Kommentar zum Synodalen Weg

DBK_Der_Synodale_Weg_cmyk (c) Synodaler Weg
DBK_Der_Synodale_Weg_cmyk
Datum:
Mo. 1. Mai 2023
Von:
Pfr. Hubert Hilsbos

Am 11. März 2023 ist mit der 5. Versammlung der „Synodale Weg“ in Deutschland beendet worden. Vor drei Jahren waren die über 230 Synodalen angetreten, die Kirche in Deutschland zu verändern, zukunftsfähiger zu machen, auch zu reformieren, … damit Menschen in der Kirche einen Ort erfahren, der geistliche Heimat ist und zugleich Anwalt für Freiheit, Mitmenschlichkeit, Gerechtigkeit, Schöpfungsverantwortung.

Anlass für diesen Synodalen Weg war der massive und ungeheuerliche sexuelle (Macht-)Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche; - das Leid der Betroffenen ist unsäglich und andauernd. Der verschleiernde, vertuschende und nicht-sehenwollende Umgang mit diesem Missbrauch stürzt die Kirche – besonders die Kirchenleitungen – in eine massive und andauernde Krise. Der Synodale Weg kann diese Krisen nicht beenden, sondern wollte handlungsorientierte Perspektiven aufzeigen für eine jesuanisch-menschliche Kirche, die im ‚Hier und Jetzt’ angekommen ist.

Ich sehe durchaus die (kleinen) Fortschritte: Segnungsgottesdienste für homosexuelle Paare, Positionierung für den Zugang von Frauen zum Diakonat, positive Aussagen zur menschlichen Sexualität, … auch ein offener und wohltuender Stil in den Debatten und im Miteinander. Viele Beiträge von den sogenannten Laien haben mich von Anfang an mehrfach stark beeindruckt.

Und doch insgesamt: Ich bin enttäuscht von der Zögerlichkeit und Mutlosigkeit der Kirchenleitungen, den Bremsmanövern aus einigen Bistumsstädten und Rom, der mangelnden Kommunikation über das, was das Kirchenvolk mehrheitlich denkt und auch begründet, … Die Chance auf eine Erneuerung mit Tiefe und Weite wurde verpasst.
Nach meiner Wahrnehmung ist das wirklich Wesentliche und Substantielle einer kirchlichen Systemveränderung nicht oder nur ungenügend geklärt worden: Wie geht Kirche weiterhin mit Macht um? Wie ist eine effektive Gewaltenteilung möglich? Warum werden nicht durch alle Ebenen der Kirche wirkliche synodale Prinzipien der Mitbestimmung und Beteiligung eingeführt? … Diese Punkte wurden u.a. in den synodalen Rat/synodalen Ausschuss verwiesen, der von Rom und einigen Bischöfen in Deutschland abgelehnt wird. An dieser Machtfrage „kracht“ es immer wieder deutlich und solange sich nichts an dieser zentralistischen katholischen Machtlogik ändert, solange es absolute und nicht-kontrollierbare Entscheidungsgewalt gibt, wird es auch keine tiefgreifenden Veränderungen im System Kirche geben.

Wie kann es weitergehen? Für mich ist hier ganz entscheidend der Nahraum von Kirche, unsere Pfarrgemeinde: Ein stetiger Versuch und eine überzeugende Annäherung, die Botschaft Jesu gegenwärtig zu leben und menschlich zu verkünden. Vielleicht müssen wir als Christ/inn/en noch deutlicher und selbstbewusster Neues (einfach) tun und Altes/Destruktives „überschreiben“ – sozusagen mit den Grund-daten unseres christlichen Glaubens neu „programmieren“.

Julia Knop (Professorin in Erfurt und Mitglied der Versammlung zum Synodalen Weg) hat in einem Artikel mit der Überschrift „Anders katholisch werden“ treffend ein Zielbild von ‚katholisch‘ formuliert, das auch mich motiviert: „…ein Gottesbild, das keine patriarchalen Muster mehr bedient, sondern allen zum Anker wird; ein Glaube, der Menschen vor Gott groß und frei sein lässt; eine Kirche, die vor aller Welt für Gerechtigkeit einsteht, Vielfalt als Ausdruck des Geistwirkens Gottes er-kennt, Selbstbestimmung achtet und fördert; … eine kirchliche Praxis, die für Men-schen wirklich bedeutsam und heilsam wirkt und Menschen miteinander und mit Gott verbindet“.
Diese (österliche) Hoffnung für unsere Kirche, die anders werden muss, kann und will nicht aufgeben - dennoch und trotzdem!