Schmuckband Kreuzgang

Fastnachtspredigt 2022 von PR David Haub

Friedenslicht in der Kirche Büdesheim (c) David Haub
Friedenslicht in der Kirche Büdesheim
Datum:
So. 27. Feb. 2022
Von:
David Haub

Hier finden Sie die Predigt von Pastoralreferent David Haub aus den Fastnachtsgottesdiensten in Büdesheim zum Nachlesen.

Die Predigt in voller Länge

Schwestern und Brüder, groß und klein,
ich freu‘ mich, heut‘ bei euch zu sein.
An Fassenacht, ihr wisst es schon,
da ist es gute Tradition,
dass – nicht nur hier in Büdesheim –
die Predigt mal ertönt im Reim.

So war geplant mal der Beginn,
doch wenn ich in die Welt schau hin,
wird mir doch eher angst und bange.
Drum muss ich anders jetzt anfange‘.

Ganz geschockt ist noch die Welt.
So hat sich keiner vorgestellt,
dass nicht das Virus, das so schlimme,
tut mehr die Nachrichte‘ bestimme.

Krieg in Europa – ‘s erste Ma‘
seit ganze 75 Jahr‘.
Wer kann denn heut‘, so könnt' ich fragen,
an so ‘nem Tag es gar noch wagen,
zu feiern fröhlich Fassenacht?
„Humor ist, wenn man trotzdem lacht?“
Bleibt nicht den Narren und den Jecken
„Helau“, Lachen im Halse stecken?

Doch eines hat, ihr wisst es schon,
an Fassenacht auch Tradition:
der Narr, der sich selbst und der Welt
den Spiegel auch einmal vorhält.

Drum hab ich, ‘s wär ja auch gelacht,
den Spiegel einfach mitgebracht.

"Halt den Narrenspiegel dir vors Gesicht.
Bist du das wirklich, ist das denn noch dein Ich?
Bunt bemalt mit Farben, so funkelnd und schön.
Einmal im Jahr kann sich ein Narr so sehn."1

So beginnt – wer kennt ihn nit? –
ein sehr berühmter Fastnachts-Hit.

Ja, so ein Spiegel, der is‘ fein.
Schau ich einmal da hinein,
so seh‘ ich, ob ich’s will, ob nicht,
stets mein eigenes Gesicht.
Und denk‘ mir manchmal, welch ein Graus:
„Mensch, wie siehst denn du heut‘ aus?!“

Doch Spaß beiseite, was ich seh‘
gehört zu mir wie eh und je:
Alle Formen, alle Farben,
Verletzungen oder auch Narben,
alles Schöne, Sanfte, Zarte,
Grobe, Kantige und Harte.
Das alles, das ist mein Gesicht.
Der Spiegel, ja, er zeigt doch mich!

"Doch der Narrenspiegel zeigt nicht nur dich,
spiegelt der Welt oft das wahre Gesicht.
Graue Schattenbilder auch die kann man seh‘n,
v
on Narren, die so vieles nicht versteh‘n."1

Da ist der Spiegel für die Welt,
den der Narr ihr gern vorhält.
Und wenn in diese Welt ich schau‘,
dann denk ich manchmal: Ja genau!
Da gibt’s schon so paar Kandidate‘,
die täten auf ‘n Spiegel warte‘.

Wer Fröhlichkeit in Leid verwandelt,
Kinder nicht schützt, sondern misshandelt,
wer lügt, betrügt und Fake News streut,
wer Menschen und Natur ausbeut‘,
sich selbst nur sieht und andre nit,
Menschenrechte mit Füßen tritt,
den frag ich, find ich‘s auch nicht schön:
„Kannst du noch in den Spiegel seh‘n?“

Doch ganz besonders dieser Tage
muss ich einmal hier Klartext wage‘
und deutlich einen kritisier’n,
der hier tut Chaos fabrizier‘n,
der ignoriert Diplomatie
und Krieg beginnt, so dreist wie nie,
der Völkerrecht tut dauernd breche‘
und Existenzrechte abspreche‘,
von „Entnazifizierung“ redet,
doch Frauen, Männer, Kinder tötet,
behauptet, Frieden zu erhalte‘,
doch eigentlich bringt nur Gewalte‘,
„Verteid’gung“ brüllt und Angriff tut.
Auf den krieg‘ ich so richtig Wut.
Die Rede ist – ihr all‘ ihn kennt –
von Putin, Russlands Präsident.
Auch den würd‘ ich am liebsten frage‘:
„Kannst du es eigentlich ertrage‘,
vor einen Spiegel mal zu geh‘n
und dort dich selbst noch anzuseh’n?“

Das Beispiel Putin ist extrem.
Doch davon einmal abgeseh’n
hab ich noch and’re angeführt
und sie verbal gar kritisiert.
Drum könnt‘ man meinen großen Reden
durchaus auch mal entgegentreten:
„Kehr doch vor deiner eig‘nen Tür.
Bist du ein Unschuldslamm denn hier?“

An dieser Stell‘ folgt jetzt der Blick
zum Evangelium zurück.
Das Bildwort Jesu sagt es klar:
„Warum siehst du den Splitter gar
beim ander‘n, doch das eig’ne Brett,
das siehste lieber erst mal net?“
Ein wenig platt gesagt und grob:
Manchmal haste ein Brett vorm Kopp!

Da ist so‘n Spiegel richtig klasse,
tu ich mir’n selbst vorhalte‘ lasse‘
als Sehhilfe für manches Brett,
denn ohne Spiegel seh‘ ich‘s net.

