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Pfarrei St. Maria Magdalena Ingelheim:Mit Rucksack unterwegs

Rucksack - gut gefüllt
Datum:
8. Jan. 2025
Von:
Ltd. Pfarrer Christian Feuerstein und Koordinatorin Christine Wüst-Rocktäschel

Zum Jahresschluss haben der Leitende Pfarrer Christian Feuerstein und Koordinatorin Christine Wüst-Rocktäschel gemeinsam in ihren Predigten auf das erste Jahr der Pfarrei St. Maria Magdalena zurückgeschaut:

Christian Feuerstein: Du Gott des Lebens, als Kirche von Mainz gehen wir neue Weg…

Liebe Schwestern und Brüder, mit diesen Worten beginnt das Gebet zum Pastoralen Weg, das wir nach wie vor, an jedem Mittwochabend in der Smartphone-Vesper in St. Remigius Nieder-Ingelheim beten. Wir sind auf dem Weg. Und wer unterwegs ist, braucht auch einen Rucksack oder eine andere Möglichkeit, um das nötige Gepäck transportieren zu können. Einen solchen Rucksack haben wir heute mitgebracht. Denn wir sind inzwischen mehr als drei Jahr auf dem Pastoralen Weg unterwegs und mit dem Jahr 2024 haben wir eine neue, entscheidende Wegetappe begonnen. Seit einem Jahr sind wir als Pfarrei St. Maria Magdalena unterwegs. Und in diesem Jahr hat sich einiges an Gepäck angesammelt. Es sind Erfahrungen und Erlebnisse, die wir gemacht haben und die wir heute mit Ihnen und Euch teilen wollen. Es ist Gepäck, das wir auch in die Zukunft mitnehmen werden bzw. mitnehmen müssen. Für uns beide im Gepäck ist die Erfahrung des Gründungsgottesdienstes am 07. Januar 2024 in der Pfarrkirche Gau-Algesheim. Es war ein sehr schöner und feierlicher Auftakt. Ich habe viel Aufbruch und Vertrauen gespürt. Und zum ersten Mal kam die neue Pfarrei auch wirklich zusammen. Das hat mir sehr gut getan. Ich hatte das Gefühl: wir sind viele und wir wollen gemeinsam am Reich Gottes bauen.

Christine Wüst-Rocktäschel: Der Gottesdienst war auch für mich ein Meilenstein. Eine wichtige, tolle Etappe des Weges. Ein Zwischenziel – die Vergewisserung, dass etwas geschafft ist, dass die Pfarrei gegründet ist und dass wir das geschafft haben. Im Team, gemeinsam mit den Gremien, den Menschen vor Ort und vor allem gemeinsam im Glauben, gemeinsam mit Gott. Aber mir war auch klar: Es wird weitergehen, weiter anstrengend bleiben, weiter vieles zu tun, zu erleben und auch auszuhalten sein. Schon im März mussten wir unsere neuen Gremien wählen – und das war ein Kraftakt. Ich blicke aber auch mit Dankbarkeit auf das Engagement, das sich dort zeigt. Mehr als 70 Menschen sind in den Gemeindeausschüssen und im Pfarreirat tätig. Sie bringen ihre Kompetenzen, die Erfahrungen der Menschen vor Ort und auch ihre Erwartungen in die Gestaltung der Pfarrei ein.

Pfarrer Christian Feuerstein

Feuerstein: Und diese Erwartungen sind häufig sehr groß. Und oft ist auch die Unzufriedenheit der Menschen sehr groß. Fast täglich bekommen wir gespiegelt – so unser Eindruck – dass wir nichts richtig machen. Egal, was wir angreifen. Es gibt immer Kritik. Manchmal ist das auch sehr verletzend. Ich habe den Eindruck, dass viele nur das Eigene wahrnehmen wollen oder können. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass es unserem Erleben nach, oft wenig Wertschätzung für unsere Anstrengung, unsere Mühen und unseren Einsatz gibt. Mich macht das oft ratlos.

