An alle Frauen und Männer und Kinder, die verbunden sind mit St. Maria Magdalena.
Sicher haben Sie in Ihrem Fotoalbum ein Bild wie das nebenstehende. Eine Erinnerung an die Feier der Erstkommunion.
An diesem Sonntag wäre es auch in unserer Gemeinde wieder soweit. Aber leider kam
Corona dazwischen; so werden die Erstkommunionfeiern wahrscheinlich auf den Herbst verschoben, wie sie schon lesen konnten.
Dennoch, wie wäre es heute in ihrem Album das Bild der Erstkommunion heraus zu suchen. Ein wenig den Erinnerungen an damals nachhängen. Wie war die Zeit damals? Wie erging es ihnen an diesem Tag? Möglicherweise haben sie dabei gemischte Gefühle: Spannung, Freude, erfüllt sein, nervös, aufgeregt, enttäuscht? Sie können auch darauf schauen, was sich aus dieser ersten Begegnung mit Christus in der Eucharistie für sie entwickelt hat.
Und denken sie an die Mädchen und Jungen und ihre Familien, die sich seit letztem Jahr auf diesen Tag vorbereitet und gefreut haben und nun enttäuscht sind und warten müssen. Vielleicht haben sie bei einem Gottesdienst eine Namenskerze eines
Kommunionkindes mitgenommen oder sie kennen ein Kind in ihrer Umgebung.
Dann bilden sie doch gedanklich, im Gebet oder durch einen Gruß mit dem Kind
eine Gemeinschaft (Communio).
Übrigens wussten sie:
Nach alter Tradition wird die Feier der Erstkommunion am Weißen Sonntag, dem ersten Sonntag nach Ostern, gefeiert. Dabei leitet sich der Name »Weißer Sonntag« von den weißen Gewändern als Sinnbild der Reinigung durch das Taufwasser ab, welche die Neugetauften in der Frühzeit des Christentums getragen haben. Seit dem 7. Jahrhundert trugen die erwachsenen Täuflinge die weißen Kleider von Ostern bis zum darauffolgenden Sonntag, in der sogenannten »Weißen Woche«.
ÖFFENTLICHE GOTTESDIENSTE
Im Moment ist nicht absehbar, wann wir wieder zu öffentlichen Gottesdiensten einladen können. Unsere Kirchen sind aber weiterhin täglich geöffnet. An dieser Stelle ein Dank an die Frauen und Männer, die gerade auch über die Kar-und Ostertage die Kirchen dem Anlass gemäß hergerichtet hatten und dafür sorgten, dass das Ostergeläut am Sonntag zu hören war.
HAUSGOTTESDIENSTE
Momentan gewinnt das Wort Jesu: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ eine tiefere, richtungsweisende Bedeutung für unser Verständnis von Kirche. Gehen wir auf eine neue Weise zu, unseren Glauben zu feiern und zu verkünden? Ich habe ihnen dazu einen Artikel mit Gedanken von Tomas Halik einem
bekannten tschechischen Theologen und Philosophen angehängt (Anlage 1). Er war vor der Wende im Untergrund zum Priester geweiht worden und nach dem Umsturz Berater von Präsident Havel.
Anregungen für den Hausgottesdienst:
Die biblischen Lesungen an diesem Sonntag sind:
Apostelgeschichte 2. Kapitel, Verse 42 -47;
1.Petrusbrief 1. Kapitel, Verse 3-9;
Johannesevangelium 20. Kapitel, Verse 19 -31
Gemeinsames Gebet:
Gotteslob 676 Abschnitt 7 Taufe; Gotteslob 677 Abschnitt 3 Glaube +4 Hoffnung
KERB in KÖNGERNHEIM
Leider muss in diesem Jahr die Kerb in Köngernheim ausfallen und damit auch der
ökumenische Gottesdienst. Rüdiger Torner, Gemeindereferent in St. Maria Magdalena, sendet ihnen seine „Hoffnungsideen“ mit – nicht nur für Einwohner*innen von Köngernheim geeignet (Anlage 2).
