kfd-Forderungen zum Weltfrauentag 2024

Großmütter: Retterinnen im Betreuungsnotstand

cheerful-grandmother-granddaughter-having-fun-home (c) freepik
cheerful-grandmother-granddaughter-having-fun-home
Datum:
Di. 5. März 2024
Von:
Gisela Franzel

Am Frühstückstisch erreicht Frau X, die vor kurzem in Rente gegangen ist, ein Hilferuf ihrer Tochter: "Der Kindergarten hat zu! Kannst Du das Kind abholen und betreuen?"

Solche Situation häufen sich in den letzten Monaten, es herrscht Betreuungsnotstand. Großmütter sind buchstäblich die Retterinnen in der Not. Bevor wir uns falsch verstehen: Natürlich springen Frauen ein, wenn Kinder und Enkelkinder Hilfe brauchen, keine Frage.

Aber in der Sicht auf die gesellschaftliche Situation häufen sich die Beobachtungen, dass die Betreuung in Deutschland von den Großeltern, hier besonders von den Großmüttern am Laufen gehalten wird.

Ist das wirklich so, haben sich die Mitarbeiterinnen im kfd Arbeitskreis Politik und Gesellschaft gefragt und am 2. März die Sozialwissenschaftlerin Dr. Mara Barschkett vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) zu einem digitalen Workshop eingeladen. Sie hatte zusammen mit anderen Wissenschaftlerinnen in Kooperation mit der Stiftung Ravensburger Verlag die Auswirkungen der Großelternbetreuung auf Familien in Deutschland untersucht. „Oma und Opa gefragt? Veränderungen in der Enkelbetreuung - Wohlbefinden von Eltern - Wohlergehen von Kindern“ lautet der Titel der Publikation.

Interessante Fakten im Hinblick auf die Fragestellung aus der Frauenperspektive sind:

Bis zu 50 % der Großeltern, die in der Nähe wohnen betreuen regelmäßig ihre Enkelkinder. Vor allem im Kindergarten- und Grundschulalter ist dies notwendig. Unter den betreuenden Personen ist die Großmutter die am meisten beanspruchte Person. Warum ist dies immer noch notwendig? Haben in der Vergangenheit Bund und Länder nicht genug getan? Zwischen 2002 und 2013 war ein signifikanter Ausbau der Kitas in Deutschland zu beobachten, seitdem gab es den Ausbau der Betreuung an Grundschulen. Aber von Flächendeckung und der Aufwertung des Erzieherinnenberufs über die Jahre konnte keine Rede sein. All dies zeigt nun seine Wirkung. Und trotz dieser politischen Bemühungen war die Betreuung durch Großeltern, vor allem der Großmütter, die ganze Zeit über ein fester Bestandteil der Kinderversorgung. Daran hat sich über viele Jahre nichts geändert. Im Gegenteil, unter den betreuenden Personen gewinnen sie sogar eine immer größer werdende Bedeutung.

Was auf der einen Seite eine Art Generationenvertrag sein könnte, wirkt sich wieder einmal zu Ungunsten der Frauen aus. Häufig sehen Frauen diese Situation in der Familie voraus und gehen vorzeitig in Rente. Außerdem besteht ein hoher moralischer Druck, dass doch die Großeltern den bestehenden Betreuungsnotstand ausgleichen soll, denn: Wer soll es sonst machen?

Das bedeutet für Frauen, die schon ihr ganzes Leben lang den Großteil der Familiensorge übernommen haben, auch in ihrer Altersphase wieder in die Familienversorgung einsteigen zu müssen, um die Familie zu stabilisieren.

Deswegen fordern die kfd-Verantwortlichen:

  • Eine Aufwertung der Carearbeit in unserer Gesellschaft.
  • Wir brauchen mehr stabile Kinderbetreuungseinrichtungen im Land.
  • Der Beruf der Erzieherin muss in der Ausbildung stärker gefördert und im Beruf stärker entlastet werden.
  • Das Land Hessen hat dazu in seinem Koalitionsvertrag konstruktive, politische Vorhaben formuliert. Wichtig ist nun, dies auch in eine finanzielle Realität umzusetzen.
  • Eine Anerkennung der unbezahlten Care-Arbeit in der Rente.
  • Eine steuerliche Entlastung von sorgenden Großeltern. Häufig sind dies ja Rentnerinnen, die die ihrem Alltag den Staat mit ihrer Tätigkeit entlasten und dafür kein Entgelt bekommen. Hier wäre über einen Steuerfreibetrag nachzudenken.

 

Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands hat bundesweit 265.000 Mitglieder, dem Diözesanverband Mainz gehören 1500 Frauen in Hessen und Rheinland-Pfalz an.

Zu den Kernthemen gehören das Engagement für Geschlechtergerechtigkeit in Kirche und Gesellschaft, eine faire Verteilung der Carearbeit und eine Neubewertung dieser oft unbezahlten Tätigkeit.