Wüst-Rocktäschel:  Auch für mich ist die Wahrnehmung, dass uns häufig Misstrauen begegnet und Kalkül unterstellt wird frustrierend und verletzend. Vor allem, wenn ich empfinde, dass es nur um das Interesse eines Einzelnen, oder Weniger geht. Aber es gibt auch das schöne Erfahren von Gemeinschaft, in der Neues entsteht und aus Ideen Erlebnisse werden – wie zum Beispiel die Sternwanderung der Pfarrei im Juni. Mehr als 350 Menschen, Kinder, Jugendliche, Erwachsene, kamen aus allen Teilen zusammen und haben gesungen, gebetet, gelacht und sich kennengelernt. Wie schön, diese Erinnerung im Rucksack zu haben!

Feuerstein: Die Romwallfahrt mit den 40 Jugendlichen unserer Pfarrei war ein absolutes Highlight, das unbedingt im Gepäck mit dabei ist. Der Zusammenhalt in der Gruppe, die tollen Leiterinnen und Leiter, die wir haben und das Erleben der besonderen Tage, sind für mich riesiges Geschenk. Ja, ganz ehrlich, die anstrengende Wallfahrt, hat auch mir richtig gut getan. Anstrengung ist ein gutes Stichwort. Das war nämlich auch der ZDF-Fernsehgottesdienst im November für mich. Neben all den Proben auch noch das Drumherum zu organisieren, war gerade in der heißen Phase auch eine Schippe zu viel für mich. Entschädigt haben die wunderbare Feier des Gottesdienstes und die unfassbar vielen Rückmeldungen. In der Spitze waren fast 750.000 Mitfeiernde an ihren Bildschirmen dabei. Über 1.200 Menschen haben versucht uns danach anzurufen und dazu waren auch einige Mails und Briefe zu beantworten.

Wüst-Rocktäschel: Der Fernsehgottesdienst war sicherlich ein Highlight für unsere Pfarrei – aber im Gottesdienstfeiern sind wir prinzipiell auch ohne das ZDF sehr gut! Mehr als 1.570 Gottesdienste haben wir im Jahr 2024 gefeiert, und das war für uns alle nicht nur ein hartes Stück Arbeit, sondern hat uns vor allem sicherlich sehr gut getan. Gott zu feiern, das ist nicht nur unser zentrales Selbstverständnis, sondern einfach ein Geschenk. Und ihn feiern wir ja nicht nur in der Liturgie, sondern auch in den vielen Werken der Liebe im Alltag und auch bei jeder Begegnung – und auch davon gab es unzählige. Alleine die bekannten und beworbenen Veranstaltungen auf Boden der Pfarrei summieren sich auf rund 450. Konzerte, Krabbelkreis, Seniorenfrühstück, Meditationen, Vorträge – um nur einige zu nennen. Schön, dass es so viele Beiträge aus den Gemeinden gibt, die unsere Pfarrei bereichern.

Christine Wüst-Rocktäschel

Feuerstein: Das Meiste davon wird ehrenamtlich organisiert. Das tragen Sie. Danke dafür. Es gehört selbstverständlich zu unserer Pfarrei und steht zunächst mal in keinem Konzept. Aber im ersten Jahr St. Maria Magdalena gehörte es auch zu unseren Aufgaben, das Pastoralkonzept umzusetzen. Das beinhaltete bspw. die Installation des Zentralen Pfarrbüros. Das ist uns im Großen und Ganzen gut gelungen, wenngleich es immer noch Baustellen gibt. Die Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen im Pfarrbüro ist sehr gut und die Aufteilung nach Themengebieten für alle eine Erleichterung. Auch das Thema Gebäude hat uns beschäftigt. Von zwei Kirchen haben wir Abschied genommen. In Ingelheim-West ist inzwischen wieder Leben eingekehrt. Die Kinder der Kita St. Paulus, Erziehende und Eltern sind überglücklich mit den neuen, tollen Räumlichkeiten. Gerade nach den Turbulenzen um die Profanierung dieser Kirche ist es schön, dass es nun auch wieder positive Schlagzeilen von dort gibt. Sogar die überregionalen Medien sind auf das Projekt „Kita in der ehem. Kirche“ aufmerksam geworden und haben berichtet.