WAS UNS VERBINDET. WAS UNS BERÜHRT.
Spürbar und stützend war die Initiative von Yvonne Lorenz uns an Gründonnerstag und Karfreitag im Gebet miteinander zu verbinden. Dazu übernahmen Frauen und Männer der Pfarrei bestimmte Zeiten, in denen sie eine „Gebetswache“ zusagten. Vielen Dank dafür.
Wenn sie eine solche oder auch ganz anders geartete Idee, Initiative für unsere Pfarrei und Orte haben, dann teilen sie diese mit. Wir sorgen mit ihnen für die Verbreitung. Oder sie haben ein Wort, ein Bild, das Mut macht in diesen Zeiten.
Gedanken zum Evangelium des diesjährigen Sonntags finden Sie in dr Anlage 3.
Am Freitag, den 17. April haben wir im Kreis der Familien
Herrn Hans Kappler, Hahnheim
Herrn Dirk Müller, Köngernheim
beigesetzt. Der Herr schenke ihnen den ewigen Frieden und den Familien Trost.
Wir wünschen ihnen allen Gottes Segen. Bleiben oder werden sie gesund an Leib und Seele. Und wo wir sie unterstützen können, sind wir gerne dazu bereit.
Für die Leitungsverantwortlichen
Winfried Hommel, Pfarrer
Anlage 1
Tomáš Halík
Christentum in Zeiten der Krankheit
Unsere Welt ist krank. Ich meine damit nicht nur die Pandemie des Coronavirus, sondern
auch den Zustand unserer Zivilisation. Das globale Phänomen der Corona-Pandemie
macht dies deutlich. Es ist, biblisch gesagt, ein Zeichen der Zeit.
Viele von uns haben noch zu Beginn dieser ungewöhnlichen Fastenzeit gedacht, dass
diese Epidemie zwar einen kurzfristigen Blackout verursache, eine Störung der gewöhnlichen Abläufe der Gesellschaft, dass wir aber alles irgendwie überstehen werden
und dann bald wieder zum alten Modus zurückkehren könnten. Aber so wird es nicht
kommen. Und es wäre schlecht, wenn wir uns darum bemühen würden. Nach dieser
globalen Erfahrung wird die Welt nicht mehr die selbe sein wie vorher - und offensichtlich soll sie auch nicht mehr die selbe sein.
Es ist natürlich, dass wir uns in Zeiten einer Katastrophe zunächst für die zum Überleben
notwendigen materiellen Dinge interessieren. Aber es gilt weiterhin: „Der Mensch lebt
nicht vom Brot allein.“ Es ist nun an der Zeit, auch die tieferen Zusammenhänge dieser
Erschütterung der Sicherheiten unserer Welt in den Blick zu nehmen. Der unausweichliche Prozess der Globalisierung hat anscheinend seinen Höhepunkt erreicht:
Jetzt zeigt sich die globale Verwundbarkeit der globalisierten Welt.
Die Kirche als Feldlazarett
Welche Herausforderung stellt diese Situation für das Christentum, für die Kirche – also
einen der ersten „Global Player“ – und für die Theologie dar?
Die Kirche sollte so sein, wie sie Papst Franziskus haben möchte: „ein Feldlazarett“. Der
Papst meint mit dieser Metapher, dass die Kirche sich nicht in der bequemen „splendid
isolation“ von der Welt absondern sollte, sondern über ihre Grenzen hinausgehen und
denen helfen sollte, die physisch, psychisch, sozial und geistlich verwundet werden.
Dadurch kann sie auch dafür Buße tun, dass auch ihre Repräsentanten noch bis vor
kurzem Verletzungen von Menschen zuließen, sogar der wehrlosesten. Versuchen wir
jedoch, diese Metapher weiter zu denken - und sie noch tiefer mit dem Leben zu konfrontieren.
