Ingelheim:Abschied: Aus für St. Kilianhaus
Am 14. Mai 2023 hatte der Verwaltungsrat St. Remigius Nieder-Ingelheim im Anschluss an den Sonntagsgottesdienst zur Pfarrversammlung geladen. Einziger Tagesordnungspunkt war das St. Kilianhaus: Nach langjährigen Verhandlungen ist das Vorhaben, dort ein Stadtteilhaus zu schaffen, gescheitert. Die Gemeinde St. Remigius und die Stadt Ingelheim nehmen im Einvernehmen davon Abstand. Kooperation mit dem Haus St. Martin ermöglicht Gemeinderäume vor Ort.
Was ist passiert? Das Gemeindehaus war 1976 erbaut worden. Heute wäre eine Generalsanierung für wahrscheinlich drei Millionen Euro notwendig. Es fehlt überall: Dach, Heizung, Sanitäranlagen. Jedes Unwetter setzt das Haus unter Wasser. Im Herbst war es für eine Nutzung im Winter geschlossen worden – u.a. weil allein eine Woche Heizen 750 Euro Kosten verursachen. Der Kirchenchor probt mittlerweile im Pfarrheim St. Nikolaus in Frei-Weinheim, die Bläserchöre im evangelischen Gemeindehaus der Saalkirche.
Der Verwaltungsrat erzählt von der Idee, die vor über zehn Jahren entstand, aus dem St. Kilianhaus ein Stadtteilhaus zu machen. Erst sei damals die Saalkirchengemeinde und später auch die Stadt Ingelheim auf die Gemeinde St. Remigius zugekommen. Gemeinsam habe man jahrelang versucht, eine für alle gute Lösung zu finden. Fragen nach der Nutzung, der Finanzierung, der Verantwortung wurden überlegt. Dabei wurde deutlich, dass es eine grundlegende Vereinbarung zwischen der Kirchengemeinde St. Remigius als Grundstückseigentümerin und der Stadt Ingelheim als potenzielle Trägerin des Hauses getroffen werden musste. Ein Verkauf des Grundstücks war dabei keine Option, sondern es sollte über Erbbaupacht weiterhin Teil der Grundstücksfläche rund um St. Remigius gehören. Angedacht war, dass die Gemeinde im Stadtteilhaus Räume nutzen könnte und diese Miete über die Einnahmen der Erbbaupacht gedeckt werden könnten.
Drei Jahre lang wurde mit Hilfe eines juristischen Beistands versucht, diesen Vertrag aufzusetzen. Viele Fragen und Risiken mussten bedacht werden. Erschwert wurde dieses Unterfangen jetzt zusätzlich durch zwei weitere Umstände: Die Stadt Ingelheim prüft aktuell alle geplanten Projekte auf Finanzierbarkeit, da sich für die Stadtkasse, wie durch die Presse bekannt, die Einnahmen reduziert haben. Von Seiten der Stadt wären, selbst wenn eine Einigung beim Erbbaupachtvertrag gefunden würde, voraussichtlich keine Aktivitäten in den nächsten fünf Jahren zu erwarten gewesen. Der aktuelle Zustand des St. Kilianhauses lässt keinen weiteren Betrieb mehr zu; außerdem wären laufende Kosten für das St. Kilianhaus weiterhin von der Gemeinde zu tragen gewesen. Zusätzlich hat sich das Bistum Mainz auf den Pastoralen Weg gemacht und damit einhergehend einen Immobilienprozess angestoßen, der die Reduzierung der Pfarrheim-Flächen im Pastoralraum Ingelheim um 50 Prozent vorsieht. Der Ermittlung der benötigten Flächen liegt die Zahl der Gläubigen zugrunde. Damit ist ein Neubau oder eine Sanierung des St. Kilianhauses nicht mehr möglich, denn mit dem Pfarrheim St. Nikolaus und dem geplanten Gemeinderaum in St. Michael Ober-Ingelheim (unterhalb der Empore in der Kirche – siehe Orientierte Versammlung) stehen ausreichende Räumlichkeiten zur Verfügung.
Und so haben beide Parteien, die Gemeinde und die Stadt, die Verhandlungen jetzt beendet. Weitere gemeinsame Planungen bezüglich eines Stadtteilhauses finden nicht statt. Deshalb prüft der Verwaltungsrat jetzt den Abriss des Gebäudes – erste Angebote liegen vor. Die Nieder-Ingelheimer Kerb wird damit wohl zum letzten Mal im Kiliangarten stattfinden.
Bereits das Kilianfest Mitte Juli hat einen neuen Platz gefunden: Das Haus St. Martin. Die Einrichtung der Caritas liegt in unmittelbarer Nähe zur Kirche St. Remigius und bietet jetzt der Gemeinde sowohl ein größeres Sitzungszimmer wie auch den Saal zur Nutzung an. Räume für die Gemeinde stehen somit zur Verfügung – Treffen für Sternsinger, Zeltlager etc. sind also vor Ort wieder möglich.
Doch was passiert nun mit dem Gelände? Brach liegen und verwildern lassen, ist keine Option. Eine Möglichkeit wäre eine Wohnbebauung – doch das wird dann Aufgabe der neuen Pfarrei (Gründung 1. Januar 2024) sein.
Für die Anwesenden waren diese Informationen harter Tobak. Die Frage, wie konnte es soweit kommen, füllte den Kirchenraum. Hätte, wäre, wenn. Abschied nehmen von alten Gewohnheiten und auch von Gebäuden fällt schwer. Einfach wird es nicht werden, das große Plakat des St. Kilianhauses „Gott hat ein Herz für alle – auch du?“ nicht mehr zu sehen.