Schmuckband Kreuzgang

Gründungsgeschichte der katholischen Kirchengemeinde zu Kelsterbach

(aus der Schrift zum 100-jährigen Jubiläum der katholischen Kirchengemeinde Kelsterbach)

Nachdem um 1544 durch den Landesherrn die Reformation auch in Kelsterbach eingeführt wurde, gab es in den folgenden Jahrhunderten keine Katholiken mehr im Ort. Erst im 19. Jh. Änderte sich die Situation grundlegend und führte zur neueren Geschichte der katholischen Kirchengemeinde. Um 1830 lebten in Kelsterbach 930 Einwohner, davon waren 860 evangelisch, 46 jüdisch und nur 24 katholisch. Um 1890 stieg die Einwohnerzahl auf knapp 2.000, davon schon 130 Katholiken.1910 waren von 4.000 Einwohnern rund 600 katholisch. Diese Entwicklung der Einwohnerzahl ist verbunden mit der Industrialisierung des Rhein-Main-Gebiets. Aus den landwirtschaftlich geprägten Gebieten des Westerwaldes, der Rhön und der Pfalz zogen auch katholische Familien nach Kelsterbach, um in den neu entstandenen Fabriken Arbeit zu finden und hier eine neue Existenz aufzubauen. Kirchlich gehörte Kelsterbach damals zur katholischen Pfarrei Hassloch mit seiner kleinen Kirche, die aber zweieinhalb Stunden zu Fuß entfernt lag. Deshalb wurde der Wunsch nach einer eigenständigen Kirchengemeinde und einem katholischen Gotteshaus im Ort um die Jahrhundertwende immer lauter und schließlich mit Erfolg gekrönt. In der Chronik heißt es: „Am 4.9.1901 hat Seine Königliche Hoheit, der Großherzog, allergnädigst geruht, die Errichtung einer katholischen Religionsgemeinde zu Kelsterbach zu genehmigen.“Zunächst behalf man sich mit einem kleinen Betsaal, der im Hinterhof der alten Schule eingerichtet wurde. Hier fand am 1. November 1901 der erste katholische Gottesdienst seit der Reformation statt. Betreut wurde die Gemeinde von Hassloch aus, seit 1906 durch den ersten Rüsselsheimer Pfarrer Georg Metzger. Mit diesem Zeitpunkt beginnt auch die Planung für eine Kirche in Kelsterbach. Pfarrer Metzger ließ so genannte Bausteine dafür drucken und verkaufen. Er erhielt Geld vom Münchner Missionsverein, vom Bonifatiusverein in Paderborn, aus Köln und Mainz. 1910 wurde Kelsterbach zur Pfarrkuratie erhoben. Im selben Jahr konnte ein Grundstück für einen Kirchenneubau in den so genannten Niedergärten zwischen Bergstraße und Mainufer erworben werden. Im September begannen die ersten Bauarbeiten. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und der Kelsterbacher Vereine wurde am 14. Mai 1911 der Grundstein zur Herz-Jesu-Kirche gelegt und schon am 26.11.1911 konnte sie durch Domkapitular May benediziert werden. Die Baukosten betrugen 70.000 Mark. Das Gotteshaus wurde von August Greifzu, Architekt für kirchliche Baukunst in Mainz, entworfen. Er hatte für die Diözese Mainz schon mehrere neue Kirchen entworfen und wählte für Kelsterbach den neuen barocken Baustil, um in reizvoller Lage an der Mainschleife einen Gebäudekomplex mit Kirche, Sakristei und Pfarrhaus zu konzipieren. 1914 wurde Georg Metzger aus Rüsselsheim erster Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde in Kelsterbach und setzte sein segensreiches Wirken bis zu seinem Tode 1949 hier fort.   

Herz-Jesu-Kirche

Die Herz-Jesu-Kirche ist ein seltenes Beispiel des neubarocken Baustils der Jahrhundertwende im Rhein-Main-Gebiet. Kirchbaumeister August Greifzu aus Mainz (1873-1949) konzipierte sie als dreischiffige Basilika mit Apsis, angedeutetem Querhaus und quadratischem Chorseitenturm (Höhe 40 m). 1910/11 wurden nur vier Joche des Kirchenschiffs ausgeführt; zur Bergstraße hin war die Möglichkeit einer Verlängerung eingeplant. Um 1950 wurde aber nur eine kleine Eingangshalle angebaut. Das Innere der Kirche bietet noch heute eine einheitliche neubarocke Ausstattung. Der Hochaltar mit der Kreuzigungsszene stammt aus Tirol und kam ebenso wie der Seitenaltar und der heutige Zelebrationsaltar 1913 in die Kirche. Die Kanzel aus dem Jahr 1911 ist nach barocken Vorbildern geschaffen und stellt Jesus und die vier Evangelisten in den Brüstungsreliefs dar. Die Ausmalung der Kirche wurde 1928 vom Würzburger Kunstmaler Eulogius Böhler (1861-1943) ausgeführt. Die figürlichen Darstellungen sind noch alle erhalten. Das Bildprogramm umfasst die Geheimnisse des Rosenkranzes. Im Hauptschiff sind rechts drei Motive aus dem schmerzhaften Rosenkranz dargestellt. In den Deckengemälden überwiegen die Motive des glorreichen Rosenkranzes. Ergänzt wird die Bilderfolge durch ein Deckengemälde mit dem Erzengel Michael und einer Darstellung des Gleichnisses vom Pharisäer und Zöllner im Tempel über der Eingangstür. In den Seitenschiffen sind rechts in kleinen Medaillons die Heiligen Josef, Sebastian und Don Bosco dargestellt, links die Heilige Anna, Rita und Agnes. Die 14 Kreuzwegstationen wurden von einem unbekannten Kirchenmaler 1928 geschaffen.  

St. Markuskirche 

Das große Wachstum der Stadt Kelsterbach machte es erforderlich, dass auch südlich der Bahnlinie ein katholisches Gotteshaus gebaut wurde. Aus einem idealen rechteckigen Platz wurde neben dem Kindergarten St. Markus die Kirche mit Glockenturm errichtet und dann durch eine Jugend- und Gemeindezentrum ergänzt. Für den Kirchenneubau haben die Architekten Gg. Und Helmut Müller aus Kriftel/Ts. in ihren Entwürfen moderne Vorschläge vorgelegt. Wie ausgebreitete Hände stellt sich die Kirche mit einem frei schwebenden Dach dar. Die großen Fensterpartien zeigen farblich, wie auf der einen Seite die unerlöste Welt (blaue Farbe) durch das strahlende Kreuz erlöst auf der anderen Seite (rote Farbe) erscheint. Die Kirche ist dem hl. Markus geweiht. Das Wort des Evangelisten: „Alle suchen dich“ weist auf die Konzeption hin. Die Kirche bietet etwas 400 Gläubigen Platz. Eine Seitenkapelle und zwei Sakristeiräume umgeben sie. Etwa 850.000 DM kostete der Neubau mit Glockenturm, wobei die Gemeinde, die seit 1953 dafür gesammelt hatte, finanzielle Hilfe von der Diözese und der Stadt Kelsterbach bekam. Die Konsekration der Kirche fand am 19.12.1964 durch Kardinal Prof. Hermann Volk statt, das Amt zelebrierte Generalvikar Haenlein.