Wüst-Rocktäschel:  Unsere eigene Öffentlichkeitsarbeit wurde auch auf neue Füße gestellt: Die gemeinsame Homepage, das neue Pfarreimagazin kreuz&quer, der Newsletter – wir haben vieles auf den Weg gebracht, um uns miteinander auszutauschen, zu vernetzen und bekannt zu machen, was wir machen. Ermutigt hat mich dabei viel positives Feedback – neben der herrschenden kritischen Wahrnehmung, dass doch das Alte das Bessere war. Aber mehr voneinander zu wissen hieß auch, dass wir die etablierten spirituellen Angebote der anderen kennen und schätzen lernen konnten. Exerzitien im Alltag, Eigensinngottesdienst, Sonntagsoasen, Venite, Schritte in den Morgen, Friedensgebete oder auch die Fastenimpulse – die Vielzahl und die Vielfalt von Angeboten begeistert nicht nur mich und zeigt: in der ganzen Pfarrei bringen Menschen ihre Begeisterung für Gott ein, nicht nur vor der eigenen Haustür.

Feuerstein: Haustür ist ein gutes Stichwort, denn auch die Umnutzung vieler unserer Gebäude hat uns in 2024 beschäftigt und wird weiter Aufgabe im neuen Jahr sein. Das bleibt im Gepäck. Die Pfarrhäuser in Heidesheim, Ober-Hilbersheim und Ockenheim sollen gänzlich für Wohnungen genutzt werden. Das Pfarrhaus Ober-Ingelheim werden wir abgeben müssen. Und wir haben immer noch zu viel Pfarrheimfläche. Weitere 70 qm müssen reduziert werden. Wobei ich auch deutlich sagen muss, dass wir uns auf Dauer auch den jetzt schon reduzierten Gebäudeanteil nicht werden leisten können. Der Prozess der Reduzierung von Gebäuden – auch von Kirchen – wird weitergehen; wenn auch nicht gleich morgen oder in diesem Jahr. Immer wenn eine größere Maßnahme anstehen wird, werden wir uns fragen müssen, ob es ein tragfähiges Zukunftskonzept gibt. Was bleibt? Was nehmen wir also mit in die Zukunft. Manches, was uns auch belastet, werden wir mitschleppen müssen. Mehr denn je müssen wir uns aber auch der Aufgabe stellen, was werden wir lassen müssen. Wir merken, dass die bisherige Situation, nämlich im Großen und Ganzen doch alles weiterzuführen, was möglich ist und gleichzeitig Kirche neu zu denken und zu gestalten, nicht geht! Die Zukunft unserer Kirche wird aber anders aussehen als die Vergangenheit…

Wüst-Rocktäschel: Und sie darf das, unsere Kirche. Sie darf sich verändern. Denn wir sind auf dem Weg und wenn wir uns bewegen, dann wird sich unsere Perspektive verändern. Wir werden neues sehen, kennenlernen und lieben lernen und entdecken: Auch im Neuen ist Gott, da brauchen wir gar keine Angst zu haben, uns nicht zu kritisieren oder Vorwürfe zu machen. Denn wir sind gar nicht so entscheidend – viel entscheidender ist er.

Feuerstein: Was wir deshalb am meisten im Gepäck brauchen, ist der Herr. „An seinem Segen ist alles gelegen“, heißt es sprichwörtlich. Die Frage, wohin er uns führt und was das für uns als Pfarrei St. Maria Magdalena und Gemeinde vor Ort bedeutet, ist entscheidend. Vielleicht muss auch noch manches aus unserem Rucksack raus, damit genügend Platz für ihn und seine Botschaft sind. Wir sind gespannt, was das kommende Jahr auch dafür bringen wird.