Klingt nach erhob’nem Zeigefinger,
Moralkeule und solche Dinger.
Der schlechte Mensch und Sünder immer,
der kleine Wicht – und noch viel schlimmer:
Wer nicht perfekt sein Leben führt,
irrt, wenn er andre kritisiert.
Denn hat er selbst vor’m Kopf ein Brett,
dann ist das Kritisier’n nicht nett.
Dann sitzt er unterm Glashaus drunter,
und wirft mit Steinen, frech und munter.
Nur wer kein‘ Makel tut rumtrage‘,
darf in der Welt auch mal was sage‘.
Zack, bumm ist mundtot mer gemacht –
und sowas heut‘ an Fassenacht!

Doch das ist nur der erste Blick.
Geh’ mer noch mal zum Text zurück,
will Jesus, wenn genau wir schau‘n,
mit Moralkeulen niemand verhau’n.
Denn er spricht deutlich und klar
im eig’nen Aug‘ vom Balken gar!
Nen Splitter hat der andre nur –
jetzt geht’s der Sache auf die Spur:
Der Balken hier, der Splitter da,
das ist doch das Problem, ganz klar!

Hab auf dem Kerbholz ich sehr viel,
dann ist’s vielleicht ein kluges Spiel,
wenn ich nicht mit Traraa und Krach
mich zum Moralapostel mach.
Notiz am Rande: Wir ihr wisst,
meint das nicht nur mein‘ eig’ne‘ Mist.
Gesellschaft, Kirche, Politik
sind klug beraten auch ein Stück,
wenn sie, anstatt sich auszuruh’n,
das auch beherzige‘ mal tun.

Wer aber ganz normal tut lebe‘ –
Fehler vermeide‘, Glück erstrebe‘ –,
muss sich also bei diesem Spiele
hier gar net angesproche‘ fühle‘.
Denn wer ist immer tadellos,
verhält sich ausnahmslos ganz groß?
Niemand! Doch wenn wir schauen hin,
hat Jesus das auch nicht im Sinn.
Denn Splitterträger sind ok,
so sind wir Menschen eh und je.
Und Jesus liebt uns wie wir sind,
drum sind wir ja auch Gottes Kind.

Dem Narr mit Spiegel sag ich eben:
Nicht Perfektion musst du erstreben.
Musst nicht fehlerfrei selbst heißen,
um auf Misständ‘ hinzuweisen.
Als Mensch darfst du in ernster Sache
vom Spiegel auch Gebrauch mal mache‘.
Und doch denk‘ an den Rat, den kluge,
dein Aug‘ nach Brettern abzusuche‘.

So ist das mit dem Spiegel, ja,
ihr liebe, holde Narrenschar.
Vorhalte‘ und vorhalte‘ lasse‘,
wer beides kann, dem geht es klasse.
Der kann über sich selber lachen,
auch wenn er mal tut Fehler machen.
Er kann mal seine Meinung sagen,
auch andrer Leute Sicht ertragen.
Und das ist doch, wenn ich’s bedenk‘,
von Gott ein riesiges Geschenk.

Denkt dran, wenn ihr, ob früh, ob spät,
das nächste Mal vorm Spiegel steht.
„Ich weiß, ich bin nicht ganz perfekt,
hab‘ manchen Balken schon entdeckt.
Doch bin ich gut, so wie ich bin.
Ob groß, ob klein, ob dick, ob dünn.
Ich kann über mich selber lachen,
kann ander‘n eine Freude machen.
Sag meine Meinung auch im Nu,
das alles, das traut Gott mir zu.“

Das wär‘ doch mal ‘n Schluss, ‘n gute‘.
Damit euch net die Ohr‘n tun blute‘,
komm‘ ich zum End und sag‘s euch so:
Bewahrt die Freude und bleibt froh.
Wenn Fröhlichkeit komplett verstummt,
die Welt uns nur noch schwarz vorkummt,
dann – glaub ich – werd‘ mer grad‘ verrickt,
dann hat der Kriegstreiber gesiegt.
Angesichts von Leid und Tod,
ist Feiern vielleicht nicht ‘s Gebot,
nicht pure Ausgelassenheit,
doch auch kein Leben ohne Freud‘.

Ich glaube, beides ist heut‘ dran:
im Herzen Frohsinn, dann und wann
aber auch Mitleid, Trauer, Wut.
Ja, diese Mischung passt heut‘ gut.

Und Hoffnung – das sei auch gesagt –
ist sie manchmal auch sehr gewagt,
die dürfen Christen immer hegen,
in Gottes Hand ihr Leben legen.

So bitt‘ ich: Großer, starker Gott,
sieh an die Welt mit Leid und Not.
Sei bei den Opfern, vergiss die nimmer,
die stehen vor des Krieges Trümmer.
Halt über sie die Hände dein
und lass sie nicht verloren sein.

Hilf den Mächt’gen dieser Welt,
dass die richtig‘ Entscheidung fällt,
dass deine Erde Stück für Stück
zum Frieden kehrt wieder zurück.

Und uns, die wir noch ganz benommen,
tun mit Gebeten zu dir kommen,
hilf, dass wir in unser‘n Herzen
nicht nur fühlen Angst und Schmerzen.
Lass heute uns an Fassenacht,
dem Tag, an dem man gerne lacht,
auch Freude spür’n in unser’m Leben,
denn auch die hast du uns gegeben.
So bitt‘ ich dich, in deinem Namen.
Bring Freud‘ und Fried‘. Helau und Amen.

 

1 Thomas Neger und "Die Humbas", Im Schatten des Doms (Text und Musik: Rainer Matthes).