"Heilige sind altmodisch. Heilige sind nicht mehr zeitgemäß. Sagen mir nichts." So zahlreich die Vorurteile heute über die christlichen Heiligen sind, so weit sind solche Vorurteile vom tatsächlichen Leben und Handeln dieser Menschen entfernt. Sind sie doch die lebendige Handschrift Gottes durch die Jahrhunderte hindurch.
Man sagt zu Recht, dass sie dem Evangelium ihr Gesicht gaben. Deshalb wurde im Sommersemester 2020 jeweils donnerstags eine dieser Persönlichkeiten vorgestellt.
Eine ausführliche Beschreibung seines Lebens und seiner Bedeutung hat Anne-Madeleine Plum hier verfasst.
Zahlreich sind die Titel, die man diesem Heiligen verliehen hat: Baumeister des Abendlandes, Retter der Antike, Vater des abendländischen Mönchtums – bis hin zu „Patron Europas“, wie es Papst Paul VI ganz offiziell tat.
Der berühmte Abt und Gründer des Klosters von Montecassino wurde um 480/490 in Nursia, dem heutigen Norcia in den umbrischen Bergen des Apennin geboren. Zwei Quellen bezeugen uns sein Leben und seine Botschaft: Zum einen die Vita des Heiligen von Papst Gregor dem Großen, der im zweiten Buch seiner Dialoge über ihn schreibt. Alles andere als eine Biographie im heutigen Sinn, berichtet er dort von Ereignissen im Leben Benedikts und stellt seine Bedeutung als Wundertäter, Gerechter, als von Gott Geliebter, als Freund Gottes heraus.
Zum anderen das Vermächtnis Benedikts: Die Ordensregel, Regula Benedicti, die er nach einer mystischen Erfahrung, einer kosmischen Lichtvision, gegen Ende seines Lebens verfasst.
Aufbauend auf den Erfahrungen als Einsiedler integriert Benedikt die monastische Tradition in sein Konzept des gemeinschaftlichen Lebens im Kloster. Die wichtige Rolle des Abtes als väterlicher Lehrer und Hirte der Brüder, Schweigen, Demut, Gehorsam, die Priorität des Gebetes, aber auch der Wechsel von Gebet, Lesung und Arbeit sind wichtige Bausteine dieser Regel. Stille, Klausur, Gastfreundschaft, die Rangordnung innerhalb des Klosters – all das ordnet Benedikt und in der Art, wie er es anordnet liegt wohl die besondere Weisheit. Bei aller Strenge doch immer mit Blick auf die menschlichen Grenzen, die individuellen Bedingungen. Gemeinschaftliches Leben in gegenseitiger Achtung, unerschöpflicher Geduld und immer mit dem Ziel, das Wohl des anderen vor das eigene zu setzen. Nicht umsonst ist die Benediktusregel in ihren unterschiedlichen Aspekten auch heute noch eine Inspiration für erfolgreiche Führungskräfte.
Benedikts wichtigste Botschaft für Christen heute scheint mir seine Forderung „Der Liebe Christi nichts vorziehen“ (B 4,21). Wo das praktiziert wird, bekommt kirchliches Handeln eine neue Tiefe und Anziehungskraft. Und macht sich unabhängig von Strategien oder Methoden, die man sich anderswo holen möchte.
Wer mehr lesen möchte:
Gregor der Große, Leben und Wunder des hl. Benedikt http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3222.htm
Michaela Puzicha OSB, Benedikt von Nursia begegnen, Augsburg 2004