„Gib mir die richtigen Worte, gib mir den richtigen Ton …“
An diesen Anfangsvers eines modernen Kirchenliedes musste ich denken, als ich die elektronische Version der Herbstausgabe 2024 des Magazins „frings“ des Hilfswerkes Misereor gelesen habe. Das Heft widmet sich ganz verschiedenen Aspekten von Sprache und erzählt, wie diese helfen kann, Selbstwirksamkeit zu erfahren und Identität zu bewahren.
Einer der berührenden Berichte stellt die Arbeit einer Mediengruppe in Indonesien dar. Ehemalige Wanderarbeiterinnen berichten auf Youtube-Videos von Ausbeutung und Gewalt bis hin zu moderner Sklaverei, die sie in ihren Arbeitsverhältnissen in Malaysia, Singapur, Saudi-Arabien oder Hongkong erlebt haben. Das Besondere an diesem Projekt ist, dass die zumeist älteren Wanderarbeiterinnen überhaupt das Wort ergreifen und über die Ausbeutung sprechen. Sie werden unterstützt von jungen Frauen, die die Videos drehen, und sie sprechen in ihrer jeweiligen Regionalsprache. Das ist wichtig: Denn von dieser Art der Ausbeutung sind oft bildungsferne Frauen gefährdet und können in einem Beitrag in der Regionalsprache besser erreicht und gewarnt werden. Und die ehemaligen Wanderarbeiterinnen finden in der eigenen Wohlfühlsprache die richtigen Worte, ihre Traumata zu beschreiben. Damit im Vielsprachenstaat Indonesien viele Menschen erreicht werden können, ergänzen Untertitel in der offiziellen Landessprache die Videos.
Neben diesem Bericht stellt „frings“ junge Menschen aus Kenia und Nigeria vor, die die sogenannten „Slang-Sprachen“ nutzen, um gegen Korruption zu musizieren.
Auf einer Doppelseite unter dem Titel „Zum Schweigen bringen“ stellt „frings“ dar, wie es international mit der Presse- und Versammlungsfreiheit steht. Weltweit ist diese nur für 170 Millionen Menschen garantiert, und der Handlungsspielraum sinkt.
Weitere Artikel informieren über den Kampf Indigener im Amazonasgebiet, die mit ihrem Territorium auch ihre Sprache und ihre Kultur schwinden sehen, die Sprachlosigkeit in Äthiopien angesichtes des Kriegs in Tigrey oder über den Vielsprachen- und Vielvölkerstaat Indien.
Die Kolumne „Schweigeminute“ am Ende des Heftes ermutigt, auch mal zu schweigen, wenn in schwierigen Situationen die Worte fehlen.
Die genannte Ausgabe des Magazins frings finden Sie auf der Internetseite von Misereor.