Wenn die Kirche ein „Lazarett“ sein soll, soll sie auf jeden Fall gesundheitliche, soziale
und karitative Dienste anbieten, wie sie das seit Anbeginn ihrer Geschichte tat. Die Kirche
soll jedoch wie ein gutes Krankenhaus noch weitere Aufgaben erfüllen: die Diagnose
(„die Zeichen der Zeit“ zu erkennen), die Prävention (Gesellschaften, in denen sich die
bösartigen Viren der Angst, des Hasses, des Populismus und des Nationalismus
verbreiten, zu immunisieren) und die Rekonvaleszenz (durch die Vergebung die Traumata
der Vergangenheit aufzulösen).
Leere Kirchen als Zeichen und Aufruf
Letztes Jahr brannte vor Ostern die Pariser Kathedrale Notre Dame nieder. Dieses Jahr
finden in der Fastenzeit in Hunderttausenden von Kirchen vieler Kontinente - und auch in
Synagogen und Moscheen - keine Gottesdienste statt. Als Priester und Theologe denke ich
über die leeren und geschlossenen Kirchen nach. Ich sehe sie als ein Zeichen Gottes und
als eine Aufruf.
Die Sprache Gottes in den Ereignissen unserer Welt zu verstehen erfordert die Kunst der
geistigen Unterscheidung, und diese setzt eine kontemplative Distanz zu unseren erregten
Emotionen und Vorurteilen, zu den Projektionen unserer Ängste und Wünsche voraus. In
Momenten der Katastrophe werden die „schlafenden Agenten eines bösen, rachsüchtigen
Gottes“ lebendig; sie verbreiten Angst und versuchen, religiöses Kapital für sich aus der
Situation herauszuschlagen. Ihre Vision von Gott ist schon seit Jahrhunderten Wasser auf
die Mühlen des Atheismus.
In Katastrophen-Zeiten suche ich nicht einen Gott, der wie ein zorniger Regisseur sich
hinter die Bühne unserer Welt gesetzt hat, sondern ich nehme ihn als Kraftquelle wahr, die
in denen wirkt, die in solchen Situationen eine solidarische und aufopfernde Liebe
erweisen - ja auch in denen, die dazu keine „religiöse Motivation“ haben. Gott ist eine
demütige und diskrete Liebe.
Ich werde jedoch die Frage nicht los, ob die Zeit der leeren und geschlossenen Kirchen für
die Kirche nicht einen warnenden Blick durch das Fernrohr in eine verhältnismäßig nahe
Zukunft darstellt: So könnte das in ein paar Jahren in einem Großteil unserer Welt
aussehen. Sind wir denn nicht genug gewarnt durch die Entwicklung in vielen Ländern, in
denen sich die Kirchen, Klöster und Priesterseminare immer weiter leerten und schlossen?
Warum machten wir für diese Entwicklung so lange äußere Einflüsse („den Tsunami des
Säkularismus“) verantwortlich und wollten nicht zur Kenntnis nehmen, dass ein weiteres
Kapitel der Geschichte des Christentums zu Ende geht, und es daher notwendig ist, sich
auf das nächste vorzubereiten?
Vielleicht zeigt diese Zeit der leeren Kirchen den Kirchen symbolisch ihre verborgene
Leere und eine mögliche Zukunft auf, die eintreten könnte, wenn die Kirchen nicht
ernsthaft versuchen, der Welt eine ganz andere Gestalt des Christentums zu präsentieren.
Zu sehr waren wir darauf bedacht, dass die „Welt“ (die anderen) umkehren müsste, als
dass wir an unsere eigene „Umkehr“ gedacht hätten - nicht nur an eine „Verbesserung“,
sondern an die Wende vom statischen „Christ sein“ zum dynamischen „Christ werden“.
Als im Mittelalter die Kirche die Strafe des Interdikts im Übermaß verhängte und in Folge
dieses „Generalstreiks“ des gesamten kirchlichen Apparats in vielen Regionen keine
Gottesdienste stattfanden und keine Sakramente gespendet wurden, begannen die
Menschen, eine persönliche Beziehung zu Gott, den „nackten Glauben“, zu suchen -
Laien-Bruderschaften und die Mystik erlebten einen großen Aufschwung. Dieser Aufschwung der Mystik hat bestimmt zur Entstehung der Reformationen beigetragen,
sowohl der von Luther, als auch der von Calvin, als auch der katholischen Reformation,
die mit den Jesuiten und der spanischen Mystik verbunden war. Vielleicht könnte auch
heute die Wiederentdeckung der Kontemplation die „synodalen Wege“ zu einem neuen
Reformkonzil ergänzen.
