Gemeinde nahm feierlich Abschied von Pfarrer Winfried Klein

Abschied von Pfarrer Winfried Klein 2019
Abschied von Pfarrer Winfried Klein 2019
Datum:
Mo. 23. Sep. 2019
Von:
ml

Hunderte kamen am Sonntag, 22. September 2019, zum Gottesdienst, um Pfarrer Klein zu verabschieden – Nach 27 Jahren verlässt er die katholische Pfarrgemeinde St. Johannes der Täufer.

Abschied von Pfarrer Winfried Klein 2019
Abschied von Pfarrer Winfried Klein 2019

Die ersten waren schon am Altar, die letzten bückten sich noch, um die großen Fahnen sicher durch die Kircheneingangstür zu bekommen: 34 Messdiener zogen mit in die Kirche ein, als die Glocken an diesem Sonntag um 11 Uhr in der katholischen Kirche St. Johannes der Täufer zum Verabschiedungsgottesdienst von Pfarrer Winfried Klein läuteten. Pfarrer Jude Nnanna und Pfarrer Josef Chamik zelebrierten den Gottesdienst zusammen mit Pfarrer Klein, Pfarrerin Inka Gente sprach die Segensworte. Die Menschen standen bis vor der Kirchentür, um ihren Pfarrer zu verabschieden. Alle Sitzplätze waren belegt, weil rund 350 Menschen am Gottesdienst teilnehmen wollten.

Die Vorbereitung und auch den anschließenden Empfang hatte der Pfarrgemeinderat übernommen. Abrahams Berufung (Gen 12,1 f) und der Abschied Jesu (Joh 13,12-20) waren als Texte zu Lesung und Evangelium ausgewählt worden. Stefan Caspari, Mitglied des Pfarrgemeinderates, übernahm die Aufgabe, sie auszulegen. „Wir haben eben zwei Geschichten aus der Bibel gehört“, sagte er. „Diese beiden Geschichten scheinen zunächst nicht viel miteinander zu tun zu haben. Da ist auf der einen Seite Abraham. Das Buch Genesis beschreibt ihn als einen alten Mann – er könnte zufrieden sein, hofft, gesund zu bleiben und noch ein paar schöne Jahre zu verbringen. Dort, wo er wohnt, ist er angesehen. Er wird gerne um Rat gefragt, seine Meinung wird gerne gehört. Wahrscheinlich hat er einen differenzierten Blick auf die Dinge, bedenkt Vor- und Nachteile und bildet sich eine Meinung, ohne dogmatisch zu sein. Stammtischparolen sind ihm fremd. Er wird gerne zu Festen eingeladen, kann schöne Geschichten, kleine Schwänke aus seinem Leben erzählen und eine Festgemeinschaft zum Lachen bringen. Abraham hat auch gerne Gäste in seinem Haus. Der Eingang seines Zeltes steht für alle offen. Für jeden hat er ein freundliches Wort oder einen Becher Wein.“

 „Die Gemeinsamkeiten mit Pfarrer Klein sind stellenweise schon verblüffend“, sagt Maria Lorenz von der Gemeinde St. Johannes der Täufer.

„In dieses gut eingerichtete Leben von Abraham bricht Gott hinein und sagt ihm, dass er in ein fremdes Land ziehen solle. Er muss alles verlassen, Freunde, die ihm ans Herz gewachsen sind, muss überlegen, was er mitnehmen kann. Aber er vertraut Gott und weiß sich von ihm getragen“.

„Der zweite Text, die Fußwaschung, verdeutlicht die dienende Haltung Jesu. Auch er weiß sich von Gott gehalten, weiß, dass er ihm vollkommen vertrauen kann. Er ist für alle da, nicht von oben herab, sondern mitten unter uns Menschen“.

Immer geholfen, ohne Dank zu erwarten

„Auch Pfarrer Klein holte jeden ab, egal in welcher Lebenssituation derjenige gerade war, ohne zu werten oder zu maßregeln“, sagt Lorenz. „Manchen kam dabei wohl auch der Gedanke, ob es wirklich sein muss, dass man Ausgegrenzte aufnimmt oder Asylbewerbern ein Dach über dem Kopf bietet und sich dann vielleicht noch ausnutzen lässt. Aber genau das macht Pfarrer Klein aus – Hilfestellung, ohne eine Gegenleistung zu erwarten“, weiß Lorenz, und erzählt eine weitere Episode, die zeigt, wie Pfarrer Klein in Weiterstadt gewirkt hat: „Gerade eben, beim Schreiben dieser Zeilen, kam eine Familie aus London ins Pfarrbüro. Sie wollte sich anlässlich eines Deutschlandbesuchs bei Pfarrer Klein für die Unterstützung vor einem Vierteljahrhundert bedanken, ein Eckstein ihrer Zeit in Weiterstadt.“

Begnadeter Seelsorger, der Halt gibt

Und so hört man ganz viele Erzählungen von Begegnungen, bei denen er sich vorurteilsfrei um die unterschiedlichsten Anliegen gekümmert hat. Er ist ein begnadeter Seelsorger und hat vielen Menschen Wurzeln und Halt im Glauben gegeben, vielen auch dazu verholfen, Wurzeln und Halt im Glauben gegeben, vielen auch dazu verholfen, Wurzeln  im Leben zu schlagen oder in einer ausweglosen Situation wieder Licht am Ende des Tunnels auszumachen.“

