Am Sonntag, 16. Januar 2022, wurde im Rahmen eines musikalischen Abendgebetes (Evensong) die alte Orgel in Zornheim „verabschiedet“. Gestaltet wurde diese gottesdienstliche Feier von CHORisma und Mitgliedern des Vorstandes des Orgelbauvereines.
Zu Beginn begrüßte Pfarrer Hubert Hilsbos: „Jesus bleibet meine Freude …“ was für ein wunderbares Musikstück von Johannes Sebastian Bach als Auftakt zu diesem mu-sikalischen Abendlob. Ihnen allen einen „Guten Abend“ und ein herzliches Willkommen zu diesem besonderen Abend an dem wir das Singen und Beten verbinden mit dem offiziellen Abschied unserer bisherigen Orgel.
Ich möchte Sie zu einer kurzen Zeitreise einladen und sozusagen innerlich mitnehmen in das Jahr 1892, also vor gut 130 Jahren. Denn in diesem Jahr wurde wohl der endgültige Entschluss gefasst worden, dass die alte Kirche – bis auf den Turm – niedergelegt und eine neue gebaut werden soll. Der damalige Pfarrer Gillig hat dies ziemlich drastisch beschrie-ben: „Zornheim hatte eine überaus kleine, verfallene und armselige Kirche, … eher ein Stall als eine Kirche“. Wenige Jahre wurde später eine Kirche komplett neu gebaut und 1895 geweiht. Das 125jährige Weihejubiläum haben wir vor kurzem gefeiert.
Ich betone dies, weil ich diese starke Entschlusskraft unserer Vorfahren, etwas Neues und auch Großes entstehen zu lassen, schlichtweg bewundere und für etwas Besonderes halte. … Und wenn man dann noch bedenkt, dass fast zeitgleich ein neues Schulhaus hier in Zornheim gebaut wurde … und das alles im Wesentlichen gestemmt und ermöglicht von Orts- und Kirchengemeinde zusammen, … eben von willensstarken und engagierten Bewohner/innen von Zornheim; damals ein Dorf mit etwa 900 Einwohnern. Das ist fast nicht zu glauben und doch geschehen. Und in der Chronik ist zusätzlich zu lesen: „Auch das Bistum konnte damals kaum helfen.“ – Mir scheint: Hier wiederholt sich die Geschichte.
Nun stand die größere und schönere neugotische Kirche - und war im Innern ziemlich leer. Über Jahrzehnte hat sich die konkrete Ausstattung mit Hochalter, Kanzel, Figuren, usw. hin-gezogen. Erst 1911 konnte zur Unterstützung des Gemeindegesanges ein Harmonium aufgestellt werden. Und zwanzig Jahre später dann – endlich – und wiederum mit großem Einsatz der ganzen Gemeinde – wurde eine neue Orgel bei der Orgelbaufirma Ernst Seifert aus Köln und Kevelaer beauftragt. Es wird ein Freudentag gewesen sein, dass nun endlich – für den Kirchenraum entsprechend – eine eigene Orgel vorhanden war.
Diese Orgel von 1931 ist eine technische Rarität, es ist eine sogenannte Multiplexorgel. Bei einer Multiplexorgel werden aus relativ wenigen Pfeifenreihen und mit einer elektrischen Steuerung verschiedene Register erzeugt und es entsteht so - mit einer relativ kleinen Orgel - ein größeres Klangvolumen; auch Kosten, Platz und Gewicht werden eingespart. Damals war das – auch inspiriert durch die Kino-Orgeln bei Stummfilmen - etwas Besonders und eben in der Anschaffung überschaubar. Solche Mulitplexorgeln haben sich letztlich nicht durchgesetzt, weil sie auch erhebliche musikalische Nachteile haben.
Viele Jahrzehnte erklang die Orgel – „zum Lobe Gottes und Freude der Men-schen“ wie es in der Pfarrchronik heißt. In den zurückliegenden 20 Jahren kam es immer wieder zu größeren Schäden und Ausfällen an unserer Orgel. Reparaturen und zusätzliche Wartungen waren erforderlich. Mehrere Orgelsachverständige haben seit 2008 Gutachten formuliert, die alle zu der eindeutigen Empfehlung kamen, dass man an eine andere oder neue Orgel denken solle.
Es wurde hin und her überlegt, … das Für und Wider abgewogen … 2016 haben dann Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat den Neubau einer Orgel beschlossen und 2017 kam es zur Gründung des Orgelbauvereines, der sich intensiv und zielorientiert der Verwirklichung einer neuen Orgel angenommen hat. In diesem Jahr (nur fünf Jahre nach der Gründung) des Orgelbauvereines ist es soweit.
Natürlich – zumindest geht es mir so – kommt auch etwas Wehmut auf - das ist so, wenn man Abschied nehmen muss. Aber dieser Abschied von der alten Orgel kann und soll gesehen werden in der Vorfreude auf das Neue und Große, wenn die Klais-Orgel voraussichtlich am Kerbesonntag am 28. August gesegnet werden kann.
Also Rückblick, Abschied. Vorfreude – und, das mag mein letzter Gesichtspunkt sein, Dankbarkeit.
Ja, ich bedanke mich – auch im Namen unserer Pfarrgemeinde – bei allen Personen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten dieser Orgel angenommen haben, sie auch wertgeschätzt, liebgewonnen, immer wieder kleinere und größere Reparaturen ausgeführt haben, damit die Orgel, besonders bei Gottesdiensten, ihren mu-sikalischen Dienst versehen kann.
Ich danke besonders allen Organisten, die in den vergangenen 90 Jahren diese Orgel gespielt haben. Eine Person möchte ich hier ausdrücklich und namentlich nennen: Frau Gudrun Ferber ist – wie keine andere Person – mit dieser Orgel bestens vertraut. Über 50 Jahre spielt Frau Ferber diese Orgel: sonntags wie werktags, bei Taufen, Trauerfeiern, Hochzeiten, Andachten, natürlich zu den Sonntagsgottesdiensten, … Wenn man das zählen könnte, dann kommen bestimmt etliche tausend Organistenstunden zusammen. - Vielen Dank Frau Ferber und allen Organisten in unserer Pfarrgemeinde.
Ein Dank gebührt auch den Mitgliedern des Orgelbauvereines und besonders dem Vorstand, der alles und vieles dafür getan hat, dass wir in diesem Jahr eine neue und ganz außergewöhnliche Orgel haben werden.
Danke an Herrn Hendrik Schlitt und den Mitgliedern von CHORisma, die jetzt dieses musikalische Abend-lob mit uns gestalten. Es ist gut und entspricht ganz dem ersten Zweck einer Orgel, dass wir heute in einer gottesdienstlichen Stunde zusammen sind.
Und am Ende meiner etwas ausführlichen Begrüßung und Würdigung wollen wir uns jetzt wieder der Musik zuwenden, denn Musik öffnet unsere Sinne und das Herz doch für die tieferen – auch religiösen – Dimensionen unseres Menschseins.
Zutreffend formuliert es Johannes Sebastian Bach: „Bei einer andächtigen Musik ist allezeit Gott mit seiner Gnaden Gegenwart.“
Diese besonderen und schönen Erfahrungen wünsche ich Ihnen jetzt und immer wieder.“