Aufruf zu einer Reform
Vielleicht sollen wir das jetzige Fasten von den Gottesdiensten und vom kirchlichen
Betrieb als einen kairos annehmen, als eine Zeit der Gelegenheit zum Innehalten und zu
einem gründlichen Nachdenken vor Gott und mit Gott. Ich bin überzeugt, dass die Zeit
gekommen ist, in der man überlegen sollte, wie man auf dem Weg der Reform
weitergehen will, von deren Notwendigkeit Papst Franziskus spricht: weder Versuche
einer Rückkehr in eine Welt, die es nicht mehr gibt, noch ein Sich-Verlassen auf bloße
äußere Reformen von Strukturen, sondern eine Wende hin zum Kern des Evangeliums,
ein „Weg in die Tiefe“.
Ich sehe keine glückliche Lösung darin, dass wir uns während des Verbots öffentlicher
Gottesdienste allzu schnell mit künstlichen Ersatzmitteln in Form von
Fernsehübertragungen von Heiligen Messen behelfen. Eine Wende hin zu einer
„virtuellen Frömmigkeit“, zum „Mahl aus der Ferne“ und das Knien vor dem Bildschirm
ist in der Tat eine seltsame Sache. Vielleicht sollen wir eher die Wahrheit des Wortes Jesu
erleben: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter
ihnen.“
Haben wir denn wirklich gedacht, dass wir den Mangel an Priestern in Europa mit dem
Import von „Ersatzteilen“ aus den scheinbar unergründlichen Lagern in Polen, Asien und
Afrika ausgleichen könnten, um die Maschinerie der Kirche am Laufen zu halten? Sicher
sollen wir die Impulse der Amazonas-Synode ernst nehmen, aber gleichzeitig einen
größeren Raum für den Dienst der Laien in der Kirche schaffen; vergessen wir nicht, dass
die Kirche in vielen Gebieten ganze Jahrhunderte ohne Priester überstand.
Vielleicht ist dieser „Ausnahmezustand“ nur ein Hinweis auf eine neue Form der Kirche,
von der es jedoch bereits in der Geschichte Präzedenzfälle gab. Ich bin davon überzeugt,
dass sich unsere christlichen Kommunitäten, Pfarreien, Kollegien, kirchliche Bewegungen
und Ordenskommunitäten dem Ideal annähern sollten, aus dem die europäischen
Universitäten entstanden sind: eine Gemeinschaft von Schülern und Lehrern zu sein, eine
Schule der Weisheit, in der die Wahrheit durch freie Disputation und durch tiefe
Kontemplation gesucht wird. Aus solchen Inseln der Spiritualität und des Dialogs kann
eine genesende Kraft für die kranke Welt hervorgehen.
Kardinal Bergoglio zitierte einen Tag vor seiner Wahl zum Papst eine Aussage aus der
Apokalypse: Christus steht an der Tür und klopft an. Er fügte hinzu: Heute klopft jedoch
Christus aus dem Inneren der Kirche an und will hinaus gehen. Vielleicht hat er das
gerade getan.
Wo ist das Galiläa unserer Zeit?
Schon viele Jahre denke ich über den bekannten Text Friedrich Nietzsches über den
„tollen Menschen“ nach (einem Narr, dem einzigen, dem es erlaubt ist, die Wahrheit zu
sagen), der den „Tod Gottes“ verkündet. Das Kapitel endet damit, dass jener „tolle
Mensch“ in die Kirchen ging, um dort das „Requiem aeternam Deo“ anzustimmen und
fragte: „Was sind denn diese Kirchen noch, wenn sie nicht die Gräber und die Grabmäler
Gottes sind?“ Ich gestehe ein, dass mich schon lange verschiedene Formen der Kirche an
kühle und prachtvolle Grabmale eines toten Gottes erinnern.