Auch beim Blick auf die Gottesdienstbesucher entdeckte man einige, die der Pfarrer beim Studium oder auf dem Weg ins Berufsleben unterstützt hat, egal, woher sie kamen und ob sie zur Gemeinde gehörten oder nicht. „Er verstand es, trotz aller Verschiedenheiten Menschen wirklich zusammenwachsen zu lassen. Er gab ihnen viele Freiheiten mit allen Vor- und Nachteilen, und in dieser Vielfalt wurde auch sein Abschiedsgottesdienst gestaltetet“, sagt Lorenz. Fürbitten, Dankgebete – überall waren unterschiedliche Gruppierungen eingebunden und Mitglieder des Frauenkreises wurden kurzfristig zu Messdienerinnen, die die Gaben zum Altar brachten.

Sogar eine professionelle Sängerin, Gundula Braum, ließ es sich nicht nehmen, Pfarrer Klein zu verabschieden, und der Chor Crescendo unter der Leitung von Stefanie Englert und Martin Sedlatschek sowie die Kindergartenkinder gestalteten den Gottesdienst musikalisch mit. David Meyer und Carolin Wehrle überreichten Pfarrer Klein den Georgs-Pin, eine Auszeichnung der Pfadfinder auf Bundesebene für seine besonderen Verdienste als Kurat (geistlicher Begleiter) für die DPSG Weiterstadt. Diakon Alexander Rudolf überbrachte seine Wertschätzung im Namen der JVA Weiterstadt: Wahrscheinlich ist Pfarrer Klein nun der einzige Priester, der eine Stola hat, die aus alten Hemden der Gefängnisinsassen genäht wurde.

Ganz zum Schluss überreichte Dr. Winfried Bulach, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates, das Geschenk der Pfarrgemeinde – eine große Kiste, in der sich viele Grußworte von zahlreichen Pfarrmitgliedern befanden, viele schöne Erinnerungen, wie er sagte. Sie können Pfarrer Klein auch auf eine der Reisen begleiten, dem Geschenk, das er von der Pfarrgemeinde erhielt. Viele steuerten dazu kleine und große Beträge bei und ein lang gehegter Wunsch des Pfarrers kann nun in Erfüllung gehen: eine Reise nach Ägypten, einem Land, das ihn schon seit seiner Kindheit fasziniert. Es blieb auch noch Geld übrig für eine Reise in die Mönchsrepublik Athos, wo ihm der Eintritt vor Jahren verwehrt war – die maximale Zahl von zehn Besuchern pro Tag war erreicht. Und ausruhen kann er sich dann im Kloster Arenberg – auch dafür war noch Geld da. Reiseleiter ist Winfried Bulach, der mit Pfarrer Klein die genauen Reisedaten zusammenstellt und darauf achtet, dass die Fahrten wirklich ihm selbst zugutekommen.

Pfarrer Klein hat sich bei allen für die schöne Zeit bedankt, dass es viele bereichernde Begegnungen gegeben hätte und dass es ihm nach so langer Zeit natürlich nicht ganz leicht falle, zu gehen. „Und dann sagte er noch scherzhaft, wenn er nach zwei Jahren von all seinen Reisen zurück sei, würde er sich wieder in Weiterstadt melden“, fasst Lorenz den Dank Kleins zusammen.

Über 1100 Taufen und 250 Trauungen

Bei seiner späteren Rede im Pfarrgarten stellte Winfried Bulach dann fest, dass Pfarrer Klein während seines Wirkens in Weiterstadt von 1992 bis 2019 über 1100 Kinder und Erwachsene getauft, mehr als 250 Paare getraut und mehr als 850 Menschen auf dem letzten Weg begleitet hat. Er bedankte sich auch bei allen, die gekommen waren, viele langjährige Wegbegleiter waren da, auch Vertreter der politischen Gemeinden wie der frühere Büttelborner Bürgermeister Andreas Rotzinger. Der Weiterstädter Bürgermeister Möller wies in seinen Worten darauf hin, welche wertvolle Stütze Pfarrer Klein schon seit Beginn im ökumenischen Arbeitskreis Asyl war und dankte ihm herzlich für sein Engagement. Vieles hätte man in dieser guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Stadt und den kirchlichen Gemeinden gut regeln und voranbringen können.

Treuer Mitstreiter in der Ökumene

Für die langjährige gemeinsame Arbeit im Arbeitskreis Asyl bedankte sich auch Pfarrer Hartmut Stiller im Namen der evangelischen Gemeinden. In allen Bereichen der Ökumene sei Pfarrer Klein ein treuer Mitstreiter, mit dem er schon viele ökumenische Gottesdienste, Andachten, wie beispielsweise im Braunshardter Altenheim, Feste und Dienstgespräche auf den Weg gebracht und gestaltet hätte. Bei gemeinsamen Trauungen musste man nicht mehr groß planen, jeder wusste, dass er auf den anderen zählen konnte. Er wäre fast gleich lang hier in Weiterstadt tätig wie Pfarrer Klein und hätte gerne noch ein paar Jahre mit ihm zusammengearbeitet.

So sagten im Pfarrgarten bei prächtigem Kaiserwetter zahlreiche Menschen persönlich Lebewohl, viele mit Wehmut, aber auch mit Dankbarkeit, 27 Jahren lang so einen großartigen Pfarrer gehabt zu haben.