Schmuckband Kreuzgang

Wandgemälde der Kirche St. Markus

St. Markus Wandgemälde (c) c
St. Markus Wandgemälde
Datum:
Mo. 11. Apr. 2022
Von:
Hanna Erdmann

Das Wandgemälde in der Kirche St. Markus wurde 1992 von dem Augsburger Kunstmaler Hermenegild Peiker innerhalb von fünf Monaten geschaffen. In der Mitte stellt es den dreifaltigen Gott dar, umrahmt von Szenen aus den Evangelien.

Die Darstellung der Dreifaltigkeit

Triumphkreuz aus der Kirche von Linde, Gotland (Schweden) (c) c
Triumphkreuz aus der Kirche von Linde, Gotland (Schweden)

Im Zentrum des Gemäldes steht die überlebensgroße Darstellung Jesu Christi mit ausgebreiteten Armen in einem angedeuteten Kreuz. Hinter dem Kopf und Oberkörper Jesu ist ein Lorbeerkranz zu sehen. Im Kult des römischen Gottes Jupiter war der Lorbeerkranz ein Zeichen des Sieges. Als Corona triumphalis war er im Römischen Reich die höchste Auszeichnung für einen siegreichen Feldherrn. Die Haltung und Gestik weist die Christus-Darstellung als Beispiel für den „Christus triumphans“ aus, als Sieger und Überwinder des Todes. Die mittelalterliche Kunst der Romanik (1000-1130 n.Chr.) stellte den gekreuzigten Jesus häufig als Herrscher und Richter dar. Statt einer Dornenkrone trägt er eine Königskrone oder Gloriole, er steht aufrecht und hat die Augen geöffnet. Erst in der Gotik (1140-1500 n.Chr.) zeigen die Kreuzesdarstellungen den leidenden und sterbenden Christus. Der mittelalterlichen Bildsprache folgend zeigt die Christusdarstellung in der Kirche St. Markus Jesus Christus als Sieger über den Tod.

Taube über der Cathedra Petri von Bernini (c) c
Taube über der Cathedra Petri von Bernini

Um den Lorbeerkranz und den Oberkörper Christi deutet sich ein Dreieck an. Das gleichseitige Dreieck steht in der christlichen Kunst für die Dreifaltigkeit. Dieser Schluss liegt nahe, da sich an der Spitze des Dreiecks die Darstellung eines gekrönten Hauptes findet, die man als Gottvater interpretieren könnte. Zudem schwebt über dem Kreuz eine Taube, die das am weitesten verbreitete Symbol für den Heiligen Geist ist. Die Ausführung der Taube in der Kirche St. Markus erinnert an die Glasmalerei von Gian Lorenzo Bernini, die sich über der Cathedra Petri im Petersdom findet. Wie vor ihm Bernini gestaltete der Künstler die Taube in einem ovalen Strahlenkranz.

Die vier Evangelisten

An der Verbindung von Quer- und Längsbalken des Kreuzes gruppieren sich die Symbole für die vier Evangelisten. Die Symbole gehen auf zwei Bibelstellen zurück, zum einen Ez 1,1-14. In einer Vision schaut der Prophet Ezechiel die Herrlichkeit Gottes in diesen vier Gestalten. Dieses Motiv wird in der Offenbarung des Johannes aufgegriffen (Offb 4,6-8). Die Kirchenväter Irenäus von Lyon und Hippolyt deuteten diese beiden Zitate auf die vier Evangelisten um. Folgende Symbole und Evangelisten sind aufeinander bezogen:

  1. Der Mensch steht für den Evangelisten Matthäus: sein Evangelium beginnt mit einem Stammbaum Jesu, betont also die menschliche Abstammung Jesu.

  2. Der Evangelist Markus wird durch den Löwen symbolisiert: mit Jesus beginnt die Zeit des Friedens, in der laut Jesaja Kalb und Löwe beieinanderliegen (Jes 11,6).

  3. Für den Evangelisten Lukas steht der Stier: das Lukas-Evangelium beginnt mit dem Opfer des Zacharias im Tempel; der Stier als Opfertier deutet aber auch auf den Opfertod Jesu am Kreuz hin.

  4. Der Adler als Symbol für Johannes wird als Anspielung auf die „geistige Höhe“ des Evangeliums gedeutet.

Die Symbole der vier Evangelisten sind umgeben von Vogelkörpern, die auf die Inspiration der Evangelisten beim Verfassen der Evangelien durch den Heiligen Geist verweisen.