Dieses Jahr an Ostern werden wahrscheinlich viele unsere Kirchen leer sein. An
irgendeinem anderen Ort werden wir das Evangelium vom leeren Grab vortragen. Wenn
uns die Leere der Kirche an ein leeres Grab erinnern wird, sollten wir nicht die Stimme
von oben überhören: „Er ist nicht hier. Er ist auferstanden. Er geht euch voraus nach
Galiläa.“
Die Anregung zur Meditation für dieses seltsame Ostern lautet: Wo ist dieses Galiläa von
heute, wo können wir dem lebendigen Christus begegnen?
Soziologische Studien sagen uns, dass in unserer Welt die „Beheimateten“ weniger
werden (und zwar sowohl diejenigen Menschen, die sich völlig mit einer traditionellen
Form von Religion identifizieren als auch die Anhänger eines dogmatischen Atheismus)
und die „Suchenden“ mehr werden. Darüber hinaus steigt jedoch die Anzahl der
„Apatheisten“ - Menschen, die sowohl religiöse Fragen als auch traditionelle Antworten
gleichgültig lassen.
Die Hauptlinie der Aufteilung läuft nicht mehr zwischen denjenigen, die sich für Gläubige
halten und denjenigen, die sich für Ungläubige halten. „Suchende“ gibt es sowohl unter
den Gläubigen (das sind diejenigen, für die der Glaube nicht ein „ererbtes Eigentum“ ist,
sondern eher „ein Weg“), als auch unter den „Ungläubigen“, die religiöse Vorstellungen
ablehnen, die ihnen ihre Umgebung vorlegt, die jedoch trotzdem die Sehnsucht nach einer
Quelle spüren, die ihren Durst nach dem Sinn stillen könnte.
Ich bin davon überzeugt, dass dieses „Galiläa von heute“, wohin man gehen soll, um den
Gott zu suchen, der durch den Tod hindurch ging, die Welt der Suchenden ist.
Die Suche nach Christus bei den Suchenden
Die Befreiungstheologie lehrte uns, Christus bei den Menschen am Rande der
Gesellschaft zu suchen; es ist jedoch notwendig, ihn auch bei den Menschen zu suchen,
die in der Kirche marginalisiert sind; bei denen, die „nicht mit uns gehen“. Wenn wir als
Jünger Jesu dort eintreten wollen, müssen wir zunächst viele Dinge ablegen.
Wir müssen unsere bisherigen Vorstellungen von Christus ablegen. Der Auferstandene ist
durch die Erfahrung des Todes radikal verändert. Wie wir in den Evangelien lesen,
konnten ihn nicht einmal seine Nächsten und Liebsten erkennen. Wir müssen nicht gleich
alles glauben, was uns berichtet wird. Wir können darauf bestehen, dass wir seine
Wunden berühren wollen. Wo begegnen wir ihm heute übrigens mit größerer Gewissheit,
wenn nicht gerade in den Wunden der Welt und in den Wunden der Kirche, in den
Wunden des Körpers, die er auf sich genommen hat?
Wir müssen unsere proselytischen Absichten ablegen. Wir dürfen deshalb in die Welt der
Suchenden nicht eintreten, um diese schnellstmöglich zu „bekehren“ und sie in die
bestehenden institutionellen und mentalen Grenzen unserer Kirchen einzuengen Auch
Jesus, der „die verlorenen Schafe des Hauses Israel“ suchte, führte diese nicht in die
bestehenden Strukturen der damaligen jüdischen Religion hinein. Er wusste, dass man
neuen Wein in neue Schläuche einfüllen muss.
