Dorforgel 2.0 - eine Neuinterpretation

Der Orgelneubau in St. Bartholomäus zu Zornheim ist nicht nur für die Pfarrgemeinde
St. Franziskus von Assisi, zu der Nieder-Olm, Sörgen-loch und Zornheim gehören, eine Be-sonderheit; auch für die Werkstatt Klais gehört diese Art von Orgel in den letzten Jahrzehnten zu den immer seltener vorkommenden Ereignissen, sprechen wir im Fall von Zornheim letztendlich bzw. zunächst von einer “Dorforgel”.

Heute sind es in den meisten Fällen die großen Gemeinden mit ihren Hauptkirchen, die noch den Mut haben, ein Projekt in der Größenordnung einer neuen Pfeifeorgel anzustrengen. Vielerorts pfeift die „gemeine Dorforgel” – und sei sie von noch so minderer Qualität – oft über Jahrzehnte buchstäblich auf dem “letzten Loch”.

Die Pfarrgemeinde, mit ihrer Zornheimer Kirche hoch erhoben über weitem Land, scheint dies jedoch entzündet zu haben, für ein kulturelles Erbe zu brennen, wie wir es als Orgelbauer heute nur noch selten erleben dürfen.

Die neue Orgel von Sankt Bartholomäus, glänzend auf der Empore, widerspiegelt das enorme Engagement einer mutigen Gemeinde, etwas Großes zu leisten und so wurde aus der anfänglich angedachten Konzeption einer „Dorforgel“, basierend auf einem möglichst vielfältigen Instrument, im Laufe der Zeit ein ambitioniertes Projekt, in welchem sich die neue Zornheimer Orgel vom Dorf zu lösen und wahrscheinlich, ob der guten Aussicht von der Zornheimer Höhe, hinüberblickend in die großen Metropolen, durch die Zugabe einer reichen Farbpalette bei Aliquot- und Zungenstimmen in städtische Gewänder zu kleiden begann.

So übergeben wir mit Dankbarkeit und Freude die neue Dienerin der Liturgie von Sankt Bartholomäus als elegant gekleidete Dame, mit ihrem weitschauenden Blick in die Musik der großen Städte, bereit, die Menschen der Gemeinde St. Franziskus von Assisi über viele Generationen zu begleiten und mit ihrem Klang zu bezaubern.

(Gesa Graumann, Philipp Klais, Bernd Reinartz, Andreas Saage, aus: Festschrift zur Segnung der Klais Orgel, 28. August 2022)