19. Sontag im Jahreskreis

Predigt lesen (c) PG Heusenstamm
Predigt lesen
Datum:
Do. 14. Aug. 2025
Von:
noh

Einleitung

In einem Vortrag versuchte mit flammenden Worten ein Redner die Zuhörer zu überzeugen, dass es keinen Gott gibt. Ein Zuhörer irritiert ihn, er sitzt da und grinst. Endlich frage der Redner, warum grinsen sie bei diesem ernsten Thema? Der Zuhörer antwortet lächelnd:Sie behaupten mit einsichtigen Argumenten, es gibt keinen Gott. Da musste ich lächeln, weil ich gerade eben mit ihm gesprochen habe. Es gibt unzählige Gründe, nicht an Gott zu glauben. Es gibt unzählige Gründe, sich einen Gott nach eigenem Geschmack vorzustellen. Es gibt aber auch unzählige Gründe, dem Vater-Gott Jesu zu vertrauen.

Uns, die wir den Weg Jesu gehen, gilt der Zuspruch: „Fürchte dich nicht.“ Können wir Christen, angesichts der unsicheren Weltlage und den drängenden Fragen unserer Kirche noch optimistisch in der Gegenwart leben und voller Hoffnung in die Zukunft sehen? An 365 Stellen in der Heiligen Schrift begegnet uns der Zuspruch: Fürchtet euch nicht, habt keineAngst, macht euch doch keine Sorgen! Sich auf diese Perspektive einzulassen verändert uns und unsere Welt.

Predig

Eine beliebte Übung beim Firm-Kurs ist die Frage an die Firmlinge: „Was würdest du tun, wenn du nur noch 24 Stunden zu leben hättest?“ Die Firmlinge beginnen zu schreiben, meistens sehr ernsthaft und nachdenklich. Meine zweite Bitte an die Frirmlinge: bring deine Antwort in eine Rangordnung. An erster Stelle das, wasdir am Allerwichtigsten ist. Meine dritte Frage am Schluss der Übung: Warum tust du das jetzt nicht? Mit dieser Frage und ihren Antworten schicke ich die Firmlinge in die Stille. Als ich mir selbst diese Frage stellte, kamen mir sofort Situationen in den Sinn wo ich versagt hatte, wo ich schuldig geworden bin, wi ich Angst vot Gott vor Menschen und vor mir selbst hatte. Ich begann langsam – und manchmal mit viel innerem Widerstand – die Punkte abzuarbeiten: wo ich verletzt wurde, versuchte ich bedingungslos zu verzeihen, wo ich andere verletzt habe, versuchte ich um Entschuldigung und um Versöhnung zu bitten. Und dort, wo mir offensichtlich Begegnung und Neuanfang verwehrt wird, bin ich zwar traurig und enttäuscht, aber nicht rachsüchtig. Und manches war menschlich gesehen schon irreparabel, ich musste es in die Barmherzigkeit Gottes legen. Nicht alles ist mir gelungen, aber ich lebe versöhnt mit mir und suche die tägliche Begegnung mit Jesus und ich sehne mich danach, endlich und jederzeit und sofort den Vater-Gott Jesu von Angesicht zu Angesicht zu sehen.

Die Kraft zu diesem Weg ziehe ich aus dem Leben Jesu. Je mehr ich versuchte Jesus zu verstehen, um so unglaublicher wurde mir sein Handeln und Verhalten, das war fast überirdisch. Statt mich ehrfürchtig vor ihm zu verneigen, erkannte ich, dass sein Weg tatsächlich der Schlüssel für ein von Gott geschenktes menschliches und freies Leben ist „Fürchte dich nicht du kleine Herde“

Das klingt für uns heute wie eine Durchhalte-Parole für verängstigte Christen, deren Zahl immer kleiner wird und die sich inmitten dieser Gesellschaft oft mutlos und ohne Glaubens-Sicherheit vorkommen. Oder auch als Mut-mach-Parole für recht- und rechts-gläubige Minderheiten, die sich bewusst als auserwählte Elite verstehen.

