Der Pastorale Weg:10 Fragen und Antworten
Wer begleitet uns auf dem Pastoralen Weg?
Unsere Kirchengemeinden stehen vor großen Veränderungen, die mit dem Pastoralen Weg verbunden sind. Doch was ist überhaupt der Pastorale Weg? Welche Veränderungen und Auswirkungen bringt er mit sich? Und wie können wir gemeinsam unser Gemeindeleben vor Ort zukunftsfähig machen? Wir haben die 10 wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.
1. Ich höre immer wieder das Wort „Pastoraler Weg“. Was ist überhaupt der Pastorale Weg?
Der Pastorale Weg ist ein Reformprozess im Bistum Mainz, zu dem unsere Kirchengemeinden gehören. Die Kirche vor Ort entwickelt sich strukturell wie inhaltlich weiter. Alte Organisationsstrukturen werden aufgelöst, die Pfarreien werden neu zusammengestellt. Gleichzeitig sollen sich die Kirchengemeinden vor Ort zukunftsfähig machen und schauen, wie sie künftig ihren Glauben und ihre Gemeinschaft leben möchten. Diese doppelte, geistliche und organisatorische, Aufgaben, erfolgt schrittweise und drückt sich im „pastoralen Weg“ sprachlich aus. Andere Bistümer haben ihren pastoralen Weg, der auch andere Namen tragen kann, bereits begonnen bzw. abgeschlossen.
Der Pastorale Weg ist nicht zu verwechseln mit dem Synodalen Weg, einem weiteren Erneuerungsprozess, den die Bischofskonferenz deutschlandweit initiiert hat. Ausgangspunkt war hier die Unzufriedenheit vieler Gläubigen und insbesondere die mangelhafte Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Bei diesem Prozess geht es um Schwerpunktthemen wie die Sexualmoral, die priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche. Der Synodale Weg erfolgt also deutschlandweit auf einer überregionalen Ebene, der Pastorale Weg im Bistum Mainz.
2. Warum stehen gerade jetzt große Veränderungen in der Kirche an?
Die Gründe hierfür sind vielfältig – wir nennen drei Herausforderungen, mit denen Kirche seit Jahren kämpft: weniger Kirchenmitglieder, weniger Priester oder sonstige pastorale Mitarbeitende, weniger Einnahmen. Diese Voraussetzungen machen ein „Weiter so“ unmöglich. Auch der gesellschaftliche Wandel zeigt uns: Kirche darf sich nicht mehr als Selbstläufer sehen, wir müssen umdenken und Veränderungen mitgestalten. Wir sind aufgefordert, diese große Herausforderung gemeinsam anzugehen. Dabei ist der erste Schritt, wahrzunehmen, dass diese Veränderungen unabdingbar sind. Nach Jahren des Verwaltens sind jetzt Jahre des Neugestaltens nötig. Und hier kommt der Basis, uns allen, eine zentrale Rolle und Chance zu.
3. Hat der Pastorale Weg bereits begonnen?
Ja, wir befinden uns bereits mitten in diesem Veränderungsprozess. Im Jahr 2019 begann schon Phase 1, in der vor allem auf Dekanatsebene übergeordnete Überlegungen angestellt wurden. So wurde z.B. ein Pastoralkonzept verabschiedet, das Perspektiven für die Kirche der Zukunft in unserer Region eröffnet. Gerade im Dekanat Bingen, zu dem unsere Kirchengemeinden gehören, hat sich schon Einiges entwickelt: So haben wir im Zuge der Dekanatsversammlung im November 2021 bereits einen zukunftsfähigen Zuschnitt für künftige Zusammenschlüsse von Kirchengemeinden in sog. „Pastoralräume“ einstimmig beschlossen. Zu unserem Pastoralraum zählen die ehemaligen Pfarrgemeinden und Pfarrgruppen Heidesheim/Wackernheim, Ingelheim, Gau-Algesheim und Schwabenheim. Eine besonders angespannte Personalsituation in allen Gemeinden erforderte frühzeitiges, gemeinsames Handeln über den eigenen Ort hinaus. Daher haben wir die Arbeit im pastoralen Raum schon aufgenommen, bevor unser Bischof die Pastoralräume an Ostern öffentlich benennt.
