Liebe Leser*Innen,
ja, wir und sicherlich auch Sie sind neugierig. Wer und was erwartet uns, wenn der zukünftig leitende Pfarrer unseres Pastoralraumes „MainWeg“ (mit den Gemein-den Rüsselsheim, Raunheim und Kelsterbach) einge-führt ist? Die Redaktion hatte Gelegenheit zu einem Gespräch mit Pfarrer Barton, dessen Inhalt sicher auch einige Ihrer Fragen beantworten wird.
Pfarrer Stefan Barton, seit September 2009 zuständig für die Pfarrei St. Martin in Dietzenbach, wird ab der Phase II des Pastoralen Weges der leitende Pfarrer unseres Pastoralraumes und Pfarrer der Gemeinde Raunheim. Zusätzlich zu seinen bisherigen Leitungsaufgaben in Dietzenbach gesellt sich aktuell also die Konzeptionierung und Umsetzung der Verwaltungsstruktur. Mit offizieller Übernahme des Amtes im Spätsommer werden dann alle Gemeindemitglieder „den Neuen“ persönlich kennenlernen können.
Redaktion: Herr Pfarrer Barton, wie würden Sie sich selbst kurz skizzieren?
Pfarrer Barton: Ende fünfzig, ehemaliger Banker, theologisch interessierter Vielleser
Redaktion: Wenn Sie nicht Priester geworden wären, welchen Beruf würden Sie dann heute ausüben?
Pfarrer Barton: Banker, diesen Beruf habe ich fünf Jahre ausgeübt, bevor ich das Theologiestudium aufnahm und Priester wurde.
Redaktion: Welcher Mensch hat Sie auf Ihrem Lebens- und Glaubensweg geprägt? Haben Sie ein Vorbild oder eine/n Lieblingsheilige/n?
Pfarrer Barton: Die kirchliche Jugendarbeit hat mich als Jugendlichen geprägt. Hier bin ich anderen Jugendlichen begegnet, die den Glauben mit mir teilten. Ich bin in der Diaspora Oberhessens aufgewachsen. In meiner Jahr-gangsstufe war ich der einzige Katholik. Deshalb war ich etwa in der vierten Klasse im evangelischen Religions-unterricht. Die Katholische Landjugendbewegung (KLJB) und die Ministrantenarbeit waren für viele Jahre die Orte meines persönlichen Engagements, die mich dann auch über das Dekanat Alsfeld hinaus mit anderen in Kontakt brachten. Als meine Lieblingsheiligen würde ich den Heiligen Martin, den Heiligen Stephanus als meinen Namenspatron und den Heiligen Bonifatius nennen wollen. Ich bin am Bonifatiusweg aufgewachsen, so dass mir dieser Heilige schon als Kind begegnete.
Redaktion: Gibt es außerkirchliche Freizeitbeschäftigungen, die Ihnen wichtig sind - oder bleibt dafür gar keine Zeit?
Pfarrer Barton: Ja, da gibt es eine ganze Menge: in meiner Studienzeit, die ich teilweise in Wien verbrachte, habe ich eine große Affinität für Kaffeehäuser entwickelt. Ich lese gerne, meine ganze Wohnung ist vollgestopft mit Büchern. Ich interessiere mich sehr für Musik und Geschichte und hatte in meiner Studienzeit in Mainz eine Neben-tätigkeit als Domführer. Ich würde gerne etwas mehr Zeit in diese Aktivitäten investieren können.
Redaktion: Haben Sie in der Vielfalt Ihrer Aufgaben ein persönliches Steckenpferd - was arbeiten Sie am liebsten?
Pfarrer Barton: Predigen! In den letzten Jahren habe ich mich intensiv mit Fragen der Homiletik, also der Predig-tlehre, auseinandergesetzt und an der Jesuitenhochschule Sankt Georgen in Frankfurt in dieser Fachrichtung mein Lizentiat der Theologie mit einer Arbeit über „Gottes wirkendes Wort in Menschenwort“ zu einer verantworteten biblischen Verkündigung, errungen. Das hat mich nicht zuletzt auch in meiner beruflichen Tätigkeit als Prediger sehr bereichert. Beim Lizentiat der Theologie handelt es sich um die akademische Lehrbefähigung.
Redaktion: Welches Lied aus dem Gotteslob singen Sie besonders gern?
Pfarrer Barton: „Herr, du bist mein Leben, du mein Weg“ (GL 456) und „Gib dich zufrieden und sei stille in dem Gotte deines Lebens“ (Mainzer Gotteslob 845)
Redaktion: Gibt es eine Bibelstelle, die Ihnen wichtig ist oder viel bedeutet?
Pfarrer Barton: „Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“ (Ps 18,30) – dabei handelt es sich um meinen Primiz-spruch. Er hat mich fast durch mein ganzes Leben begleitet. Darüber hinaus gibt es natürlich noch viele weitere Bibelstellen, die mich bewegen. Nicht zuletzt die „Heilung des Gelähmten“ (Mk 2,1-12) mit der ich zum Lizentiat der Theologie promoviert wurde.
Redaktion: Der aktuelle „Tanz auf zwei Hochzeiten“ ist bezüglich der Belastungen sicher anspruchsvoll. Bewegen Sie und „der Weg“ sich im Zeitrahmen oder gibt es Hindernisse?
