Schmuckband Kreuzgang

[ALS VIDEO] Die Botschaft der Heiligen

Botschaft der Heiligen (c) KHG Darmstadt
Datum:
Donnerstag, 14. Mai 2020 18:30 - Freitag, 15. Mai 2020 19:30
Ort:

Als Video

"Heilige sind altmodisch. Heilige sind nicht mehr zeitgemäß. Sagen mir nichts." So zahlreich die Vorurteile heute über die christlichen Heiligen sind, so weit sind solche Vorurteile vom tatsächlichen Leben und Handeln dieser Menschen entfernt. Sind sie doch die lebendige Handschrift Gottes durch die Jahrhunderte hindurch. 

Man sagt zu recht, dass sie dem Evangelium ihr Gesicht gaben. Deshalb soll im Sommersemester donnerstags jeweils eine dieser Persönlichkeiten vorgestellt werden. Über ihre Gedanken und Ziele werden wir diskutieren. Alle Interessierten auch über die KHG hinaus sind herzlich willkommen. Alle Video in Übersicht hier!

DONNERSTAG, 14.05. OSCAR ROMERO

 

Der Märtyrerbischof von San Salvador, Monsignor Oscar Romero, den wir im Rahmen unserer „Botschaft der Heiligen“ nun lediglich digital vorstellen können, stand in einer schweren Entscheidungssituation. In einem Land, in dem 14 Familien als Plantagenbesitzer die Tagelöhner ausbeuteten, in dem durch das Militär ihrer Privatarmeen 30.000 protestierende Landarbeiter ermordet wurden (La Matanza am 22.1.1932), wo Kinder und Frauen entführt, missbraucht wurden und oft spurlos verschwanden - in einer solchen Zeit stellte sich der sonst eher ruhige, zurückhaltende und als konservativ geltende Bischof auf die Seite der gequälten Menschen und predigte mutig gegen Ausbeutung und für Gerechtigkeit.

Geboren am 15. August 1917 als Sohn eines Postbeamten und Telegraphen wächst er in Ciudad Barrios auf und macht auf Wunsch des Vaters eine Schreinerlehre. Aber er setzt sich durch und tritt ins Priesterseminar ein, wird zum Studium nach Rom geschickt. Dort erlebt Romero Papst Pius XI, dessen Haltung zum Nationalsozialismus für ihn Vorbild ist, wird zum Priester geweiht. In Kriegszeiten, nach der Bombardierung Roms, kehrt Oscar Romero 1943 auf Wunsch seines Heimatbischofs zurück.

Auf der Rückfahrt wird er in Kuba verhaftet und interniert. Nach seiner Rückkehr wird er in San Miguel Pfarrer, Bischofssekretär und Geistlicher der unterschiedlichsten Gemein-schaften: Anonyme Alkoholiker, Legio Mariens, Franziskanerterziare. Früh zeigt sich, dass dieser Priester sich auf keine kirchliche oder politische Richtung festlegen lässt. Als er 1974 zum Erzbischof von San Salvador ernannt wird, freut sich die konservative Oberschicht, dass man einen aus ihrem Lager gewählt hat. Doch es kommt die große Wende in Romeros Leben.