Wir wollen aus dem Schatz der Tradition, die uns anvertraut wurde, sowohl neue als auch
alte Sachen herausholen, um sie zum Bestandteil des Dialoges mit den Suchenden zu
machen; eines Dialoges, in dem wir voneinander lernen können und sollen. Wir sollen
lernen, die Grenzen unseres Verständnisses von Kirche radikal zu erweitern. Es reicht
nicht mehr aus, dass wir im Tempel der Kirche den „Vorhof für die Heiden“ großzügig
öffnen. Der Herr hat bereits „von innen“ angeklopft und er ist bereits hinausgegangen -
und es ist unsere Aufgabe, ihn zu suchen und ihm zu folgen. Christus ist durch jene Tür
hindurch gegangen, die wir aus Angst vor den anderen verschlossen hatten, er ging durch
die Wand, hinter der wir uns verschanzten, er öffnet uns einen Raum, vor dessen Breite
und Tiefe uns schwindelig wurde.
Gleich zu Beginn ihrer Geschichte erlebte die junge Kirche aus Juden und Heiden die
Zerstörung des Tempels, in dem Jesus gebetet und seine Jünger gelehrt hatte. Die
damaligen Juden fanden darauf eine mutige und kreative Antwort: Den Altar des
zerstörten Tempels ersetzte der Tisch der jüdischen Familie, die Opferbestimmungen
wurden durch die Bestimmungen zum privaten oder gemeinsamen Gebetes ersetzt, die
Brandopfer und die blutigen Opfer wurden ersetzt durch die Opfer der Lippen, der
Gedanken und des Herzens, das Gebet und das Studium der Schrift. Ungefähr zur selben
Zeit suchte das junge Christentum, das man aus den Synagogen vertrieb, seine neue
Identität. Juden und Christen lernten, auf den Ruinen der Traditionen das Gesetz und die
Propheten neu zu lesen und auszulegen. Sind wir in unserer heutigen Zeit nicht in einer
ähnlichen Situation?
Gott in allen Dingen
Als an der Schwelle des fünften Jahrhunderts Rom fiel, hatten viele eine schnelle
Erklärung parat: Für die Heiden war der Fall Roms die Strafe der Götter für die Annahme
des Christentums, und für die Christen war sein Fall die Strafe Gottes für ein Rom, das
noch nicht aufgehört hatte, die Hure Babylon zu sein. Der heilige Augustinus lehnte beide
Auslegungen ab: In dieser Umbruchszeit entwickelte er seine Theologie des ewigen
Kampfes der beiden „Reiche“ (civitates): nicht der Christen und der Heiden, sondern der
beiden „Lieben“, die im menschlichen Herzen wohnen: der Selbstliebe, der die
Transzendenz verschlossen bleibt (amor sui usque ad contemptum Dei) und der Liebe, die
sich hingibt und dadurch Gott findet (amor Dei usque ad contemptum sui). Ruft nicht
diese Zeit der Zivilisationsveränderungen nach einer neuen Theologie der gegenwärtigen
Geschichte und nach einem neuen Verständnis von Kirche?
„Wir wissen, wo die Kirche ist, aber wir wissen nicht, wo sie nicht ist“, lehrte der
orthodoxe Theologe Evdokimov. Vielleicht sollen die Worte über die Katholizität und den
Ökumenismus, die vom letzten Konzil ausgesprochen wurden, einen neuen und tieferen
Inhalt bekommen: Es ist die Zeit gekommen für einen breiteren und tieferen
Ökumenismus, für ein mutigeres „Suchen Gottes in allen Dingen“.
Diese Fastenzeit der leeren und schweigenden Kirchen können wir entweder nur als ein
kurzes Provisorium annehmen, das wir dann bald vergessen werden. Wir können sie
jedoch auch als kairos annehmen - als eine Zeit der Gelegenheit „in die Tiefen
hinabzusteigen“ und eine neue Identität des Christentums in einer Welt zu suchen, die sich
vor unseren Augen radikal verwandelt. Die gegenwärtige Pandemie ist sicher nicht die
einzige globale Bedrohung, die unsere Welt begegnet und noch begegnen wird.
Nehmen wir die kommende österliche Zeit als Aufruf zu einem neuen Suchen von
Christus an. Suchen wir nicht den Lebenden unter den Toten. Suchen wir ihn mutig und
ausdauernd und lassen wir uns nicht dadurch verwirren, dass er uns wie ein Fremder
erscheinen mag. Wir werden ihn erkennen an seinen Wunden, an seiner Stimme, wenn er
uns vertraut anspricht, an seinem Geist, der den Frieden bringt und die Angst vertreibt.