Pfarrer Barton: Tatsächlich ist es eine Herausforderung an einem Ort aufzubrechen, aufzuräumen und sich davon zu lösen und doch gleichzeitig schon auf das Neue zu schauen. Zudem gilt es ja auch schon mehrtägige Fort-bildungen zu absolvieren um sich auf die neue Aufgabe vorzubereiten. All das ist spannend und anstrengend gleichermaßen. Dazu kommt aber auch das Abschiednehmen von Menschen, vom Ort an dem man bisher gelebt hat. Ich habe hier in Dietzenbach nicht nur gearbeitet, ich habe mit den Menschen hier am Ort gelebt.
Redaktion: Verwaltung ist notwendig und hilfreich, aber nicht alles. Konnten Sie sich mit Blick auf die erheblichen Veränderungen bereits einer inhaltlichen Vision nähern?
Pfarrer Barton: Oh, ich glaube, dass sich derzeit noch viele Alltäglichkeiten in den Vordergrund drängen. Vieles muss geklärt werden. Der Umzug muss organisiert und vorbereitet sein. Und dazu kommt noch, dass der Pastoral-raum „MainWeg“ ein mir bisher noch ziemlich unbekannter Raum ist.
Redaktion: Wir denken, die Menschen in den Gemeinden zusammenzuführen, ist ein erster wichtiger Ansatz. Würden Sie dem zustimmen und haben Sie dazu schon eigene Vorstellungen?
Pfarrer Barton: Ja, ein gemeinsamer Blick, eine gemeinsame Anstrengung den Pastoralraum zu gestalten halte ich für entscheidend. Gemeinsam sind wir stark. Gemeinsam schaffen wir es, auch in unserer Zeit, die Botschaft vom Reich Gottes zu verkünden. Das ist unser entscheidender Auftrag als christlicher Gemeinde am Ort. Wie anders als in einer großen Gemeinsamkeit sollte dieser Auftrag zu erfüllen sein?
Redaktion: Mit Blick auf den pastoralen Raum: Welche Veranstaltungen sollten zukünftig Ihrer Meinung nach im pastoralen Raum gemeinsam stattfinden - welche sollten an den jeweiligen Kirchorten verbleiben?
Pfarrer Barton: Ich glaube, dass wir gut beraten sind uns auf die Suche nach den Gemeinsamkeiten zu machen. Auch gut abzustimmen, wie wir diese dann leben. Die Sakramentenvorbereitung könnte sicher ein Feld für die große Gemeinsamkeit sein. Die Feier der Gottesdienste und der Sakramente selbst braucht auch Einbindung in den Ort, in dem man lebt. Meine Zeit im Pastoralraum „MainWeg“ wird erst am 1. Oktober beginnen. Es gibt ja schon viele Schritte aufeinander zu, die gilt es wahrzunehmen und dann danach zu schauen, wie sie weiterentwickelt werden können im Rahmen des „Pastoralen Weges im Bistum Mainz“.
Redaktion: Im Zugehen auf neue Mitglieder oder aus der Kirche Ausgetretene - haben Sie Ideen, wie wir die Menschen noch besser erreichen können? Was müssten wir hierzu verändern?
Pfarrer Barton: Ich glaube, wir müssten künftig noch viel mehr davon reden, was wir als Kirche am Ort und für die Gesellschaft im Allgemeinen sein wollen. Mitgestalter des Lebens, ganz konkret in unserem caritativen Handeln vor Ort sein, unser Engagement in Kindertagesstätten intensivieren, unsere kirchlichen Schulen stärken und mit den Menschen im Gespräch bleiben. Wenn ich das „Patentrezept“ hätte, wäre ich schon einige Schritte weiter. Wir müssen in unseren Gemeinden gemeinsam Wege suchen auf die Menschen in unserer Umwelt zuzugehen und verstehen lernen, was die Welt von uns als Kirche erwartet.
Redaktion: Wo sehen Sie unsere Kirche im Jahr 2035 - was wird sich geändert haben?
Pfarrer Barton: Wir werden als Kirche am Ort ein Teil unserer Gesellschaft sein. Es wird dabei an uns liegen, ob wir uns auf die Zeichen der Zeit eingelassen und verstanden haben werden, was es braucht, auch in Zukunft den Glauben lebendig zu verkünden. „Seid stets bereit, jedem zu antworten, der euch nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“ (1 Petr 3,15). Dazu wird aber unbedingt das Bekenntnis zu Jesus Christus als die entscheidende Ausrichtung notwendig sein.
Redaktion: Viele verbinden mit den pastoralen Räumen, dass den Menschen etwas weggenommen wird. Wie möchten Sie diesen Bedenken begegnen.
Pfarrer Barton: Die zentrale Aufgabe der neuen pastoralen Räume wird auch künftig die Verkündigung von Jesus Christus und seiner Botschaft vom Reich Gottes sein. Diese Botschaft bleibt uns allen auch unter veränderten Be-dingungen. Zudem hat Jesus Christus nie gesagt, häuft Häuser und Vermögen an, sondern geht zu den Menschen, werdet Menschenfischer*innen und seid so Zeug*innen der Frohen Botschaft von der Menschenfreundlichkeit Gottes, vom neuen Leben in der Auferstehung Jesu und voller Mut in der Kraft des Heiligen Geistes. Es geht immer nur um solche Mutausbrüche des Geistes Gottes für die Welt.
Wir bedanken uns im Namen der Redaktion und der gesamten Gemeinde recht herzlich bei Pfarrer Barton für das Gespräch. Trotz aktueller Doppelbelastung hat er sich Zeit für unsere Fragen genommen und seine Antworten skizzieren, mit wem wir zukünftig gemeinsam unseren Glaubensweg erwandern. Bis dahin läßt er Sie herzlich Grüßen.
Herr Pfarrer Barton, Sie sind uns herzlich willkommen.