Priester und Katecheten werden von den Todesschwadronen verschleppt, unter Folter verstümmelt. Romero findet Kirchen entweiht, Tabernakel und Hostien zerstört. Romeros Predigten thematisieren mutig das Unrecht. Am 12. März 1977 ermordet man den befreundeten Jesuitenpater Rutilio Grande, Kämpfer gegen die Ausbeutung der Campesinos. Aus Protest sagt der Erzbischof – und mit ihm über 150 Priester – alle Messen im Erzbistum am folgenden Sonntag ab. Nur in der Kathedrale der Hauptstadt feiert er die Messe, vor über 100.000 Menschen. Sein Einsatz für die Armen und seine mutigen Worte ziehen ihm den Zorn der mächtigen Oligarchie zu. Man stellt ihn als marxistischen Befreiungstheologen und Kommunistenfreund hin, der zu Gegengewalt und Umsturz aufruft. Auch Papst Johannes Paul II erkennt bei ihrer zweiten Begegnung, dass er hier einen ganz anderen Priester vor sich hat, dessen Wahlspruch „Sentire cum ecclesia“ seiner tiefsten Überzeugung entsprach. Mutig kämpft Romero weiter gegen das Unrecht in seinem Land, er weiß um Morddrohungen und lässt sich doch nicht einschüchtern. Über die Angst vor dem Tod schreibt er: „Sie müssen bedenken, dass der Tod ein natürliches Phänomen ist, das uns alle ereilen wird, und wir dürfen ihn nicht ängstlich, sondern in der Gewissheit und Hoffnung erwarten, dass wir trotz des physischen Todes weiterleben, dass wir das wahre Leben leben werden, das der Herr uns verheißen hat, wenn wir seinem Willen gemäß gelebt haben.“ (13. November 1978)

Am 23. März 1980 predigt Romero in der Kathedrale der Hauptstadt und findet deutliche Worte, gerade auch für die Militärs: „Brüder, jeder einzelne von euch ist einer von uns. Wir alle gehören zu demselben Volk. Die Bauern, die Landarbeiter, die Menschen, die ihr tötet, sind eure Brüder und Schwestern. Denkt an die Worte Gottes: Du sollst nicht töten! Kein Soldat ist verpflichtet, einem Befehl zu gehorchen, der im Gegensatz zu den Geboten Gottes steht. In seinem Namen und im Namen unseres gequälten Volkes, das so viel leiden musste und dessen Klagen zum Himmel schreiben, flehe ich euch an, bitte ich euch, gebe euch den Befehl: Hört auf! Hört auf mit der Unterdrückung! beschwöre ich euch, bitte ich euch, befehle ich euch im Namen Gottes: Beendet die Repression.“

Damit hat er sein eigenes Todesurteil unterschrieben. Bereits am nächsten Tag, dem 24. März 1980, wird er im kleineren Kreis eine Messe in der Krankenhauskapelle der Göttlichen Vorsehung halten, die merkwürdigerweise in den Zeitungen angekündigt wird. Nach seiner Predigt über das Weizenkorn, das sterben muss, um Frucht zu bringen, wird er am Altar von einem Scharfschützen tödlich getroffen.

Drei Jahre später besucht Johannes Paul II sein Grab in der Kathedrale und bezeichnet ihn als eifrigen Hirten, den die Liebe zu Gott und der Dienst an den Brüdern zur gewaltsamen Hingabe des Lebens führten.

Im Verfahren um die Seligsprechung Oscar Romeros gab es heftige Diskussionen. Den einen ging es nicht schnell genug, die andere Seite hatte Bedenken, ob man damit nicht eine politische Aussage mache und sich auf die Seite der gewalttätigen Rebellen stelle. Papst Benedikt äußerte sich dazu: „Erzbischof Romero war ein großer Glaubenszeuge, ein Mann von großer christlicher Tugend, der sich für den Frieden und gegen die Diktatur eingesetzt hat und der während der Feier der heiligen Messe ermordet wurde. Also ein wahrhaft ‚glaubwürdiger’ Tod, der Tod eines Glaubenszeugen.“

Die Seligsprechung fand 2015 in San Salvador statt. Am 14. Oktober 2018 wurde Óscar Romero von Papst Franziskus heiliggesprochen.

Zum Weiterlesen:

  • James R. Brockman, Oscar Romero: Anwalt der Armen, Kevelaer 2015
  • Ulrich Nersinger, Attentat auf den Glauben: das Martyrium des Óscar A.  Romero, Heimbach/Eifel 2015
  • Oscar A. Romero. Hrsg. von Emil L. Stehle, In meiner Bedrängnis: Tagebuch eines Märtyrerbischofs 1978 – 1980, Freiburg 1993