Der Pelikan

In der unteren Verlängerung des Kreuzes, sozusagen dem Sockel des Kreuzes, ist ein Pelikan zu sehen, der mit ausgebreiteten Flügeln das Nest mit seinen Jungen schützt. Nach dem Physiologius, einem frühchristlichen Tierlexikon, öffnet sich der Pelikan die eigene Brust und nährt so seine Jungen. Dies wurde auf Jesus Christus übertragen, der durch seinen Tod am Kreuz das Leben für die Gläubigen verheißt. Diese Vorstellung beruht allerdings auf einem Irrtum: die Jungen des Pelikans holen sich ihr Futter tief aus dem Kehlsack der Elterntiere, was möglicherweise den Eindruck erweckt, die Jungtiere ernähren sich aus deren Brustfleisch.

Direkt unterhalb des Kreuzes und der Darstellung des Pelikans befindet sich der Tabernakel und vervollständigt damit die Symbolik vom Opfertod Jesu am Kreuz, dessen wir uns in jeder Eucharistiefeier erinnern und der nach katholischem Verständnis im gewandelten Brot, in unserer Mitte gegenwärtig ist.

Szenen aus dem Markus-Evangelium

Rund um die Christusdarstellung sind Szenen aus dem Markus-Evangelium und den Passionserzählungen der synoptischen Evangelien gruppiert.

Beginn des Markus-Evangeliums

Beginn Markusevangelium (c) c
Beginn Markusevangelium

Das Markus-Evangelium beginnt mit einem Zitat des Propheten Jesaja „Ich sende meinen Boten vor dir her, er soll den Weg bahnen. Eine Stimme ruft in der Wüste: bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!“ (Mk 1,2-3).

Die linke Figur könnte daher als Prophet Jesaja gedeutet werden, der die Ankunft des Messias prophezeit hatte. Zu seinen Füßen sitzt das Symboltier des Evangelisten Markus, der Löwe (vgl. oben)

Die linke Figurengruppe zeigt Johannes den Täufer (erkennbar an dem Mantel aus Kamelhaar und dem Kreuzstab), der den vor ihm knienden Christus tauft. Im ersten Kapitel des Markus-Evangeliums kündigt Johannes als „Stimme in der Wüste“ die Ankunft Christi an (Mk 1,4-8). Mit der Taufe beginnt das öffentliche Wirken Jesu (Mk 1,9ff).

Stillung des Seesturmes

Seesturm (c) c
Seesturm

In Mk 4,35-41 berichtet der Evangelist von der Stillung des Seesturmes. Jesus und die Jünger sind mit einem Boot auf dem See Genezareth unterwegs, als sich ein Sturm erhebt. Die verängstigten Jünger wecken den schlafenden Jesus, der daraufhin den Wellen und dem Wind Einhalt gebietet.

Diese so genannten „Naturwunder“ sind bildhafte, symbolträchtige Geschichten, die vor allem die Göttlichkeit Jesu darstellen und den Gemeinden nach Ostern Mut machen wollen“ (zitiert nach Sonja Angelika Strube: „Wer an mich glaubt, wird leben“. Aus der Reihe „Die Bibel verstehen“ in „Frau + Mutter“, Mitgliederzeitschrift der KFD). In diesem Kontext ist auch Jesus‘ Frage „Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“ (Mk 4,40) zu verstehen.

Heilungserzählungen

Heilungserzählungen (c) c
Heilungserzählungen

Die Figurengruppe links oben fasst mehrere Heilungserzählungen zusammen. Im Einzelnen kann man Menschen mit Krücken, Blinde und den als Skelett dargestellten Tod mit einem Kind erkennen.

Im Markus-Evangelium finden sich unter anderem folgende Heilungserzählungen:

  • Heilung der Schwiegermutter des Petrus (Mk 1,29-31)

  • Heilung eines Aussätzigen (Mk 1,40-45)

  • Heilung eines Gelähmten (Mk 2,1-12)

  • Die Auferweckung der Tochter des Jairus (Mk 5,21-43)

  • Krankenheilungen am See Genesareth (Mk 6,53-56)

  • Erhörung der Bitte einer heidnischen Frau (Mk 7,24-30)

  • Heilung eines Taubstummen (Mk 7,31-37)

  • Heilung eines Blinden bei Betsaida (Mk 8, 22-26)

  • Heilung des blinden Bartimäus (Mk 10,46-52)

Passion Jesu

Gebet im Garten Getsemani (c) c
Gebet im Garten Getsemani

Auf der rechten Seite des Kreuzes ist in aller Ausführlichkeit die Passion Jesu dargestellt. Hier nimmt der Künstler auch Anleihen aus den anderen synoptischen Evangelien nach Matthäus und Lukas.

