Seit fast einem Jahr bestimmt der verwerfliche Krieg Russlands in der Ukraine das Leben in Europa. Ein Angriffskrieg gegen Menschlichkeit, Souveränität und Selbstbestimmung.
Jeder Tag dieses Krieges ist ein Tag zu viel.
Die Solidarität mit der Ukraine, sei es humanitär, finanziell und auch militärisch ist Beispiellos.
Anfangs war die militärische Unterstützung zurückhaltend. Es sollte vermieden werden, dass die westliche Allianz direkt als Kriegspartei auftritt. Immer wieder wurden rote Linien beschrieben, aber dann doch überschritten.
Nachdem über Wochen diskutiert wurde, haben sich Regierungen der westlichen Allianz nun für die Lieferung von Leopard-Panzern entschieden.
Der ehemalige Botschafter der Ukraine Melnik fordert seit Monaten die westliche Allianz auf, selbstgezogene rote Linien aufzugeben. Der Westen sollte, um einen nuklearen Angriff Russlands auf die Ukraine zu verhindern, dem Kreml-Herrscher Wladimir Putin mit einem atomaren Zweitschlag drohen. Nur diese Abschreckungsstrategie, die sich im Kalten Krieg bewährt habe, könne ein Armageddon in Europa verhindern.
Präsident Selenskyj und auch Melnik, nun Stellvertreter des Außenministers, fordern als nächstes die Lieferung von Raketen mit größerer Reichweite, Kampfflugzeugen, Kriegsschiffen und U-Boten. Neben der USA haben u.a. auch Frankreich und Polen darauf hin betont, diese Option nicht grundsätzlich auszuschließen.
Seit Beginn des Krieges gleitet die verbale politische Auseinandersetzung in eine riskante Spirale, die sich immer schneller unaufhaltsam zu drehen scheint. Es etabliert sich zunehmend die Strategie, dass nur dann über Frieden gesprochen werden kann, wenn die Ukraine diesen Krieg gewinnen wird. Alles Handeln richtet sich ausschließlich an dieser militärischen Lösung aus.
Auch medial hat sich durchgesetzt, dass nur mit dieser Maximalforderung ein Frieden möglich sei. Dies wird uns von aus dem Boden wachsenden Experten mehrmals in der Woche eingeredet. Und natürlich gibt es auch in der Politik Experten, die fortlaufend weitere militärische Unterstützung befürworten, wenn sie gefordert wird.
Aus guten Gründen hat sich unser Kanzler bisher bedacht zurückgehalten. Militär und Medien haben sein Handeln für sich als Schwäche identifiziert und entsprechend befeuert. Mit der Lieferung der Leopard-Panzer wird nun diese weitere rote Linie überschritten.
Es scheint so, dass es aus militärischer und politischer Sicht zukünftig keine roten Linien mehr geben wird. Das ausgerufene Ziel, den Krieg zu gewinnen, wird nur mit Panzern nicht erreichbar sein. Und es ist wohl zu erwarten, dass Langstreckenraketen und Kampfflugzeuge geliefert werden, wenn die „Notwendigkeit“ vermittelt wurde.
Eine solche Lieferung hat vermutlich zur Folge, auch wenn diese Waffen ausschließlich von der Ukraine eingesetzt werden, dass sich der Krieg nach Russland verschieben würde.
Es ist damit zu rechnen, dass Putin, nicht wie in der Vergangenheit von einer weiteren Eskalation spricht, sondern einen Eintritt der westlichen Allianz in den Krieg definieren und entsprechend reagieren würde.
Ja, ich mache mir Sorgen!
Ich denke, dass bei weiterer qualitativer Aufrüstung der Ukraine über Verteidigung hinaus die Eskalation nicht mehr beherrschbar sein wird. Was dies bedeuten würde, muss sich jeder selbst beantworten.
Was nicht nur seit Beginn des Krieges keine Rolle mehr zu spielen scheint ist die Frage, unter welchen Bedingungen über einen Waffenstillstand oder Friedensverhandlungen gesprochen werden kann. Die offiziellen Verlautbarungen hierzu werfen Putin eine Blockadehaltung vor. Erledigt? Erledigt!
Selbst wenn die Ukraine den Krieg gewinnen würde, wäre ja noch kein Frieden. Und was bedeutet „den Krieg gewinnen“ und mit „welchen Folgen?“.
Unbestreitbar ist, dass jede weitere Eskalation und jeder weitere Kriegstag Menschenleben fordert und Zerstörung zur Folge hat. An das schlimmste Szenario möchte ich gar nicht denken.
Tun wir was möglich ist und sagen wir was nötig ist.