Dreikönigskirche

Weithin sichtbar, malerisch am Fuße des Rochusberges gelegen, thront die Dreikönigskirche über Bingen-Kempten, einer der ältesten Landgemeinden mit einer Kirche. Dies ist belegt durch verschiedene fränkische Grabsteinfunde auf dem Kirchhofgelände.

Dreikönigskirche_Mit Rochusberg (c) Philipp Straßburger

Die älteste christliche Spur in Bingen-Kempten ist dabei ein Grabstein aus der Zeit um 600 - der sogenannte 'Bertichildis'-Grabstein.

Dreikönigskirche_Bertichildis-Grabstein (c) Philipp Straßburger

Bertichild war die adlige Tochter des fränkischen Grafen Mactichild, die - für ihre Wohltätigkeit gerühmt - bereits mit 20 Jahren verstarb.

Die Grabplatte war jahrhundertelang an zwei Stellen in der Kirche verbaut.

Die beiden im Turm aus dem 12. Jahrhundert und im Sockel des Hauptaltares vermauerten Bruchteile sind seit 1936 wieder vereint und in der Taufkapelle (Alte Kirche) aufgestellt.

 

Seit dem 8. Jahrhundert ist in Kempten eine Kirche nachweisbar, was aus verschiedenen Schenkungsurkunden hervorgeht.

1165 wurde der Ort einschließlich der Kirche bei kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Friedrich I. Barbarossa und dem Mainzer Erzbischof, Konrad I. v. Wittelsbach, zerstört. Beim Wiederaufbau des Ortes entstand auch eine neue Kirche, von der der massive romanische Kirchturm aus dem späten 12. Jhd. erhalten ist. Zeitweise war die Kirche mit dem angrenzenden Friedhof wie eine Burg befestigt.

Die Kirche erhielt damals auch ein neues Patrozinium „Heilige Dreikönige“, wohl darin begründet, dass die Verehrung der Heiligen Dreikönige am Rhein besonders gefördert wurde, seit ihre Reliquien im Jahr 1164 nach Köln gebracht wurden. In Kempten gilt dabei die fromme Legende, dass die Dreikönigsreliquien auf ihrem Weg nach Köln eine Nacht in der alten Kempter Kirche unter­gebracht gewesen seien.

Aus dem Jahre 1447 stammt die älteste Glocke „Hosanna“ im Turm der Dreikönigskirche.

Aus der gleichen Zeit, Mitte des 15. Jahrhunderts, datieren das alte Sakramentshäuschen im Chorraum der alten Kirche und die gotischen Steinfiguren der Getsemanigruppe, die den Mittelpunkt des Ehrenmales für die Weltkriegsopfer an der Ostseite außerhalb der Kirche bilden.

Die Rochus­­statue in der alten Kirche erinnert an das Schreckensjahr 1666, in dem 33 Personen - mehr als ein Fünftel der Kempter Bevölkerung - der Pest zum Opfer fielen. Die Feier der Kempter Kerb, die heute zwei Wochen nach Ostern gefeiert wird, geht im Übrigen auf eine Kirchweihe am 16. April 1684 durch den Mainzer Weihbischof Matthias Stark zurück.

Die größte bauliche Veränderung erfuhr die Dreikönigskirche im 20. Jahrhundert. Weil sich die Ortsgemeinde und Pfarrgemeinde Kempten innerhalb von 100 Jahren mehr als verdreifachte, war die Kirche zu klein geworden. 1933 wurde daher der Kirchbau erheblich erweitert. Der Mainzer Bischof Ludwig Maria Hugo konsekrierte die neue Kirche am 15.11.1933, die seitdem rund 450 Sitzplätze bietet. Endgültig vollendet wurde der Bau nach Plänen des Mainzer Dombaumeisters Ludwig Becker im Jahr 1936.

Bei der Kirchen-Vergrößerung blieb der romanische Kirchturm erhalten und wurde an der Südseite angegliedert; das alte, im Kern frühmittelalterliche Kirchenschiff wurde als Querhaus in den Neubau einbezogen. Im Inneren öffnet sich ein weitläufiger, von einem gedrückten Tonnengewölbe überspannter Raum, in dem der Blick sofort auf das großformatige Gemälde im Altarraum mit der Anbetung der Heiligen Dreikönige fällt. Dieses wurde im Zuge der Beseitigung von Weltkriegs-Schäden 1957/58 von Willi Müller aus Würzburg geschaffen. Der ehemalige barocke Hauptaltar befindet sich heute als Seitenaltar im alten Chor. Das Altarbild mit der Taufe Christi wurde 1937 von Bernhard Scherer aus Bingerbrück kreiert.

Wie prägend die Dreikönigskirche für Kempten ist, lässt sich auch daran erkennen, dass Kindergarten, Grundschule, Mehrzweckhalle alle die heiligen Dreikönige in ihrem Namen tragen.

Dr. Andreas Hemmersbach, nach einer Broschüre von Frau Prof. Dr. Katharina Reidel

Alle Bilder: Philipp Straßburger