens, Freiheit, das zu tun, was Spaß macht, ein kleines Lächeln oder eine Umarmung, Erfolge der Kinder in Schule, Beruf und Familie, Frieden mit sich selbst und im Umfeld.
Angesprochen auf ihre Visionen nannten die Frauen, gleichberechtigt in Kirche und Gesellschaft, nicht nur Lückenbüßerinnen zu sein, mehr Selbstbewusstsein, Mut zu haben, die Demokratie in unserem Land zu bewahren, Offenheit Andersdenkenden gegenüber zu zeigen. Außerdem wichtig sind ihnen die Bewahrung der Schöpfung, weniger Egoismus in der Gesellschaft, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Zeit für die schönen Dinge des Lebens. Am Ende wurde besonders packend von der notwendigen Veränderung in der Kirche gesprochen, die Leidenschaft der Frauen und das große Empfinden für die anhaltende Ungerechtigkeit durch den Ausschluss von Frauen aus allen Ämtern war mit den Händen zu fassen. Hier muss sich etwas ändern, darüber waren sich alle einig.
Sehr beeindruckend an der Veranstaltung war die Authentizität, mit der die unterschiedlichen Frauen ihren Standpunkt dargestellt und verdeutlicht haben. Dazu kam ein hohes Maß an Emotionalität, das die Zuhörerinnen sehr berührte.
Abschließend kann man sagen, dass das Projekt „Frauen Hoch 12“ im Dom zu Mainz durch die äußerst intensive Vorbereitung, die persönlichen Darstellungen der Frauen und die Präsentation an diesem besonderen Ort (trotz der winterlichen Temperaturen) bei den Zuhörerinnen sehr gut ankam und sicherlich in vielen Diskussionen in der Zukunft noch nachwirkt und vielleicht auch Neues bewirkt. Alle Besucherinnen bekamen zum Abschied einen kleinen Spiegel geschenkt, in dem sie sich selbst mit ihren Visionen, Stärken und Schwächen als zwölftes Porträt widerspiegeln können.
Gerne kann die Ausstellung zu Jubiläen oder anderen Gelegenheiten beim Referat Erwachsenenseelsorge in Mainz (erwachsenenseelsorge@bistum-mainz.de)von ausgeliehen werden.
Astrid Stäblein