4. Gibt es durch den Personalmangel in der Kirche weniger hauptamtliches Personal in unseren Kirchengemeinden? Werden wir keinen Pfarrer mehr haben? Was passiert mit dem Pfarrbüro?
Das hauptamtliche Personal – z.B. Pfarrer, Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten sowie Mitarbeitende im Pfarrbüro – wird weniger. Die verbliebenen Pfarrer müssen deshalb größere Zusammenschlüsse leiten. Diese Zusammenschlüsse, „Pastoralräume“ genannt, entstehen überall im Bistum. So auch hier in Rheinhessen. In dieser größeren Einheit konzentrieren sich die personellen Ressourcen. Das heißt für uns: Ja, es wird weiterhin einen Pfarrer geben. Er wird aber den gesamten neuen Pastoralraum betreuen. Ja, es wird auch weiteres hauptamtliches Personal für Aufgaben in der Seelsorge geben. Dieses wird aber ebenfalls nicht exklusiv nur für einzelne Kirchengemeinden zuständig sein, wobei pastorale Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Orte und Bereiche aus dem Team aller Hauptamtlichen benannt werden sollen. Eine Kontaktmöglichkeit vor Ort wird es aber weiterhin geben. Dazu zählt auch das Pfarrbüro, das zwar einerseits Verwaltungsaufgaben für den gesamten Pastoralraum von einem zentralen Sitz aus wahrnehmen wird, andererseits aber durch eine regelmäßige Präsenz die Erreichbarkeit vor Ort gewährleisten möchte.
5. Wird meine Pfarrgemeinde aufgegeben?
Diese Frage beantwortet das Bistum selbst: „Nein. Die bisherigen Gemeinden können vor Ort bestehen bleiben, sollen sich aber stärker vernetzen. Das kann auch heißen, dass es nicht mehr alle bisher gewohnten Gruppen und Angebote in allen Gemeinden gibt. Was jede Gemeinde ausmacht und was dort geschieht, hängt in großem Maße von den Menschen ab, die sich dort engagieren. Die Pfarrstrukturen werden jedoch neu geordnet, sodass es am Ende des Pastoralen Weges etwa 50 neue Pfarreien (= Verwaltungseinheiten) geben wird. Jede Pfarrei wird dabei aus vielfältigen Gemeinden und Kirchorten bestehen.“ Kirchorte sind bspw. Caritas-Einrichtungen oder Kitas.
6. Werden Gebäude verkauft oder Kirchen geschlossen?
Angesichts der Finanzlage des Bistums können Gebäude nicht mehr so unterhalten und bezuschusst werden wie früher. Dies hat auch Konsequenzen für Gebäude und Kirchen in einzelnen Orten. Das Bistum hält es für „wahrscheinlich“, dass Gebäude verkauft oder Kirchen anderweitig genutzt bzw. als Ultima Ratio geschlossen werden. Eine Entscheidung, welche Gebäude betroffen sind, gibt es noch nicht. Hier entscheiden die Verantwortlichen in den Gremien der Gemeinden vor Ort mit. Inwieweit Gebäude bei uns betroffen sein werden, können wir aktuell noch nicht absehen. Sicher ist, dass wir als aktive Kirchengemeinde Gebäude besitzen, die auf vielfältige Weise regelmäßig genutzte Orte der Begegnung sind.
7. Heißt das, dass es keinen Gottesdienst oder Gemeindeangebote mehr in meinem Ort geben wird?
Nein. Die Art und Weise, wie wir vor Ort Gottesdienst feiern, wird sich verändern. Eine Eucharistiefeier wechselt sich beispielsweise ab mit einem Wortgottesdienst oder einer Andacht. Es muss nicht mehr nur der Pfarrer diese Gottesdienste leiten; Formate wie eine Wortgottesfeier oder Andacht können auch Frauen und Männer aus der Mitte der Gemeinde übernehmen. Kirche wird stärker aus dem Ort heraus gestaltet. Kirche darf sich aber auch vernetzt verstehen: Unterschiedliche Angebote an unterschiedlichen Orten sind eine Chance, unterschiedlichen Menschen ein je passendes Gottesdienstangebot machen zu können. Wie wir unseren Glauben feiern, bestimmt die Gemeinde wesentlich mit, indem sie Gottesdienste, ganz gleich welcher Art, mitgestaltet. Dies gilt auch für sonstige Angebote der Gemeinde vor Ort, die ebenfalls stark auf dem Engagement von Ehrenamtlichen aufbauen. Traditionelle und neue Wege sind hier gefragt.
