Zum Inhalt springen

Laurenziwallfahrt

Termin 2024: Sonntag, 11. August


07.45 Uhr Prozession ab Pfarrkirche Gau-Algesheim
09.15 Uhr Pferdesegnung
09.30 Uhr Wallfahrtsgottesdienst
Zelebrant und Prediger: Generalvikar Dr. Sebastian Lang, Mainz
im Anschluss: Fest der Begegnung
13.00 Uhr Vespergottesdienst

Hintergrund

Seit vielen Jahrhunderten kommen Wallfahrer aus Rheinhessen, vom Hunsrück, der Nahe und dem Rheingau am Gedenktag des hl. Märtyrers Laurentius, dem 10. August bzw. dem Sonntag, der diesem Datum am nächsten liegt, zur Wallfahrt auf den Laurenziberg bei Gau-Algesheim. Die Wallfahrt ist verbunden mit einer Pferdesegnung. Auch andere Haustiere werden zur Segnung gebracht. Seit kurzem beteiligen sich auch Wallfahrer, die mit ihren Fahrrädern zum Berg kommen. Um 7.45 Uhr beginnt die Prozession ab der Pfarrkirche St. Cosmas und Damian in Gau-Algesheim zur etwa 3 km entfernten Wallfahrtskirche auf der Höhe.

Die Kirche liegt am westlichen Rand des kleinen Weilers, der ursprünglich „Bercheim“ und „Bergen“ hieß. Gegründet wurde sie wahrscheinlich schon im 7. Jahrhundert vermutlich von iro-schottischen Wanderpredigern vielleicht an der Stelle eines älteren vorchristlichen Heiligtums, welches der keltischen Göttin „Epona“, der Schutzgöttin der Pferde gewidmet gewesen sein könnte. Als merowingische Zentralkirche bildete sie die erste christliche Zelle für Gau-Algesheim und die umliegenden Orte. Um das Jahr 1000 lösten sich die Filialkirchen von ihrer „Mutterkirche“ bis auf eine Ausnahme und wurden zu eigenständigen Pfarrkirchen erhoben. Das Loslösen bedeutete ein eigenes „Evangeliar“ zu besitzen, welches damals noch sorgfältig in den Schreibstuben der Klöster per Hand abgeschrieben werden musste. Ober-Hilbersheim ist Anfang des 14. Jahrhunderts die letzte eigenständig werdende Pfarrei. Die Bergener Kirche wurde im Anschluss Filialkirche zu Ober-Hilbersheim. Später zählte sie zur Pfarrei Ockenheim und nach dem Wiederaufbau ab 1707 ist sie der Pfarrei Gau-Algesheim zugeordnet.

Am 29. Juni 1488 erteilte der Mainzer Erzbischof Berthold von Henneberg allen Gläubigen einen Ablass von 40 Tagen, wenn sie die Kirche des hl. Laurentius (in Bergen) aufsuchen, reumütig ihre Sünden beichten und würdig die hl. Kommunion empfangen. Am 16. Juli 1488 erlaubte er den Klerikern und Einwohnern aus den ehemaligen Filialgemeinden Gau-Algesheim, Appenheim, Nieder-, Ober-Hilbersheim, Aspisheim, Dromersheim und Ockenheim am Tag des hl. Laurentius in Prozessionen mit dem Sanktissimum zu seiner Kirche auf den Berg zu ziehen.

Nach der Einführung der Reformation blieben die Wallfahrer aus den kurpfälzischen Orten fern und es kamen nur noch die kurmainzischen, katholisch gebliebenen Gau-Algesheimer, Dromersheimer und Ockenheimer zur Wallfahrt. Während des 30jährigen Krieges wurde die Kirche zerstört und blieb wie die Höfe des Weilers 10 Jahre öd und verwaist. Katholische Langwerth’sche Hofleute baten nach der Wiederbesiedlung 1648 um Genehmigung neben der Kirchenruine eine Kapelle errichten zu dürfen, die den hll. Laurentius, Rochus und Sebastian geweiht war. Im Pestjahr 1666, in dem 2/3 der Bevölkerung von Gau-Algesheim der Pandemie zum Opfer fielen, erfuhr die Wallfahrt großen Zuspruch. Wahrscheinlich ein kurmainzischer Beamter namens Johannes Kraus stiftete im Pestjahr einen Messkelch mit Widmung „Hic calix oblatus est ut eo celeb(ratur) i(n) f(idem) S. Laurenti 1666“ -  „Dieser Kelch wurde gestiftet, damit man durch ihn zur Ehre des hl. Laurentius zelebriere“, der heute noch am Wallfahrtstag zu Ehren kommt. Eine Tierseuche ließ um 1670 den vielleicht vorchristlichen Brauch der Pferde- und Tiersegnung  wieder aufleben, zu dem bis 1790 auch die Rösser aus den kurfürstlichen Stallungen in Mainz geführt wurden. Wegen der einsetzenden unruhigen Kriegszeiten wurden sie später nach Gonsenheim geführt.

