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Beit Emmaus:Ostergrüße von der Westbank

Mandelblüte aus dem Emmausgarten
Schwester Hildegard Enzenhofer SDS aus dem Pflegeheim in Emmaus-Qubeibeh hat Ostergrüße gesandt. Zum nebenstehenden Foto gehört das Lied: " Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt" von Schalom-Ben-Chorim
Datum:
27. März 2024
Von:
Sr. Hildegard Enzenhofer SDS

Einen sehr lieben Gruß sende ich Ihnen aus Emmaus.

Sie haben uns eine sehr großzügige Spende geschickt, die uns sehr freut und für die wir ein herzliches Vergelt´s Gott sagen. Leider ist immer noch Krieg und wir denken an die Vielen, die liebe Menschen verloren haben und an jene, die in großer Armut leben müssen. Ich habe zu Beginn des Krieges „vorsichtig“ versucht, unsere momentane Situation in Worte zu fassen. Die Situation hat sich nicht verbessert und wir sind alle in großer Sorge.

Eine gottgesegnete Zeit. Wir sind uns im Gebet um das Geschenk des Friedens verbunden.

Lieben Gruß

Ihre Sr. Hildegard SDS  und die Gemeinschaft von Beit Emmaus

 

Wie der Krieg unser Leben in Beit Emmaus verändert hat

Seit Beginn des Krieges verläuft unser Alltag unter schwierigen Bedingungen. Am 7. Oktober wurde ich morgens um 6.30 Uhr während meines Morgengebetes von Explosionen aufgeschreckt, was in Palästina durchaus vorkommt. Jedoch hörte ich auch aus der Küche des Pflegeheimes das Radio in voller Lautstärke und mir war klar: „Es stimmt etwas nicht.“ Der Koch sagte: "Es ist Krieg. Die Palästinenser sind zum Aufstand aufgerufen." Die Raketenschläge aus dem Gazastreifen hörten nicht auf und kamen näher. Es dauerte Stunden, bis wir klare Informationen über den grausamen Angriff der Hamas auf Israel hatten. Israel rief den Kriegszustand aus. Der Schock traf uns tief. Während der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Pflegeheimes Beit Emmaus erinnerten wir uns in den letzten Monaten immer wieder an die Berichte der ersten Schwestern. Sie hatten kurz nach dem verheerenden Jom-Kippur-Krieg im Jahr 1973 in Emmaus begonnen. Seitdem gab es in fünf Jahrzehnten immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen, doch die Situation jetzt im Jahr 2023 ist besonders schlimm.

Die Checkpoints zwischen der Westbank und Israel wurden geschlossen. Das hat viele Konsequenzen. Zum einen kann niemand nach Israel. Zigtausende Palästinenser können nicht zu ihren Arbeitsplätzen in Israel. Das erhöht die ohnehin schon hohe Arbeitslosigkeit in der Westbank und stellt Familien vor große finanzielle Herausforderungen. Für die israelischen Firmen wirkt sich dieser Arbeitskräftemangel problematisch aus. Zum anderen bedeuten die geschlossenen Übergänge auch, dass keine Lebensmittel oder andere Güter in die Westbank kommen können. Die Leute begannen mit Hamsterkäufen und tagelang hatten wir Probleme, Lebensmittel zu finden. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind geübt für solche Notfälle. Sie fanden, was wir notwendig brauchen, auch Windeln und ein wenig Heizöl für den nahen Winter. Nach wie vor sind Lebensmittel knapp und sehr teuer und wir müssen rechnen.

Das öffentliche Leben in der Westbank hat sich stark verändert. Es finden keine Hochzeiten statt, die Menschen wirken bedrückt und ängstlich und bei Dunkelheit ist niemand mehr auf der Straße, was geradezu gespenstisch wirkt. Auch im Westjordanland sterben täglich junge Menschen bei Unruhen. Die Fakultäten in der Westbank sind geschlossen. Wir haben an unserer Pflegefakultät für die Studierenden online Vorlesungen. Im Oktober und November konnten wir bei der Olivenernte 22 Frauen und Männern drei Wochen lang Arbeit geben. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit sind die Menschen dankbar für Verdienstmöglichkeiten.

Bis heute werden wir in unserer Region von Raketen getroffen, die die Hamas aus dem Gazastreifen Richtung Israel sendet. Hier hat niemand einen Schutzraum, doch immerhin können wir sagen, dass uns in Beit Emmaus bisher kein größeres Unglück getroffen hat.  Die Luftlinie für die Flugzeuge aus Israel, die Gaza bombardieren, führen über unser Haus: es ist schwer, das auszuhalten. Der Krieg ist konkret spürbar und hörbar.

Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und bei den Bewohnerinnen in unserem Haus nehme ich eine lähmende Angst wahr. Die Bilder des Krieges erzeugen große Beklommenheit. Auch uns Schwestern lässt das nicht kalt. Wir teilen die Sorge und haben viel Sorge. Wir versuchen, unsere Ressourcen zu pflegen, um unsere Kraft zu bewahren.

Als Schwesterngemeinschaft versammeln wir uns immer wieder in großer Betroffenheit zum Gebet. Für uns ist es wertvoll zu wissen, dass viele Menschen mit uns in Gedanken und im Gebet verbunden sind. Dafür danke ich von Herzen.

Sr. Hildegard Enzenhofer SDS

Emmaus-Qubeibeh im November 2023