Schmuckband Kreuzgang

Geistliche Gedanken zum 24. Mai (7. Sonntag der Osterzeit)

Pfarrer Holger Allmenroeder (c) HolgerAllmenroeder
Pfarrer Holger Allmenroeder
Datum:
23.05.2020

Liebe Lesende,

Wenn ich im Deutschen das Wort "gehören" lese oder gesagt bekomme, dann denke ich zunächst an "Eigentum" oder "Besitz". Das kommt meistens auch hin. Genauso verhält es sich mit den Possessivpronomen (besitzanzeigenden Fürwörtern) "mein"/"dein". Meistens zeigen sie Eigentum oder Besitz an. Vielleicht liegt es an mir selbst oder an meiner Prägung: ich habe in bestimmten Fällen ein Problem mit solch einem Verständnis. Wenn Sie von "meinem" Mann/Frau/Kind/Freund sprechen, mag es nach unserem aktuellen Sprachempfinden noch hinhauen: die "gehören" mir nicht im Sinne des Eigentums oder Besitzens, sondern ich stehe in Beziehung zu ihnen, bzw. diese zu mir. Beim Haustier, beim Arbeitsverhältnis ist es schon nicht mehr so leicht, denn hier kommt zur Beziehung ein "Machtverhältnis" hinzu: ich gebe meinen Arbeitnehmenden eine Arbeitsanweisung, die zu befolgen ist. Ich mag mein Haustier irrsinnig lieben, doch "es" ist auch tatsächlich rechtlich mein Eigentum.

Wie verhält es sich nun mit GOTT oder mit Jesus Christus? Sowohl in Texten des Ersten Bundes als auch in den Evangelien und Briefen ist immer wieder vom "Eigentum" und vom "gehören" die Rede. Manches Kirchenlied zeugt davon ("Herr, ich bin dein Eigentum"...). Im Johannesevangelium (z.B. Kap. 17, Vers 6) heißt es "Sie (die Menschen) gehörten dir (GOTT) und du hast sie MIR gegeben". Und später in Vers 10: "Alles, was mein ist, ist dein" d.h. gehört dir. Sie meinen, dass dies doch kein Problem ist, weil es auch hier um die Beziehung zwischen Ihnen und GOTT und Jesus Christus geht? Dann haben Sie ein modernes Verständnis. Doch seien Sie nicht überrascht, wenn so mancher Gläubige im Sinne des Eigentums denkt. Das berührt schließlich das Verständnis der Freiheit. Ich übersetze bzw. interpretiere gerne und begründet: anstatt "gehören" lieber "gehören zu".
Das wird der Intention des Johannes-Evangeliums - und mancher anderer biblischer Texte - gerechter. Und "mein", "dein", so mache ich mir bewusst, setzt ebenfalls in Beziehung, jedenfalls ist es neben dem Eigentumsverhältnis eine in Frage kommende Möglichkeit.

Zu kompliziert gedacht? Dann sagen Sie es mir gerne. Doch so, wie nach dem Sprichwort "die Liebe durch den Magen geht", formt die Sprache unsere Denkbilder im Kopf.

Noch einmal wünsche ich Ihnen einen schönen österlichen Sonntag. Bleiben Sie gesund!

Ihr Holger Allmenroeder, Pfarrer