8. Was bedeuten die Veränderungen für die Gruppierungen in unseren Kirchengemeinden?
Die Gruppierungen der Kirchengemeinden leben stets von den Menschen, die sich auf vielfältige Weise in diesen Gruppierungen engagieren und diese unterstützen. Sie geben unseren Gemeinden auf unterschiedliche Weise ein Gesicht und eine Stimme. Sie gestalten Glauben in Gemeinschaft vor Ort. Dies können sie auch künftig im eigenen Ort machen; gleichzeitig können sie in Austausch mit Gleichgesinnten aus anderen Ortschaften treten, Neues ausprobieren und neue Leute kennenlernen. Diese Veränderungen sind die Chance für mehr Vernetzung über den eigenen Kirchturm hinaus – auch mit Blick auf die kommunalen Gemeinden, bürgerschaftliches Engagement oder die Bedarfssituation vor Ort. Ähnliche Ideen können zudem Gruppierungen gründen, erneuern oder stärken.
9. Die Katholische Kirche ist nicht gerade für ihre basisdemokratischen Strukturen bekannt. Haben denn die Leute an der Basis Möglichkeiten, die Veränderungen zu beeinflussen?
Natürlich sollten wir uns nicht der Illusion hingeben, dass der Pastorale Weg ein basisdemokratischer Weg ist, bei dem die Basis alles bestimmt, was gemacht wird. Wir müssen Rahmenbedingungen bei Verwaltung oder Finanzen akzeptieren – hier sind unsere Einflussmöglichkeiten begrenzt. Allerdings können wir das Gemeindeleben vor Ort mit Leben füllen, weiterentwickeln und nach unseren Ideen neu gestalten. Es gilt ernst zu nehmen, was der Bischof uns für den Pastoralen Weg mitgibt: Verantwortung teilen, Glauben teilen, Leben teilen und Ressourcen teilen. Denn diese Parameter ermöglichen viele unterschiedliche Initiativen vor Ort. Sie sind eine echte Chance, Entscheidungen mitzugestalten. Hierzu gibt es Projektteams, Interessengruppen und Gruppierungen/Vereine – vor Ort und auf ortsübergreifender Ebene, z.B. im neuen Pastoralraum. Zentrales Organ dieses neuen Pastoralraums wird die Pastoralraumkonferenz sein. Hier versammeln sich Ehren- und Hauptamtliche, Delegierte aller Gremien unserer Kirchengemeinden, Vertreterinnen und Vertreter aller Kirchorte im Pastoralraum sowie auch sonstige, wichtige Partner. Hier wird die Arbeit der Projektteams, die inhaltlich Impulse und Vorschläge geben werden und Entscheidungen vorbereiten, gebündelt und auf breiter Ebene – unter demokratischen Vorbedingungen – diskutiert. Wir können also die Veränderungen positiv beeinflussen. So werden Gemeindeteams vor Ort das lokale Gemeindeleben koordinieren, während gewählte Gremien unter Beteiligung der Gemeinden und Kirchorte auf Pfarreiebene Entscheidungen treffen.
10. Wie kann ich dazu beitragen, dass das Gemeindeleben vor Ort weiterbestehen kann?
Alle – ganz gleich, ob Alteingesessene, Neuzugezogene oder bislang Fernstehende – können bei uns mitmachen. Auf unserer Homepage finden Sie eine Vielzahl von Gruppierungen und Kontaktpersonen. Haben Sie Interesse oder Ideen? Sprechen Sie uns einfach an! Im Ort, bei Veranstaltungen, in der Kirche. Ganz gleich, ob Sie bereits aktiv sind oder nicht – wir freuen uns, wenn Sie die Zukunft unserer Kirche aktiv mitgestalten!