 

Die Passionsdarstellung beginnt mit dem Gebet im Garten Getsemani (Mk 14,32-42). Neben der Gestalt Jesu ist ein Engel zu sehen, der Jesus einen Kelch reicht. Der Kelch steht für die Bitte Jesu „diesen Kelch (das Leiden und Sterben) von ihm zu nehmen“ (Mk 14,36). Bei Lukas heißt es auch „Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und gab ihm (neue) Kraft.“ (Lk 22,43) Die Annahme des Kelches steht für das Annehmen des Schicksals, die Unterwerfung unter Gottes Willen.

Jesus vor Pilatus (c) c
Jesus vor Pilatus

Das nächste Bild zeigt die Gefangennahme Jesu (Mk 14,43-53).

 

Auf dem folgenden Bild steht Jesus vor Pilatus, der sich die Hände in einer Schüssel wäscht. Diese sprichwörtliche Geste „sich die Hände in Unschuld waschen“ ist im Matthäus-Evangelium beschrieben (Mt 27,24: Als Pilatus sah, dass er nichts erreichte, sondern dass der Tumult immer größer wurde, ließ er Wasser bringen, wusch sich vor allen Leuten die Hände und sagte: „Ich bin unschuldig am Blut dieses Menschen. Das ist eure Sache.“).

Kreuzabnahme Jesu (c) c
Kreuzabnahme Jesu

Das letzte Bild innerhalb des Kreises zeigt die Kreuzabnahme Jesu. Nach dem Tod Jesu bat der Ratsherr Joseph von Arimathäa um den Leichnam Jesu, um ihn zu bestatten. Am Fuß des Kreuzes kniet Maria, den Kopf ihres toten Kindes im Schoß, der schon halb mit Leintüchern (mit diesen wurden Tote umwickelt) bedeckt ist. In der Bildenden Kunst wird die Darstellung Marias mit dem Leichnam Jesu als Pietà (italienisch für „Frömmigkeit, Mitleid“) bezeichnet.

Austreibung von Dämonen (c) Walter
Austreibung von Dämonen

Außerhalb des Bilderkreises stehen zwei weitere Darstellungen aus dem Leben Jesu. Rechts von der Passion zeigt der Künstler die Austreibung von Dämonen. In der Antike wurden psychische Krankheiten oder Erkrankungen wie beispielsweise Epilepsie auf Dämonen zurückgeführt, die Besitz von den erkrankten Menschen ergriffen haben. Die Evangelien berichten an vielen Stellen, wie Jesus Menschen von Dämonen heilt und Besessenen die bösen Geister austreibt.

 

  • Heilung von Besessenen und Kranken (Mk 1,32-34)

  • Heilung des Besessenen von Gerasa (Mk 5,1-20)

  • Heilung eines besessenen Jungen (Mk 9,14-29)

Nach jüdischem Verständnis zeigen Wunderheilungen und Dämonenaustreibungen die Gottesherrschaft an (vgl. Jes 35,5f, 29,18f, 26,29, 61,1f).

Im unteren Bild wird die Tempelreinigung (Mk 11,15-19) dargestellt: Jesus vertreibt die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel, da sie aus dem „Haus Gottes eine Räuberhöhle“ gemacht haben.

Zur Bedeutung der Farbsymbolik

Tempelreinigung (c) Walter
Tempelreinigung

Die meisten Szenen, die der Künstler aus dem Leben Jesu gemalt hat, sind in Gelb- und Orangetönen gehalten. Gelb wird häufig an Stelle der Farbe des Metalls Gold gewählt (siehe Flagge des Vatikans oder die deutsche Flagge schwarz-rot-gold). Gold symbolisiert die Ewigkeit, das Göttliche. Die Dämonen, aber auch die Händler, die Jesus aus dem Tempel vertreibt, sind dagegen in blau, rot und grün gehalten.

In diesem Bild steht gelb für das Göttliche und Erlöste, die Farben rot, grün und blau dagegen für die unerlöste, sündige Welt.