Südhessen / Rhein-Main:Aus-geliefert! Massive Abschwächung des EU-Lieferkettenrichtlinie beschlossen

„Mit dem aktuellen EU-Beschluss vom 16. 12.2025 werden Menschenrechtsverletzungen, Kinderarbeit und Raubbau an der Natur werden weiterhin billigend in Kauf genommen“ sagt Ingrid Reidt, Betriebsseelsorgerin im Bistum Mainz. die in der Initiative Lieferkettengesetz aktiv ist und in einem breiten Bündnis sich für den Schutz von Mensch und Natur in der globalen Wirtschaft engagiert.
Bei allem Verständnis für Bürokratieaufwand dürfe man sich nicht damit abfinden, dass Kinderarmut, Ausbeutung von Menschen und Natur zum System unserer Wirtschaft gehört und insbesondere der reichen Länder profitieren. „Spätestens durch den Protest usbekischer LKW-Fahrer an der Raststätte in Gräfenhausen haben wir z.B. die Strukturen der Ausbeutung von Menschen im internationalen Transportwesen ins Gesicht sehen können.“ Als Initiative werde man sich mehr denn je für Menschenrechte und Schärfung des Gesetzes einsetzen.
Omnibus-I-Paket: EU-Parlament besiegelt Entkernung der CSDDD – erneut im Schulterschluss mit Rechtsextremen
Anbei die Pressemeldung der Initiative Lieferkettengesetz vom 16. Dezember 2025. Im Wortlaut:
Berlin, 16.12.2025
Mit der heutigen Abstimmung über den Kompromisstext der Trilogverhandlungen hat das EU-Parlament das Omnibus-I-Paket angenommen – und damit eine massive Abschwächung der EU-Lieferkettenrichtlinie beschlossen.
Die Initiative Lieferkettengesetz kritisiert diesen Beschluss aufs Schärfste. Mit dem heute im Parlament angenommen Gesetzespaket wird das EU-Lieferkettengesetz, ein Meilenstein zum Schutz von Menschenrechten, Umwelt und Klima, in wesentlichen Elementen entkernt, bevor es überhaupt in einem einzigen EU-Mitgliedsland umgesetzt werden konnte.
Mit einem Anwendungsbereich von 5.000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von 1,5 Mrd. Euro würde das Gesetz in Deutschland nur noch für einen Bruchteil der Großunternehmen gelten. Sofie Kreusch, Koordinatorin der Initiative Lieferkettengesetz: „Das deutsche Lieferkettengesetz hilft Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen bereits heute. Würde in Deutschland der Anwendungsbereich der CSDDD gelten, könnten sehr viele Menschen entlang der Lieferketten deutscher Unternehmen den Schutz verlieren, den ihnen das deutsche Lieferkettengesetz momentan bietet. Das darf nicht passieren. Wir appellieren an die Bundesregierung, sich an das im Völkerrecht verankerte Rückschrittsverbot zu halten: Der Anwendungsbereich des LkSG muss weiter gelten.“
Mit dem Omnibus-I-Paket wird der EU-Lieferkettenrichtlinie ein Kernelement zum Klimaschutz genommen: die Klimatransitionspläne. Ceren Yildiz, zuständig für Rechtsfragen beim BUND: „Die Streichung der Klimatransitionspläne ist ein voller Erfolg einer konzertierten Kampagne der Öl- und Gaslobby. Seit Verabschiedung der EU-Lieferkettenrichtlinie bemühte sich Big Oil, die lästigen Klimapflichten wieder abzuschaffen. Mit dem Omnibus-I-Paket wurde ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen: Unter dem Deckmantel der Entbürokratisierung lässt sich in Brüssel mittlerweile jeder noch so große Angriff auf den Klima-, Natur- und Verbraucher*innenschutz rechtfertigen.“
Ebenso der Deregulierung zum Opfer gefallen ist die EU-weit harmonisierte zivilrechtliche Haftungsklausel. Franziska Humbert, Expertin für Wirtschaft und Menschenrechte bei Oxfam Deutschland: „Gemeinsam mit den Stimmen von Rechtsextremen wurde die viel beschworene Kettensäge an den Schutz von Umwelt und Menschenrechten angelegt. Kommt es zu Schäden, sind Unternehmen nach nationalem Recht haftbar - statt nach einer EU-weit einheitlichen Haftungsregel. Die Folge: Ein rechtlicher Flickenteppich. Leidtragende sind die Arbeiter*innen auf Plantagen und in Textilfabriken, die den Preis für unseren Wohlstand bezahlen, während sich die Unternehmen aus der Verantwortung stehlen.“
Für die massiven Abschwächungen hat die Europäische Volkspartei (EVP) auf die Stimmen der Rechtsextremen gesetzt. Robert Diendorfer, Referent für Unternehmensverantwortung beim Forum Fairer Handel: „Mit den nun abgeschlossenen Trilogverhandlungen wird eines deutlich: Die Brandmauer im Europäischen Parlament ist Geschichte. Sie wurde willentlich und ohne Not durch die Europäische Volkspartei eingerissen. In zentralen Aspekten zur Entkernung der CSDDD kam es zu einer gemeinsamen Abstimmung mit rechten und rechtsextremen Fraktionen. Das Verhalten der EVP war verantwortungslos und untergräbt die Kompromissfindung in der demokratischen Mitte.“
Pressekontakt: +49 (0)30 577132890, presse[at]lieferkettengesetz.de
Die Initiative Lieferkettengesetz wird von über 90 Menschenrechtsorganisationen, Umweltverbänden, Gewerkschaften, kirchlichen und entwicklungspolitischen Organisationen getragen.