Fürchte dich nicht du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben! Das Reich Gottes ist ein Gegenentwurf zur Arroganz der Macht, zur Unterwerfung von Menschen durch Menschen!

Wie kommt Jesus zu dieser Aussage? Seit seiner Taufe am Jordan wurde für ihn die Beziehung und Begegnung mit seinem Vater-Gott zum Lebensprogramm, d. h. die enge Gottes-Beziehung befähigt ihn zu einer aus Liebe entschlossenenn Freiheit! Genau das befähigt Jesus, das Vertrauen in seinen Vater Gott zu seiner lLebenswirklichkeit werden zu lassen bis zun Tod am Kreuz. Und Gottes Antwort ist die Auferstehung. Eines Gottes, der unsere menschliche und grausame – Wirklichkeit unfassbar übersteigt und zugleich in unsere Erfahrung eindringt als ein Gott des Lebens, der uns eine unzerstörbare Würde gibt. Jesus lädt uns ein, dieses Lebensprogramm, diesegöttliche Beziehung in der Eucharistie zum eigenen Lebensprogramm werden zu lassen.

Angesichts der Tatsache, dass zunehmend die Gläubigen ohne Eucharistiefeier dastehen werden, weil zeitbedingte Kirchen-Gesetze wie der Pflicht-Zölibat und der Ausschluss von Frauen von der Weihe, als unabänderlich dargestellt werden oder gar spirituell überhöht werden und angesichts der Tatsache, dass sich einige Kirchenführer dem Gefühl des besonders auserwählten heiligen Rests hingeben und jede Reform der Kirche blockieren, ist der Blick auf Jesus und seinem Lebensprogramm notwendig.

„Fürchte dich nicht“: Die Furchtlosigkeit im Glauben befähigt Verantwortung für das eigene Leben und für das Leben derer zu übernehmen. Dazu sind wir als Christen durch Taufe und Firmung begnadet und begeistert worden. Ich allein trage Verantwortung für das, wie ich lebe, was ich sage und was ich tue. Weder die Kirche, noch die Politik, noch unsere Umwelt und Gesellschaft können und dürfen wir als Entschuldigung für unsere Entscheidungen anführen, auch nichtetwaige persönliche Verletzungen und belastende Erfahrungen aus der Vergangenheit.

Wir können die Erdogans, Trumps, Putins, Netanyahus, Modis und wie sie alle heißen nicht mit ihren eigenen Waffen schlagen, denn dann müssten wir noch mehr hassen als sie, noch mehr Gewalt anwenden als sie, noch mehr Menschen verachten als sie, noch mehr zynisch demütigen und noch mehr gnadenlos das eigene Ich ausleben.

Fürchten wir uns also nicht, dieser verrückten Welt und unserer verdrehten Gesellschaft  meinen Lebensentwurf entgegenzuhalten, der sich mutig un öffentlich für Soligarität, Menschlichkeit, Freiheit und Toleranz einsetzt, weil genau das uns Gott in Jesus Christusgeschenkt hat. Er lebte die Gegenwart Gottes inmitten seiner Zeit und gegen die Widerstände seiner Glaubensgenossen.

Haben wir keine Angst vor einem Gott, den Menschen, Religionen und der kirchliche Zeitgeist zu einem Trugbild verformt haben. Vertrauen wir dem Vater-Gott Jesu, dessen Heiliger Geist der Gott der Liebe und des Lebens ist. Haben wir keine Angst vor Menschen, die gefangen sind in den Fesseln der Angst, der Macht und der Gewalt.

Vertrauen wir dem Vater-Gott Jesu, der uns eine unzerstörbare Würde geschenkt hat, die unserLeben, hier und heute positiv gestaltet. „Fürchte dich nicht"

Sudhakar Reddimasu, Pfarrvikar