Tomáš Halík (Jahrgang 1948) ist Professor für Soziologie an der Karls-Universität in Prag, Präsident der Tschechischen Christlichen Akademie und Pfarrer der Akademischen Gemeinde Prag. In der Zeit der Kommunismus wirkte er in der „Untergrundkirche“. Er ist Träger des Tempelton-Preises und Ehrendoktor der Universität Oxford.
Aus dem Tschechischen übersetzt von Markéta Barth, Radolfzell.
Anlage 2
Liebe Kirchweihfreunde!
Liebe Kerbe-Gottesdienstbesucher*innen!
Letztes Jahr haben uns noch „Mensch-ärgere- dich-nicht“ Gedanken an diesem Tag eine Woche nach Ostern begleitet. Ich sagte: Als Menschen können wir uns grün und blau ärgern über so vieles. Als Christen können wir über diesen Ärger meist lächeln, weil wir ihn
annehmen können und wissen, einer trägt es mit uns. Und wenn wir es nicht schaffen sollten, trägt er es ganz allein.
Wer hätte nun gedacht, dass dieses Jahr unsere Kerb ausfällt. Aber es ist nur die Feier, die nicht stattfindet. Das „Spiel des Lebens“ geht weiter und „Ärger“ verspüren wir allemal. Deshalb dieser Kerbe-Gruß, der an der Sickingenhalle ab 10:00 Uhr am Sonntag abgeholt werden kann.
Im 1. Petrusbrief, 1. Kap. des heutigen Sonntags heißt es:
Hoffnung auf eine herrliche Zukunft
3 Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus! In seinem großen Erbarmen hat er
uns neu geboren und mit einer lebendigen Hoffnung erfüllt. Diese Hoffnung gründet sich darauf, dass
Jesus Christus vom Tod auferstanden ist.
4 Sie richtet sich auf das neue Leben, das Gott schon jetzt im Himmel für euch bereithält als einen
Besitz, der niemals vergeht oder verdirbt oder aufgezehrt wird.
5 Wenn ihr Gott fest vertraut, wird er euch durch seine Macht bewahren, sodass ihr die volle Rettung
erlangt, die am Ende der Zeit offenbar wird.
6 Deshalb seid ihr voll Freude, auch wenn ihr jetzt – wenn Gott es so will – für kurze Zeit leiden müsst und auf die verschiedensten Proben gestellt werdet.
7 Das geschieht nur, damit euer Glaube sich bewähren kann, als festes Vertrauen auf das, was Gott euch geschenkt und noch versprochen hat. Wie das vergängliche Gold im Feuer auf seine Echtheit geprüft wird, so wird euer Glaube, der viel kostbarer ist als Gold, im Feuer des Leidens geprüft. Wenn er sich als echt erweist, wird Gott euch mit Ehre und Herrlichkeit belohnen an dem Tag, an dem Jesus Christus sich in seiner Herrlichkeit offenbart.
8 Ihn liebt ihr, obwohl ihr ihn nie gesehen habt. Auf ihn setzt ihr euer Vertrauen, obwohl ihr ihn jetzt noch nicht sehen könnt. Und darum jubelt ihr mit unaussprechlicher und herrlicher Freude.
9 Denn ihr wisst, dass euer Vertrauen, euer Glaube, euch die endgültige Rettung bringen wird.
In Zeiten von Coronapandemie und Kontaktbeschränkungen sind wir natürlich voller
Hoffnung auf ein gutes Ende. Und der Verfasser spricht hier zweimal die Freude an.
Auch wenn wir auf die Probe gestellt werden, blickt er auf das große Ziel: die
Rettung des Menschen. Im biblischen Geschehen ist damit die Rettung aus dem Tod
gemeint, ein Hinein in das ewige Leben. Dass der Tod (mit Ostern) nicht das letzte
Wort über das Leben von uns Menschen hat, ist der Grund dieser tief empfundenen
Freude. Das vermindert nicht Ärger oder Leid, es klingt aber in unserem Leben
durch. Verzweiflung oder Mutlosigkeit weichen der Hoffnung.
