Schmuckband Kreuzgang
Gemeindemitglieder aus St. Gottfried besuchten gemeinsam mit David Hüser, Mainz (7.v.l.), die JVA Butzbach, um mit Gefangenen Gottesdienst zu feiern. (c) Andrea Kipp

Zeichen der Hoffnung und der Verbundenheit

Gemeindemitglieder aus St. Gottfried besuchten gemeinsam mit David Hüser, Mainz (7.v.l.), die JVA Butzbach, um mit Gefangenen Gottesdienst zu feiern.
Datum:
Mo. 14. Juli 2025
Von:
Andrea Kipp

Gemeindemitglieder aus Sankt Gottfried besuchten JVA am Tag der Gefangenen

Fünfmal stehen 17 Gäste vor verschlossenen Türen, bis sie endlich dort angekommen sind, wo sie den Sonntagsgottesdienst feiern wollen: im Gottesdienstraum der JVA Butzbach. Die Gemeindemitglieder aus Sankt Gottfried sind am Tag der Gefangenen zu Gast in der JVA. Zusammen mit rund 50 Inhaftierten wollen sie die Messe feiern. 
Jedes Jahr im Juli begeht die katholische Kirche diesen Gedenktag. In der Butzbacher Gemeinde wird dies nicht nur in Gebeten und Fürbitten deutlich, es wird auch praktisch umgesetzt, wenn eine Gruppe von Gläubigen von „draußen“ mit denen „drinnen“ zusammen betet und singt. Dazu lädt Gefängnispfarrer Pater Georg Menke op jedes Jahr ein. Viele, die teilnehmen, waren schon häufig dabei. Warum? Das erste Lied des JVA-Chores könnte eine Antwort darauf sein: „Damit ihr Hoffnung habt“ sangen die sieben Männer unter der Leitung des früheren und wieder aktuellen Chorleiters Stefan Worlitsch. Und weil es die Gäste immer wieder berührt, mit welcher Andacht manche der Männer in dunkelroten Oberteilen hier beten. Mehrere Gefangene zünden vor dem Gottesdienst eine Kerze vor der Marienstatue an, und einigen kommen dabei oder später im Laufe der Feier die Tränen. „Schön, dass Sie da sind“, sagen andere, die mit Handschlag und strahlendem, dankbarem Blick jeden Gast einzeln begrüßen. 

David Hüser (l.), Stellvertretender Leiter des Dezernats Seelsorge des Bistums Mainz, hielt die Predigt beim Tag der Gefangenen. Gefängnispfarrer Pater Georg Menke op bedankte sich mit einem Geschenk. (c) Andrea Kipp
David Hüser (l.), Stellvertretender Leiter des Dezernats Seelsorge des Bistums Mainz, hielt die Predigt beim Tag der Gefangenen. Gefängnispfarrer Pater Georg Menke op bedankte sich mit einem Geschenk.

Als zusätzliches Hochfest bezeichnet Pater Georg Menke den Tag der Gefangenen und als ein „Zeichen der Verbundenheit“. „Mensch – trotz aller Schuld“ steht auf einem Plakat an der Tür des Gottesdienstraums. Vielleicht ist es das, was hier gelebt werden soll: Die Gefangenen einfach als Menschen wahrnehmen und einmal – anders als sonst im JVA-Alltag – nicht als Täter. 
Hoffnung war auch das Thema der Predigt von David Hüser, Stellvertretender Leiter des Dezernats Seelsorge des Bistums Mainz. Darin griff er „tolle, großartige Gedanken“ aus einer Arbeitshilfe der Katholischen Gefängnisseelsorge in Hessen auf. Die Seelsorgerinnen und Seelsorger haben darin Texte und Bilder von Gefangenen zum Thema „Pilger der Hoffnung“ zusammengestellt, dem Motto des Heiligen Jahres, das die katholische Kirche 2025 begeht. Beiträge aus Butzbach sind auch auf einer Stellwand in der St. Gottfriedskirche nachzulesen. Hüser zitierte: „Hoffnung, dass ich weiter so bereit zur Veränderungen bleibe, und das auch außerhalb der Gefängnismauern“, schrieb ein Gefangener. Und ein anderer formulierte im Blick auf die „schreckliche Schuld“: „Ich muss mich mit mir selbst auseinandersetzen. Denn nur wo ein ehrliches ‚Ich‘ ist, da kann auch ein ehrliches ‚Du‘ sein.“ 
Doch es gelinge nicht immer, Liebe und Frieden mit anderen Menschen und Frieden mit sich selbst zu erreichen. Das Gefühl von Hoffnungslosigkeit sei immer wieder da, sagte Hüser im Blick auf die Texte aus den hessischen Gefängnissen. „Letztlich kann unsere Hoffnung nur aus Gott kommen“, betonte er. Das menschliche Bemühen bleibe Stückwerk. Aber Gottes Liebe ohne Vorbehalt schenke Hoffnung und „das Ziel, auf das hin wir unterwegs sind“. Sie zeige sich in kleinen unscheinbaren Zeichen. Er forderte dazu auf, „Pilger der Hoffnung“ zu werden, also nicht nur auf den Frieden zu warten, sondern aufzubrechen, Hoffnungszeichen zu suchen und anderen zu schenken, zum Beispiel in einer freundlichen Geste oder einem kleinen Wort. 

Das Miteinander von Gefangenen und Gästen wurde vielfach sicht- und hörbar: bei abwechselnd gelesenen Fürbitten, beim Gesang von Barbara Oehms-Harder, seit kurzem Kantorin im Pastoralraum Wetterau-Nord, bei der Assistenz am Altar durch Sascha Kuske, Priesteramtskandidat aus St. Gottfried, beim gemeinsamen Gesang und Gebet, aber auch bei kurzen Gesprächen, für die nach dem Gottesdienst noch etwas Zeit blieb. 
„Bis Weihnachten!“ hieß der vielfach gehörte Abschiedsgruß, bevor die Gefangenen zurück in ihre Zellen gingen und für die Gäste erneut fünfmal verschlossene Türen geöffnet wurden. Im Dezember sind wieder Menschen aus St. Gottfried und den umliegenden Gemeinden in die JVA eingeladen – zur Weihnachtsfeier mit den Gefangenen.