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Anbetung rund um die Uhr

Warum das Große Gebet Mainzer Wurzeln hat und heute wiederauflebt. In der aktuellen Ausgabe des Magazins "Glaube und Leben" erscheint zu Fronleichnam ein Gastbeitrag des Mainzer Domkapitulars Franz-Rudolf Weinert.
Mainz, 2. Februar 2020: Bei der Eucharistischen anbetung wird eine konsekrierte Hostie in einer Monstranz „ausgesetzt“, das heißt zur Anbetung auf den Altar gestellt.
Von:
Franz Rudolf Weinert/ Glaube und Leben

Fronleichnam ist eine der bekanntesten Formen der Eucharistieverehrung. Das Fest stammt aus dem 13. Jahrhundert. Bei der Fronleichnamsprozession, die sich der Messfeier anschließt, gibt der Priester mit dem eucharistischen Brot in einem Zeigegefäß, der Monstranz, den sakramentalen Segen.

Die Eucharistie steht zweifellos im Zentrum des katholischen Glaubens. Seit der Einsetzung Jesu im Abendmahlssaal hat die Kirche nicht aufgehört, dieses Sakrament in Form der Heiligen Messe zu feiern, die Frucht dieser Feier in der heiligen Kommunion zu empfangen, Abwesenden, darunter Kranken und Gefangenen, zu bringen – und zu verehren.

Nach katholischem Verständnis sind der Leib und das Blut Christi über die Messfeier hinaus bleibend gegenwärtig. Optischer Hinweis dafür ist die Ewig-Licht-Leuchte im Altarraum von Kirchen. Das Licht verweist darauf, dass im Tabernakel die Eucharistie aufbewahrt wird, für die Kranken und Sterbenden, für eine Kommunionfeier und die eucharistische Anbetung.

Aus Liebe zur Eucharistie

Im 15. und 16. Jahrhundert entstanden neben privaten und gemeinschaftlichen Formen sogenannte Eucharistische Bruderschaften oder Congregationen. Ihre Mitglieder – Frauen und Männer – setzten sich aus Liebe zur Eucharistie für deren Verehrung in besonderer Weise ein.

Erstmals wurde 1539 durch Papst Paul III. einer solchen Vereinigung in Rom der Rang einer Bruderschaft verliehen. Auch hierzulande, im damaligen Erzbistum Mainz, bildete sich eine solche Gemeinschaft. Mainzer Bischöfe und Priester brachten sie wohl von ihren Rombesuchen mit. In einer der ältesten Mainzer Pfarrkirchen, St. Quintin, ist die eucharistische Verehrung bereits 1499 bezeugt. An diese Tradition knüpfte 125 Jahre später der damalige Erzbischof Johann Schweikhardt von Kronberg an. Am 18. April 1624, vor 400 Jahren, beschloss er, in der Quintinskirche die erste Eucharistische Bruderschaft zu gründen.

Männer und Frauen wurden Mitglied, indem sie sich bereit erklärten, im Jahr eine Stunde eucharistische Anbetung zu halten; der Ort war dabei nicht festgeschrieben. Die Mitglieder trugen sich namentlich in ein Bruderschaftsbuch ein, wie eine erhaltene Quelle bezeugt. Nicht nur Laien, auch Bischöfe und Priester sind dort mit ihrer festen Gebetszeit verzeichnet.

In der Folge entwickelte sich aus dem einstündigen, privaten, ein öffentliches, mehrstündiges, 40-stündiges Gebet, das sich vom zeitlichen Rahmen an der geschätzten 40-stündigen Grabesruhe Jesu orientierte. Dieses Gebet wurde auch Ewiges oder Großes Gebet genannt. Wieder war die Kirche St. Quintin Ort des Geschehens. Dort erhielt der damalige Pfarrer 1718 die Aufgabe, dem Ewigen Gebet eine Form für das Erzbistum Mainz zu geben. 1722 erschien die gedruckte Ordnung, die die gesamte Erzdiözese umfasste: die Städte Mainz, Bingen, Rodgau, Miltenberg, Lohr, Frankfurt, Fritzlar, Erfurt sowie die Regionen Rheinhessen, Rheingau und Taunus, die Bergstraße und das Eichsfeld. Das Große Gebet begann am 1. Juli morgens um 4 Uhr im Mainzer Dom, dauerte drei Tage und wechselte dann in die nächste Mainzer Kirche. Tagsüber war die Anbetung in den Pfarrkirchen, nachts in den Klöstern.

„Stay and Pray“ Aufbrüche seitd dem Jahr 2000

Die „Sakramentale Eucharistische Bruderschaft“ gibt es im heutigen Bistum Mainz nicht mehr, wie auch die ununterbrochene Form des Großen Gebets sich nicht halten konnte. Wohl haben manche Pfarreien noch ihr altes Datum und halten daran fest; andere haben das Gebet auf einen Sonntag in zeitlicher Nähe gelegt. Im Jahr 2000 gab es im Bistum einen neuen Impuls, um die eucharistische Anbetung in den Gemeinden wiederzubeleben, mit mäßigem Erfolg.

In der Kirche St. Quintin, wo die „Sakramentale Bruderschaft des Allerheiligsten Sakramentes“ vor 400 Jahren gegründet wurde, wo 200 Jahre später das Große Gebet für viele heutige Diözesen in Deutschland seinen Anfang nahm, gibt es seit 2004 einen erneuten Aufbruch. Zur Vorbereitung auf den Weltjugendtag in Köln 2005 hatte die damalige Gemeindereferentin die Idee, junge Menschen in der Kirche einmal pro Woche zu einer einstündigen eucharistischen Anbetung einzuladen. Mittlerweile wird zweimal pro Woche ein Gottesdienst mit Neuen Geistlichen Liedern gefeiert, dem sich eine Stunde eucharistischer Anbetung mit dem Motto „Stay and Pray“ anschließt. Das Gebet ist sehr beliebt und wird von vielen jüngeren Menschen mitgetragen.

Auch in Mainz-Bretzenheim gibt es im fünften Jahr in einer Kapelle das Format „24/7“ – die eucharistische Anbetung findet das ganze Jahr über statt, an allen Tagen der Woche, zu jeder Stunde. Etwa 180 Personen halten dort stille eucharistische Anbetung. Sie organisieren ihre Gebetszeit und Vertretung selbst, eine Gemeinschaft von jungen und alten Menschen, verschiedener Nationalität und Konfession.

 

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