Ab 1707 bis 1717 wurde auf den Grundmauern der merowingischen Zentralkirche auf Betreiben des Algesheimer Amtskellers Elias Becker die heutige Wallfahrtskirche wieder aufgebaut und 1730 vom Mainzer Weihbischof Caspar Adolph Schernauer geweiht. Becker erlebte den Weihetag nicht mehr. Er starb 1718 und wurde in der Gau-Algesheimer Pfarrkirche beigesetzt. Sein Grabmal ist dort erhalten.

1739 erhielt die Laurenzikirche aus Rom eine 1719 von Kurienkardinal Paulutio bestätigte und von P. Fortunatus Dohlen ofm. geschenkte Reliquie des hl. Laurentius. Streitigkeiten um Hoheitsrechte seiner Familie im Ort und um die Wallfahrt bemühte sich der aus Hattenheim im Rheingau stammende Weihbischof und Bistumsverweser von Regensburg, Gottfried Langwerth von Simmern mit Kurmainz zu klären.

Nach dem Verlust des Inventars infolge der Beschlagnahmung der Kirche 1793 durch Soldaten der französischen Revolutionsarmee, die alles Brennbare im kalten Winter verheizten, erhielt die Laurenzikirche 1807 den 1656 von Erzbischof Kurfürst Karl Heinrich von Metternich gestifteten Altar der Familiengrablege aus der Lambertikapelle im Mainzer Dom als Hochaltar. Er ist heute noch erhalten. Bischof Wilhelm Emanuel Freiherr von Ketteler stiftete dazu 1867 eine Laurenzifigur. Auf seine Initiative hin wurden auch die Seitenaltäre aus der regotisierten Mainzer St. Christophskirche in die Laurenzikirche übertragen. Die grob gestrichenen Altäre wurden von Restaurator Karl Günter Rohr sorgfältig gereinigt und restauriert und in den Originalzustand zurückversetzt. 1905/06 erfuhr die Kirche eine gründliche Erneuerung unter Dekan, Pfarrer Josef Hensel durch den Mainzer Architekten August Greifzu. Eine viel beachtete Gedenkstätte für die Mainzer Märtyrer der Verfolgungszeit von 1933 bis 1945 richtete 1986 Pfarrer Dr. Ludwig Hellriegel im Vestibül der Kirche ein.

Seit altersher bemühen sich die Gau-Algesheimer und Laurenziberger Katholiken sowie die jährlich zur Wallfahrt kommenden Pilger das Heiligtum des hl. Laurentius durch ihre Spenden zu erhalten. Brautpaare deren Wurzeln in Gau-Algesheim liegen geben sich in der St. Laurenzikirche das Ja-Wort. Gern versammeln sich in ökumenischer Gemeinsamkeit evangelische Christen vom Laurenziberg und der evangelischen Kirchengemeinde Gau-Algesheim/Ockenheim zu Gottesdiensten in der Kirche und tragen mit zur Erhaltung bei. Seit vergangenem Jahr treffen sich wieder evangelische und katholische Christen am Pfingstmontag zu gemeinsamen Beten und Singen in der Ur- und Mutterkirche, der Laurenzikirche. Hervorzuheben sind in jüngster Zeit wiederholte Eigenleistungen der Chorgemeinschaft Cäcilia-Sängerlust bei der Fassadenrenovierung, der Gestaltung des Kirchenumfelds und des Rentnertrupps der Pfarrei bei der Turmsanierung und des Außenaltars.

Manfred Wantzen

7.01.2008/7.05.2014

 

Quellen:

Carl-Brilmayer-Gesellschaft, Beiträge zur Geschichte des Gau-Algesheimer Raumes, Band 1, Band 36, Ludwig Hellreigel u. a. „Der Laurenziberg“ und Band 41, Norbert Diehl u. a. „Gau-Algesheim – Historisches Lesebuch“.