So lade ich Sie ein, diese Hoffnung mit Sonnenblumenkernen umzusetzen. Erfreuen
wir uns, am Wachsen und wenn sich die Sonnenblume nach der Sonneneinstrahlung
ausrichtet …und sich täglich vor dem Schöpfer neigt. Und ich meine, dann die Freude
des Lebens spüren zu können.
Anlage 3 Gedanken zum Evangelium
Der gläubige Thomas
„Mein Herr und mein Gott“, sagt der Apostel Thomas, als er Jesus sieht, der vom Tod
auferstanden ist. „Mein Herr und mein Gott“ – das ist ein Glaubensbekenntnis. Jesus aber
antwortet mit der österlichen Seligpreisung: „Selig, die nicht sehen und doch glauben!“
Wem gilt diese Seligpreisung? Dem Thomas? Nein. Den anderen Aposteln? Auch nicht. Auch sie haben erst an die Auferstehung geglaubt, nachdem sie den auferstandenen Jesus gesehen haben. Sie mussten ihn sogar mehrfach sehen, bis sie glauben konnten. Da war Thomas schneller. Er hat schon beim ersten Sehen seinen Glauben bekannt. Im Vergleich zu den anderen ist er also der gläubige, nicht der ungläubige Thomas.
Wem gilt Jesu Seligpreisung? Uns! Denn wir glauben an den Auferstandenen, ohne ihn zu
sehen. Thomas wirkt auf viele Menschen sehr sympathisch. Weil er kritisch ist. Er will seine eigenen Erfahrungen machen. Er verlässt sich nicht blindlings auf das, was andere sagen. Als ihm die anderen Apostel erzählen, dass sie Jesus gesehen haben, sagt er ihnen glatt: ihr könnt mir viel erzählen, ich will ihn selber sehen, ich glaube nur das, was ich sehe. – Und so denken viele.
Aber damit kommt man letztendlich nicht weit.
Gerade wer kritisch nachdenkt, erkennt: Es gibt viele Dinge, die ich nicht sehe, die trotzdem wirklich sind. Ich habe noch nie Australien gesehen, aber Australien existiert. Wenn ich denen, die schon dort waren, nicht glaube, kann ich selbst hinfahren und mich überzeugen. Ich habe noch nie die Berge und Täler auf dem Mars gesehen. Es war auch noch keiner dort. Aber natürlich glaube ich der Wissenschaft, wenn Raumsonden Bilder vom Mars schicken. Ich habe nicht die Explosion des Riesensterns gesehen, von der die Nachrichten vor ein paar Tagen berichtet haben, ich kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass da eine Energie freigesetzt wurde, die eine 2 mit 26 Nullen TNT hatte. Zweifel an der Beobachtung der Astronomen gibt es aber nicht. Es gibt Vieles, was ich nie sehen werde, was ich mir nie vorstellen kann.
Der liebe Gott hat das Weltall geschaffen, er hat unseren Planeten und das Leben auf ihm
entstehen lassen, er hat gewollt, dass es mich gibt, er ist für mich Mensch geworden, er gibt mir ein kleines Stück Brot und spricht: „Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“ – Das Wunder der heiligen Kommunion werde ich nie begreifen können. Meine Augen werden dieses Wunder nie durchleuchten können. Ich kann nur mit Thomas sprechen: Mein Herr und mein Gott.
Wir vermissen die Gottesdienste, in denen wir die heilige Kommunion empfangen. Wir
hätten so gern wieder mit unseren Kommunionkindern an den Sonntagen nach Ostern
Erstkommunion gefeiert, wir müssen uns gedulden. Aber dem gläubigen Thomas
nachzueifern, müssen wir uns nicht gedulden, wir können jetzt und immer sprechen: „Mein Herr und mein Gott.“ – Und dann gilt uns die österliche Seligpreisung: „Selig, die nicht sehen und doch glauben!“